Im Dezember letzten Jahres verabschiedete der Bundestag in aller Eile den ersten Teil eines Gesetzespakets zur Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission. Zuvor hatte eine 15-köpfige von der Bundesregierung benannte Kommission einen Bericht mit dem Titel: Modernere Dienstleistung am Arbeitsmarkt vorgelegt. Arbeitslose waren weder geladen noch erwünscht. Die ersten Gesetze dieses Pakets traten bzw. treten am 1.April bzw. ab dem 1. Juli 2003 in Kraft. Dem verabschiedeten Gesetzespaket soll ein zweiter Teil folgen, der der Zustimmung des Bundesrats bedarf.
Bei dieser Umstrukturierung handelt es sich um einen umfassenden Angriff gegen alle, die ihre Arbeitskraft zu Markte tragen müssen, unabhängig davon, ob sie zur Zeit einen Arbeitsplatz haben oder nicht. Die Arbeitslosenstatistik soll bereinigt, die Löhne gesenkt und erkämpfte Rechte, wie der Kündigungsschutz, unterlaufen werden. Durch die im Hartz-Paket beschlossenen Maßnahmen sollen Beutelschneiderei und eine Umverteilung von Unten nach Oben durchgeführt werden.
Beschäftigte sind zukünftig bereits bei drohender Arbeitslosigkeit mit den Repressionsinstrumenten des Arbeitsamtes konfrontiert. Melden ArbeitnehmerInnen sich ab 1.7.03 nicht direkt nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsamt, also Monate vor Eintritt in die Arbeitslosigkeit, werden die Leistungen drastisch gekürzt.
Die Zumutbarkeitsregelung wird verschärft und die Beweispflicht umgekehrt: Arbeitslose müssen sich im gesamten Bundesgebiet bewerben und auch für einen befristeten Arbeitsvertrag von Flensburg nach Ulm ziehen. Was zumutbar ist entscheidet künftig der Fallmanager des Job-Center. Hält ein/e Arbeitslose/r einen Job für nicht zumutbar, muss er/sie dies vor dem Sozialgericht einklagen. Zwang zur Mobilität, weniger Lohn, Unter- bzw. Runterqualifizierung und die Pflicht zur Zeit- / Leiharbeit kennzeichnen die neue Zumutbarkeit. Dadurch werden zwar keine neuen Arbeitsplätze geschaffen. Das Vorurteil: Wer Arbeit will, der kriegt auch welche, wird zementiert.
Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen zusammengelegt werden. Arbeitslosenhilfe (Arbeitslosengeld II) gibt es dann nur noch in Höhe der derzeitigen Sozialhilfe. Sozialgeld gibt es nur noch für arbeitsunfähige Menschen. Der ärztliche Dienst des Job-Center stellt die sogenannte Erwerbsfähigkeit fest oder erklärt Arbeitslose für erwerbsunfähig, um sie aus der Statistik zu löschen. Für alle Erwerbsfähigen entfällt die ergänzende Sozialhilfe und das zusätzliche Krankengeld bei teilweiser Erwerbsunfähigkeit.
Per Ich- und Familien AGs werden Arbeitslose in die Scheinselbstständigkeit und zu zweifelhaften Unternehmensgründungen getrieben. Die Förderung ist auf drei Jahre beschränkt. Danach verlieren die Ich-AGler einen Großteil ihrer erworbenen Ansprüche. Dies kann für einige wenige eine Chance sein, doch selbst das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit befürchtet dadurch eine Zunahme von Kümmerexistenzen , Pleiten und Schulden.
Die Grenze für geringfügig Beschäftigte wird von 325 auf 400 Euro monatlich angehoben. Dabei werden haushaltsnahe Dienstleistungen ( Putzjobs, Dienstmädchen,... ) steuerlich begünstigt. In diesen Minijobs arbeiten hauptsächlich Frauen, die Anhebung bedeutet keine Lohnerhöhung sondern nur eine Ausweitung eines prekären, also nicht regulären Arbeitsverhältnisses. Für die JobberInnen bleibt eine schlechte soziale Absicherung und eine Rente auf Sozialgeldniveau.
Durch Ausbildungszeitwertpapiere werden die Kosten für die Ausbildung von Jugendlichen auf die Auszubildenden und ihre Familienangehörigen abgewälzt. Damit wird das Lehrgeld der Adenauerzeit wieder eingeführt. Bis zu 25.000 Euro pro Ausbildung sollen zukünftig von den Betroffenen selbst aufgebracht werden. 50% der gesamten Ausbildungen sollen in den kommenden Jahren auf diese Weise (teil-)finanziert werden. Mini-Ausbildungen ergänzen die Palette durch gering qualifizierende Ausbildungen. Mini-Ausbildungen sind nur günstig für ArbeitgeberInnen. Sie kosten wenig, machen ArbeitnehmerInnen schnell verfügbar, vor allem für Mini-Jobs und Mini-Löhne.
Das Hartz-Konzept ist nur Teil eines Angriffs auf die sozialen Errungenschaften der ArbeiterInnenklasse. Es geht Hand in Hand mit Angriffen auf den Kündigungsschutz, die paritätische Finanzierung der Sozialversicherungen, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, massiven Einschnitten im Gesundheitssystem und Versuchen die Lebensarbeitszeit zu verlängern und damit implizit die Renten zu kürzen.
Arbeitsplätze bringt dies alles nicht. Es ist zynisch und menschenverachtend bei einer offiziellen Arbeitslosenzahl von 4,7 Millionen und 120.000 fehlender Ausbildungsplätze so zu tun, als müssten Arbeitslose nur besser motiviert, das heißt sanktioniert werden, um das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen.
Die Sozialkassen werden durch diese beschriebenen Maßnahmen nicht entlastet sondern im Gegenteil belastet. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet (18.12.2002) entstehen etwa 500 Mill. Euro Steuerausfälle, weitere 500 Mill. Euro fehlen bei Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Einzelne Experten veranschlagen die Summe noch höher. Nach Angaben des Instituts für die Zukunft der Arbeit (IZA) könnten bis zu 2 Mrd. Euro fehlen.
Der Bundesregierung und den Unternehmen geht es im wesentlichen darum, ihre Haushalte auf unsere Kosten zu sanieren, den Druck auf Arbeitslose und damit auch auf die Beschäftigten zu erhöhen und gesellschaftliche Tabus zu brechen. Neben dem immer weiter vorangetriebenen Ausstieg aus der paritätischen Beitragsfinanzierung und der Selbstfinanzierung von Ausbildungsplätzen etc., werden auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse hoffähig gemacht. So meint der Geschäftsführer der Zeitarbeitsfirma Manpower Toni Vomfell, dass die neuen Gesetze vorteilhaft für das Image der Zeitarbeitsfirmen seien: Wir sind positiv ins Gerede gekommen. Das ist ein Frontalangriff auf uns alle!
Allerdings verläuft die Umsetzung der neuen Gesetze durchaus nicht so reibungslos, wie Bundesregierung und Unternehmen das gerne hätten. Die flächendeckende Einführung der Personal Service Agenturen wurde um 3 Monate auf den 1. Juli verschoben. Ob und wie weit sie mit ihren Schweinereien durchkommen, hängt letzten Endes von unserer gemeinsamen und entschlossenen Gegenwehr ab.
Die Tarifverhandlungen mussten auf Grund von Protesten verschoben werden und im Geheimen stattfinden.
Die SPD Führung ist genötigt einen Sonderparteitag durchzuführen, um ihre Parteimitglieder auf Linie zu bringen. Zudem regt sich in der IG-Metall unter dem Motto Lieber Hardliner als Weichei ein gewisser Widerstand.
Das Anti-Hartz Bündnis Hannover Klassenkampf jetzt! ist ein Zusammenschluss von kritischen GewerkschafterInnen, erbosten Arbeitslosen, prekär Beschäftigten und politischen und sozialen Gruppen und Initiativen.
Wir lehnen die Hartz- Gesetze ab und fordern ihre Rücknahme. Sie bekämpfen nicht die Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeitslosen. Wir glauben ihren Versprechungen nicht und lassen uns nicht die Schuld in die Schuhe schieben.
Wir wehren uns gegen Dumping-Löhne, die Aushöhlung unserer Rechte und soziale Ausgrenzung.
Wir halten ein regionales Bündnis all derjenigen für notwendig, die sich gegen die Hartz-Gesetze, den Abbau im Gesundheitswesen, die Aufhebung des Kündigungsschutzes etc. wehren. Wir wollen die Betroffenen informieren und in Aktionen einbeziehen. Wir lassen uns nicht durch diejenigen überrumpeln, die Gesetze im Schnellverfahren durchpeitschen und sozialpartnerschaftlich begleiten.
Wir streben gemeinsame Aktionen mit den anderen Anti-Hartz-Bündnissen an, die sich im Bundesgebiet gegründet haben.
Mittelfristig fordern wir: 30 Std./5 Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich und ohne Flexibilisierung.
Wir treffen uns regelmäßig Dienstags um 19.00 Uhr in den Räumen des AStA der Uni Hannover, Welfengarten 2c (Seiteneingang benutzen). Interessierte, die konstruktiv mitarbeiten wollen, sind herzlich willkommen.
Die nächsten Treffen finden am Dienstag, den 06.05.03 und am Dienstag, den 13.05.03 statt.