* Rosso:

 

Die kommunistischen Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Revolutionäres Volksheer (FARC-EP) sind mit ihren ca. 16.000 Kämpfern und ihrer Massenverankerung in fast allen Teilen Kolumbiens eine der stärksten Guerillaorganisationen weltweit. Sie kämpfen in Kolumbien nicht nur gegen Regierung und Armee des rechtsradikalen Präsidenten Uribe sowie die ihm nahe stehenden paramilitärischen Todesschwadronen (AUC) der Latifundisten (Großgrundbesitzer) und Teilen der industriellen Bourgeoisie (z.B. den Franchise-Unternehmen von Coca Cola), sondern auch gegen die immer dreister und massiver werdenden Interventionen der USA (Plan Colombia, Plan Patriotica..), die die herrschenden Herrschaften stützen sollen. In einem Interview für die linke Nachrichtenagentur Neues Kolumbien (ANNCOL) geht Comandante Raul Reyes (Mitglied des Sekretariats der FARC-EP, Leiter ihrer Internationalen Kommission und Kommandant des Bloque Sur – Südblocks – der FARC) auf die aktuelle Lage und die wiederkehrenden Vorwürfe von interessierter Seite gegen seine Organisation ein. Das Interview erschien am 19.12.2006 auf http://www.anncol.org

 

FARC: Die Kontroverse zwischen Paramilitärs und Präsident ist ein Wortgefecht unter Klatschweibern

 

(ANNCOL)

 

Die Paramilitärs und Uribe Vélez reden in harten Tönen miteinander und bedrohen sich gegenseitig. Wie ist Ihre Meinung zu dieser Situation?

 

“Die Kontroverse zwischen den Paramilitärs und ihrem Präsidenten ist ein Wortgefecht unter Klatschweibern, die in einen Rauchvorhang verwandelt wurde, um den Skandal der Drogen-Politik zu verdecken, der die Grundpfeiler des Uribismus beeinträchtigt. Dort wo der erste Verantwortliche Uribe Vélez selbst ist. Andererseits fordern die Paramilitärs logischerweise die Einhaltung der vor, während und nach den beiden Präsidentschaftswahlkämpfen eingegangenen Kompromisse. Wahlkämpfen, die von ihnen mit dem Ziel organisiert und finanziert wurden, den Präsidenten Alvaro Uribe Vélez zu ihrem wichtigsten Verbündeten zu machen.”

 

In der neuen, von der Regierung Uribe in der Abgeordnetenkammer vorgelegten Steuerreform wird ein Vermögenssteuersatz von 1,2% bis 2010 für diejenigen festgeschrieben, die über 3 Milliarden Pesos <eine Million Euro> liegen – Gelder, um den Krieg zu finanzieren. Was werden die FARC tun, um dieser Maßnahme zu begegnen?

 

“Die neue, vom Kongress gebilligte Steuerreform wird den bereits jetzt prekären Lebensunterhalt der Bevölkerung mit geringem Einkommen weiter erschweren, während die Großunternehmer mehr verdienen und diese Steuern für den Krieg gegen das Volk verwenden, das vor allem soziale Gerechtigkeit in Form von gut entlohnter Beschäftigung und effizienten Bildungs- und Gesundheitsdiensten erwartet.”

 

Comandante, können Sie uns erklären, wie das Gesetz 002 über die Besteuerung funktioniert, das die FARC im März 2000 eingeführt haben?

 

“Das Gesetz 002 ist die von den FARC-EP bei physischen und juristischen Personen erhobene Steuer, die mehr als eine Million Dollar Profit im Jahr machen. Einige von ihnen bezahlen die Steuer ohne große Schwierigkeiten. Aber es gibt auch jene, die sich aus unterschiedlichen Gründen weigern. Diese Letzteren werden aufgefordert die Sache zu regeln und wenn sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, werden sie solange inhaftiert bis sie zahlen. Wenn dies geschieht, nennt die Regierung diese Personen despektierlich ‚Entführte‘.”

 

Im Ausland wird behauptet, dass Ihr das größte Kokainkartell seid und dass Ihr außerdem Steuern bei denjenigen erhebt, die Koka-Blätter anbauen. Comandante, wie handhaben die FARC diese Angelegenheit in Wahrheit?

 

“Erlauben Sie mir zu bestätigen, dass die FARC weder Koka- noch Mohnpflanzen anbauen noch bei den Bauern, die diese Produkte anpflanzen, Steuern eintreiben. Die FARC erheben ausschließlich bei den Händlern und Transporteuren dieser Produkte Steuern, die sie bei den Bauern kaufen. Die Drogenkartelle, die Kartelle des Todes, der Korruption und des Politikbetriebs werden von der gegenwärtigen Regierung repräsentiert. Das zeigt derzeit der bekannte Skandal der Drogen-Politik, die die engsten Freunde und Verbündeten von Alvaro Uribe Vélez beschmutzt. Diese allen bekannte Tatsache delegitimiert Uribe als Präsidenten Kolumbiens völlig und schafft die erlösende Möglichkeit der Bildung einer neuen, anständigen und von den Nachbarländern respektierten Regierung, die aus Anhängern eines Friedens besteht der mit sozialer Gerechtigkeit verbunden ist – in Verteidigung unserer Würde, Unabhängigkeit und nationalen Souveränität.”

 

 

Vorbemerkung, Übersetzung aus dem Spanischen und Einfügung in eckigen Klammern:   * Rosso

 

Der Name * Rosso steht für ein Mitglied der Antifa-AG der Uni Hannover und des Gewerkschaftsforums Hannover, das bereits in der Vergangenheit den Großteil der Übersetzungsarbeit beider Gruppen geleistet hat. Nachdem sich die Antifa Uni nach mehr als 17jährigem Bestehen Ende Oktober 2006 aufgelöst hat (siehe: http://antifa.unihannover.tripod.com/Aktuell.html) werden die explizit politischen Übersetzungen von nun an in individueller Verantwortung unter diesem Logo veröffentlicht. Die Übersetzungen der gewerkschaftsbezogenen Texte erscheinen ab sofort nur noch im Namen und in der Verantwortung des Gewerkschaftsforums.

 

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