* Rosso:
Die am Samstag, den 30. Dezember 2006
nach Art eines Lynchmobs im Wilden Westen veranstaltete Hinrichtung Saddam
Husseins, die George W.Bush siegestrunken als “Meilenstein
für die irakische Demokratie” feierte, sorgte innerhalb der radikalen
Linken Italiens für ein starkes Echo und naheliegenderweise
für etwas andere Einschätzungen als die von “World Terrorist Number One” George Bush junior. Im Folgenden zwei
durchaus unterschiedliche Stellungnahmen, die das in Padua ansässige
kommunistische Internetportal “Il Pane e le Rose” (Das
Brot und die Rosen – www.pane-rose.it)
am 31.12.2006 veröffentlichte. Die erste stammt vom Rete dei Comunisti Bologna. Das “Netzwerk der Kommunisten” ist aus einem der Teil der Autonomia-Bewegung von 1977 hervorgegangen, versteht sich
nicht als Wahlpartei, sondern konzentriert sich – neben der Herausgabe ihrer
Zeitschrift “Contropiano” (www.contropiano.org) – auf den Aufbau
der linken Basisgewerkschaftsbewegung (insbesondere der RdB
und der CUB) und die Förderung kämpferischer, linker Bewegungen zu den Themen ‚Soziale
Frage‘, ‚Internationalismus‘ und ‚Anti-Krieg‘.
Die Ermordung des
Präsidenten des Irak, Saddam Hussein, ist der letzte Akt der westlichen
imperialistischen Barbarei in der Region des Mittleren Ostens. Außer unserer
Empörung über die Todesstrafe halten wir die politischen Folgen, die diese Tat
mit sich bringt für unheilvoll. Wir wissen welche Rolle Saddam gegenüber der
irakischen Linken und den arbeitenden Klassen gespielt hat.
Dennoch ist es bemerkenswert
zu sehen, dass der gesamte palästinensische Widerstand (Nationalisten, Linke
und Panislamisten) die Exekution in beinahe
identischer Weise verurteilt und an die Unterstützung Husseins für die palästinensische
Sache erinnert hat.
Saddam Hussein stellt heute
unbestreitbar ein Symbol für die irakische nationale Befreiungsbewegung dar.
Die irakische Nation wurde zuerst Opfer einer Invasion und heute wird versucht
sie durch eine gesteuerte konfessionelle Aufteilung des nationalen Territoriums
aufzulösen / zu zerstückeln.
Die Äquidistanz
zwischen irakischem Widerstand und westlichen Invasoren, den ein Großteil der
linken und demokratischen Bewegung in den letzten Jahren in der Irakfrage
praktiziert hat, zeigt jetzt noch stärker ihre Unterordnung unter die
neokolonialistischen Diktate, die sich zu Beginn des neuen Jahrtausends
manifestieren.
Bereits die Geschehnisse in
Serbien führten zu einem ähnlichen Bruch, bei dem der Invasor und die Opfer der
Invasion auf dieselbe Stufe gestellt wurden. Heute tritt in dramatischer Weise
dasselbe Problem auf. Im Namen der Demokratie wird der Reichtum des Planeten
polarisiert. Heute ist es Saddam, morgen könnte es der Präsident Nordkoreas
sein, übermorgen der Präsident Venezuelas...
Wir rufen alle
demokratischen, linken, antiimperialistischen und pazifistischen Kräfte auf
gegen die Ermordung Saddams und für den legitimen irakischen Widerstand zu
protestieren und zu demonstrieren und damit der unheilvollen Theorie der Äquidistanz entgegenzutreten.
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Die zweite
Stellungnahme stammt von den beiden führenden Vertretern des in Gründung
befindlichen Partito Comunista
dei Lavoratori
(Kommunistische Arbeiterpartei – http://www.pclavoratori.it/files/index.php),
der Anfang Mai 2006 aus einer Linksabspaltung von Rifondazione
Comunista (PRC) hervorging und deren
Regierungsbeteiligung und -politik strikt ablehnt.
Der Schlächter Saddam von den
US-Schlächtern umgebracht, um ihn für immer zum Schweigen zu bringen
Die Kommunisten verurteilen
die Prozess-Farce und die daraus folgende Hinrichtung Saddam Husseins,
schließen sich allerdings nicht dem heuchlerischen Chor von Klagen über den Tod
des Schlächters Hunderttausender Kurden, Schiiten und irakischer Soldaten an,
die in das Massaker des absurden Krieges der 80er Jahre gegen den Irak
geschickt wurden. Sie erinnern an die Tausenden aktiven Kommunisten und Linken,
die vom irakischen Rais <arabisch: Führer> gefoltert und umgebracht wurden.
Wir verurteilen die
schändliche Heuchelei der Pannella <Radikale Partei>, Prodi <Ministerpräsident + linker
Christdemokrat>, D’Alema
<Außenminister,
Linksdemokraten (DS)> und Kompanie.
Wir fragen sie: Wo waren sie als die NATO-Bombardements die Bürger Jugoslawiens
trafen? Wo waren sie als die – von ihnen unterstützten – UNO-Sanktionen gegen
den Irak eineinhalb Millionen Tote unter der Zivilbevölkerung verursachten, bei
dem, was ein hoher irischer UN-Funktionär, der zurücktrat, um nicht zum Komplizen
zu werden, zu Recht “einen Genozid” nannte? Wo sind Pannellas
Hungerstreiks für die Tausenden Palästinenser (darunter viele kleine Kinder),
die täglich von seinen zionistischen Freunden getötet werden?
Wenn wir den Prozess und die
Hinrichtung Saddams verurteilen, dann deshalb weil es sich nicht um ein
ehrliches Urteil des irakischen Volkes gegen seinen blutrünstigen Ex-Diktator
handelt, sondern um eine vom US-Imperialismus organisierte Farce. Die Eile der
Hinrichtung und die Tatsache, dass sich der Prozess auf eine einzelne Episode
bezog, hatten offenkundig den Zweck in keiner Weise Licht in die ehemaligen
Beziehungen zwischen den gegenwärtigen Besatzern des Irak und demjenigen zu
bringen, der in den 80er Jahren zum “Ehrenbürgermeister auf Lebenszeit von
Detroit” ernannt wurde. Saddam wurde auch deshalb umgebracht, damit man
seine organische Verbindung zur CIA seit den 50er Jahren vergessen konnte; die
Kollaboration der CIA beim Massaker an Tausenden irakischer Kommunisten; die
Rolle des Paten, die die US-Regierung bei dem langen Massaker der 80er Jahre
zwischen dem Irak und dem Iran innehatte; die schmutzigen Geschäfte der
US-Regierungen und der US-Unternehmen (und derjenigen der Europäischen Union)
mit Saddam in der Epoche seiner tyrannischen Herrschaft.
Der Grabstein auf <dem Grab von> Saddam soll für die Padroni
<Herren> und die Unterdrücker der Welt ein Grabstein auf
ihren vergangenen Verbrechen sein. Wir sind uns hingegen sicher, dass die
Arbeiter und die Völker des Irak, des Mittleren Ostens und der Welt sie nicht
vergessen und sie eines Tages zur Rechenschaft ziehen werden.
Marco Ferrando,
Franco Grisolia
Partito Comunista
dei Lavoratori
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern: * Rosso
Der Name * Rosso steht
für ein Mitglied der Antifa-AG der Uni Hannover und
des Gewerkschaftsforums Hannover, das bereits in der Vergangenheit den Großteil
der Übersetzungsarbeit beider Gruppen geleistet hat. Nachdem sich die Antifa Uni nach mehr als 17jährigem Bestehen Ende Oktober
2006 aufgelöst hat (siehe: http://antifa.unihannover.tripod.com/Aktuell.html)
werden die explizit politischen Übersetzungen von nun an in individueller
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