Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:

 

Der für den Gesamtcharakter der italienischen Antiglobalisierungsbewegung noch immer repräsentativste und wichtigste Exponent (ehemals Sprecher des Genua Sozialforum und heute Vertreter der italienischen Antiglobalisierer im Weltsozialforum) ist der Linksliberale Vittorio Agnoletto. Er gab der PRC-Tageszeitung “Liberazione” vom 23.7.2002 das folgende Interview zum Stand der Bewegung und seinen Orientierungen für die Zukunft.

 

 

Nach Genua spricht Vittorio Agnoletto:

 

“Niemand kann uns normalisieren.”

 

Drei Tage “sehr starker interner Tumulte” <waren es>, die Vittorio Agnoletto in Genua erlebt hat. Derjenige, der der Sprecher des Genoa Social Forum (GSF) war, repräsentiert heute die italienische <Antiglobalisierungs->Bewegung im Weltsozialforum. “Neben der großen Freude frei durch die Stadt zu ziehen, hat es <auch> Momente des Kummers gegeben. Jede Straße von Genua hat ihre Bedeutung.”

 

Doch der Erfolg der Initiativen vertreibt jede voreilige pessimistische Diagnose.

 

“Ich habe wochenlang versucht, den Medien zu erklären, daß die Bewegung nicht mit denselben Kriterien zu messen ist wie eine Partei oder eine Institution. Diese bewegt sich in Wellen. Augenblicke großer Sichtbarkeit wechseln sich mit anderen der Ausarbeitung ab. Sie erobert die Zwischenräume der Gesellschaft wie Leopardenfellflecken und das Demokratieniveau spielt sich über die Vielfalt der Orte ab. Kurz, sie bewegt sich mit den typischen Logiken des Netzwerkes, des Internets und hat labile Grenzen. Aber die Schwierigkeit, sie zu interpretieren vermischt sich mit einem instrumentellen Gebrauch dieser Interpretation. Einige Zeitungen vertreiben die Interpretation einer von naiven Jugendlichen gebildeten Bewegung, Trägern großer Werte, aber ohne eine Leitung und eine präzise Führerschaft. Nun, die Bewegung hat eine Leitung und das demonstrieren <auch> ihre Kampagnen: Tobin tax, Krieg und das Bossi-Fini-Einwanderungsgesetz. Und ihre Führerschaft ist eine diffuse Führung und fähig, sich entsprechend den Notwendigkeiten zu verändern. Es gibt keinen General an der Spitze, der zum Angriff bläst. Das ist eine interessante Kritik und die kommt von den Medien, die der gemäßigten Mitte-Linken nahestehen. Man möchte der Bewegung eine institutionelle Leitung liefern, die aus <DS-Generalsekretär> Fassino oder <CGIL-Chef> Cofferati besteht und sie normalisiert, indem sie sie in die typischen Logiken des 20.Jahrhunderts zurückführen. Wenn sie hingegen Beziehungen zu ihr knüpfen wollen, muß anerkannt werden, daß die Bewegung eine eigene anti-wirtschaftsliberale gesellschaftspolitische Subjektivität hat.”

 

In der Plenumsversammlung vom Sonntag hast Du die Dringlichkeit einer organisatorischen Struktur hervorgehoben.

 

“Die Leute, die in Genua waren, erkennen sich nur z.T. in den existierenden nationalen Netzwerken wieder. Die Bewegung zeigt, daß sie größer ist als die Summe der Teile. Also wird eine leichte Formel und werden Repräsentativitätsebenen auf lokaler Ebene opportun.”

 

Denkst Du da an die Sozialforen ?

 

“Auch an die, weil, wie machen es die Sozialforen von Arezzo oder von Como sonst, wenn sie über die Kampagnen oder die Vorbereitung des europäischen Sozialforums <politisch> intervenieren ?  Die Netzwerke allein reichen nicht aus. Ich denke weder an eine Partei noch an eine Wahlliste (ich war dagegen), sondern das ist ein Problem, das wir von den kleinsten Fragen (z.B. wer geht hin, um mit einem Verleger für das “Weißbuch” zu sprechen ?) bis zu den komplexesten haben. Und, um über all das zu spekulieren, gibt es die Notwendigkeit, daß die Bewegung Kampagnen bei präzisen Inhalten organisiert. Und diesmal ist das Bedürfnis nach einer organisatorischen Form noch stärker.”

 

Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover