Antifa-AG der Uni Hannover:
Die Renaissance der Arbeiterbewegung in Gestalt des - von der CGIL organisierten,
aber auch durch eine starke spontane Note charakterisierten - Widerstandes
gegen den Angriff auf den Kündigungsschutzartikel 18 seit Anfang 2002
führte (neben dem massiven Abflauen und der unveränderten inhaltlichen
Dürftigkeit der Antiglobalisierungs-Bewegung) die Glorifizierung und
zentrale Orientierung Rifondazione Comunistas auf die “Bewegung der Bewegungen”
schneller ad absurdum als selbst die heftigsten Kritiker gedacht hatten.
Insofern waren die von verschiedenen Linken aus dem linksradikalen und trotzkistischen
Bereich (z.B. die Zeitungen “SoZ” und “ak”) auch hierzulande hochgelobten
Thesen des Partito della Rifondazione Comunista (Parteio der Kommunistischen
Neu/be/gründung - PRC) schon vor dem Parteitag, auf dem sie dann trotzdem
mehrheitlich beschlossen worden, wieder Makulatur. Nicht eben ein Ruhmesblatt
für die wichtigste Partei der italienischen “antagonistischen und alternativen
Linken” - aber sicher lehrreich auch für das übrige Europa (und
darüberhinaus). Für sehr lesenswert halten wir daher der entsprechende
Artikel aus der unabhängigen linken italienischen Tageszeitung “il
manifesto” vom 26.3.2002, auch wenn er das Thema nur anreißt.
Der PRC von der piazza zum Kongreß
10 Tage vor dem Parteitag muß auch Rifondazione
sich mit einem Konflikt messen, den sie nicht vorhergesehen hatte.
Andrea Colombo - Rom
In 10 Tagen wird der Parteikongreß des PRC die Pforten in einem Kontext
öffnen, der sich von dem in den Kongreßthesen des Sekretariates,
die sehr stark auf die Antiglobalisierungsbewegung und sehr wenig auf einen
möglichen Widerstand der Gewerkschaft gegen die Offensive der Regierung
ausgerichtet waren, vorhergesehenen sehr unterscheidet. “Vor einem Monat”,
erinnert Claudio Grassi <Parteischatzmeister und> Führer
des nach der Zeitschrift “l’Ernesto” benannten Bereiches, “gaben sie
auf den Versammlungen Einschätzungen über die Gewerkschaft ab,
die von völliger Abkapselung gekennzeichnet waren. Die Bewertung des
Kongresses der CGIL <Anfang Februar 2002> ist im Laufe der Arbeit korrigiert
worden. Jetzt wird die <Lohn->Arbeit wieder zum Protagonisten der sozialen
Auseinandersetzung und dies bestärkt unsere Analyse, die die Bedeutung
der Antiglobalisierungsbewegung voll und ganz anerkennt, aber behauptet,
daß die Arbeit zumindest ebenso bedeutend ist. In der Phase vor dem
Kongreß haben unsere Thesen fast 30% der Stimmen erhalten. Ein Ergebnis
oberhalb jeder Erwartung, das es ohne diese objektive Situation nicht gegeben
hätte.” Formal innerhalb der von <PRC-Sekretär> Fausto
Bertinotti geführten Mehrheit angesiedelt, ist der Bereich von “l’Ernesto”
in Wirklichkeit eine Art von Opposition, die darauf abzielt, die Entscheidungen
des Sekretariates zu bestimmen, auch ohne es zu ersetzen. Es verwundert daher
nicht, daß Grassi sich mit der vom Sekretär beschlossenen
“Kurskorrektur” mehr als zufrieden zeigt. “Bertinotti”, sagt er, “hat im
Interview mit der <den Linksdemokraten (DS) nahestehenden Tageszeitung>
‚l’Unità‘ bereits eine Präzisierung des Verhältnisses zur
Mitte-Linken und zur CGIL vorgenommen. Wenn die CGIL standhält und wenn
sie in der Mitte-Linken den Mut zu Positionen findet, die bislang unterbelichtet
geblieben sind, dann eröffnen sich neue Szenarien."
Für Paolo Ferrero, der der materielle Verfasser der Thesen des
Sekretariates gewesen ist, hat es jedoch keinerlei Kurskorrektur gegeben:
“Man muß aufpassen, nicht jede Passage mit einer Wende zu verwechseln.
Wir haben von Anfang an auf das Entstehen einer Massenbewegung gegen den
Neoliberalismus und auf die Zerlegung der Mitte-Linken gesetzt. Diese Position
ist sicher nicht geändert worden. Das beweist die Tatsache, daß
- während die Mitte-Linke überall Bündnisse für die kommenden
Kommunalwahlen <Ende Mai 2002> fordert - wir antworten, daß die
Bündnisse jedoch von den Inhalten abhängen. Es gibt keine Frontorientierung,
keine Bereitschaft zu jedwedem Bündnis, nur um Berlusconi zu schlagen."
Ferrero schließt aus, daß die analytische Anlage der Thesen
dementiert oder redimensioniert wird. “Wir”, erinnert er, “hatten die Offensive
der Regierung gegen die Arbeiterklasse vorhergesehen. Wir hatten jedoch die
Antwort auf die Frage, wie dieser Angriff in die Tat umgesetzt wird (ob mittels
der frontalen Auseinandersetzung oder mittels einer modulierten Taktik),
offen gelassen. Wenn die Regierung den zweiten Weg beschritten hätte
- den des ‚Weißbuches‘, damit wir uns richtig verstehen - hätte
es von seiten der CGIL nicht diese Reaktion gegeben und wir hätten eine
andere Ausgestaltung in den Beziehungen zur Mitte-Linken beschlossen. Sie
hat jedoch den Weg der frontalen Konfrontation gewählt und wir haben
eine einheitliche / Bündnisstrategie vorgeschlagen - aber über
die Inhalte.”
“Es liegt Wahrheit in dem, was die Mehrheit behauptet. Sie ist wirklich dabei,
das zu verwirklichen, worauf sie abzielt, wenn auch auf ganz anderen Wegen,
als sie es sich vorgestellt hatte”, ironisiert Marco Ferrando, der
Führer der Linken, die sich auf dem Kongreß mit einem eigenen,
alternativen Leitantrag präsentiert (der eine Zustimmung von ungefähr
13% erhielt). “In der Tat”, erklärt er, “gibt es eine These (die 37.),
die illustriert, wie man in bezug auf die Bewegungen, die in Aussicht sind,
einen Neubeginn des Diskurses in puncto plurale Linke anlegen muß.
Aber die Analyse des Sekretariates ist ganz und gar auf die Antiglobalisierer
ausgerichtet. Es gedachte sich als einzige politische Vertretung dieser Bewegung
zu positionieren und auf dieser Grundlage ein Verhältnis zur Mitte-Linken
neu auszuhandeln. Das, was in den letzten Monaten geschehen ist, hat Bertinotti
komplett in Schwierigkeiten gebracht.”
Daß die Entschlossenheit der CGIL die Führung des PRC in Schwierigkeiten
gebracht hat, ist offenkundig. Bertinotti ist ein zu schlauer Politiker
(und ein ehemaliger Gewerkschafter), um nicht das mögliche Entstehen
einer von <CGIL-Generalsekretär und linken DS-Mitglied> Cofferati
geführten “parteiübergreifenden Arbeiterpartei” erahnt zu haben,
die in der Lage ist, mit der Mitte-Linken zu verhandeln und so dem PRC einen
Teil der politischen Rolle zu nehmen. Es ist daher mehr als wahrscheinlich,
daß er selbst das in die Praxis umgesetzt hat, was er viele male als
“das Ziehen des Pferdes” <beim Schach> bezeichnet hat. Das heißt
Cofferati zuvor zu kommen, indem er selbst mit dem <mitte-linken> Olivenbaum-Bündnis
verhandelt. “So”, behauptet Ferrando, “kehrt man zum Ausgangspunkt
zurück, wenn auch auf anderen Wegen. Will heißen, man kehrt zu
jener Wiederaufnahme der Beziehungen zum Olivenbaum-Bündnis zurück,
die bereits im Kern in der These 37 enthalten war.”
Die Mehrheit und die linke Opposition stimmen darin überein, daß
sie bestreiten, die Auseinandersetzung um den Artikel 18 würde die Positionen
des von Grassi geführten Bereiches stärken. “Sie und ihr Bereich
sind von Bertinotti eingenommen worden”, behauptet Ferrando. “Sie
hatten einen politischen Kampf entworfen, der sich einzig und allein auf
die Verteidigung der Identität gründete. Unsere Fähigkeit,
in allen Bewegungen zu sein, ist ein lautstarkes Dementi jener Verteidigung”,
sagt Ferrero. Sicher ist, daß der <PRC->Kongreß
von Rimini bewegter sein wird als vorgesehen und die Aufgabe des Sekretärs
- mit 35-40% <der Partei> in Oppositon - schwieriger.
Vorbemerkung, Übersetzung und Anmerkungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover