Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Bisher
gibt es in Europa – über Kontakte auf Firmenebene oder auf Branchenebene
(insbesondere in der Metall- und Chemieindustrie sowie unter den
Hafenarbeitern) hinaus – auf der allgemeinen Ebene nur zwei Netzwerke von
Gewerkschaftslinken: die eher unverbindlichen aber gut besuchten
Veranstaltungen während der Europäischen Sozialforen sowie die Versammlungen
alternativer und Basisgewerkschaften, an denen sich allerdings nur ein Teil
dieses Spektrums und die Linken aus den etablierten Gewerkschaftsbünden gar
nicht beteiligen. Doch angesichts der weit hinter den Erfordernissen
zurückhängenden Organisierung auf europäischer und internationaler Ebene haben
beide Treffen ihren Wert – vorausgesetzt sie sind in der Lage sich auch
qualitativ weiterzuentwickeln. Ende November 2004 fand in Mailand die
4.Versammlung von europäischen Basisgewerkschaften statt, das von der
italienischen „Einheitskonföderation der Basis“ (CUB) ausgerichtet wurde, deren
Homepage (www.cub.it) wir auch das
italienische Original des nachfolgenden Schlussdokumentes entnahmen.
Schlussdokument der IV. Versammlung
Die IV.Versammlung der
alternativen und Basisgewerkschaftsbewegung, die vom 26. bis 28.November 2004
in Mailand stattfand und an der CIB Unicobas <Italien>,
CGT, CNT <beides
anarchosyndikalistische Gewerkschaften aus Spanien>, CUB <Italien>,
Emancipation, G10 Solidaire <beide Frankreich>, ORSA <italienische Transportarbeitergewerkschaft>, PT, PAME <Griechenland>,
SISA <“Unabhängige
Schüler- und Lehrlingsgewerkschaft“ aus dem italienischen Teil der Schweiz> sowie USI <Anarchosyndikalisten, Italien> teilnahmen und bei der IAC, SAC <Schweden> und Sin.Cobas <Italien> als
Beobachter vertreten waren, hebt nach einer langen Debatte, an der sich viele
Redner(innen) beteiligten, die folgenden Punkte hervor:
1.) Die wirtschaftsliberale
/ freihändlerische Globalisierung hat die nationalen Grenzen der Produktions-
und Finanzordnungen durchbrochen, die Logiken der Ausbeutung ausgeweitet und
einander angeglichen und den Abbau des Systems sozialer Absicherungen
beschleunigt.
Sie stellt eine weitere
expansive Phase des Kapitalismus dar, die durch die Ausweitung der Ausbeutung
der Arbeiter, die Ausplünderung der Umwelt- und Energieressourcen, die
Vergrößerung des Abstands zwischen den armen und den reichen Ländern sowie die
Konzentration der Reichtümer in wenigen Händen gekennzeichnet ist.
Mit anderen Worten: Der
gegenwärtige Globalisierungsprozess stellt eine regelrechte Kriegserklärung der
Reichen an die Arbeiter, Rentner und Armen dar, was Macht und Reichtum
anbelangt.
Die Prekarität ist die
„zivile“ Seite des permanenten Krieges, der vom Wirtschaftsliberalismus gegen
die Völker und gegen ihre Rechte entfesselt wird.
Dieser wirkliche und
wahrhaftige Krieg ist unser Hauptgegner, aber unmittelbar nach diesem kommt der
andere Pfeiler des Wirtschaftsliberalismus / Freihandels: die Prekarisierung
der Arbeit.
2.) Der Kampf
gegen die arbeitsrechtliche und soziale Prekarisierung, der mit dem Kampf um
die sozialen Rechte bei der Arbeit und beim Einkommen verbunden werden muss,
ist ein Terrain, auf dem der EGB <alias ETUC alias CES…> keine Initiative ergreift, da er an die, zusammen mit Regierung und
Unternehmern (padroni) verfolgte, sozialpartnerschaftliche Politik
gebunden ist. Er stellt jedoch ein konkretes Terrain dar, auf dem die
Basisgewerkschaften – jenseits ihrer gegenwärtigen Stärke – eine konkrete Rolle
übernehmen können.
Es wird außerdem als
notwendig erachtet, dass die europäische Basisgewerkschaftsbewegung den Tag des
1.Mai, den historischen Kampf- und Feiertag der Arbeiter der ganzen Welt, als
gemeinsamen Aktionstag mit den von arbeitsrechtlicher und sozialer Prekarität
Betroffenen übernimmt und sich verpflichtet, Aktionen, wie z.B. den May Day in
Italien, zu organisieren.
3.) Es findet ein
Angriff auf die Rechte Aller statt, der auf unserem Kontinent, aber auch auf
internationaler Ebene, ohne Gleichen ist. Dieser Angriff auf die Rechte
verbindet sich mit dem Europäischen Verfassungsvertrag, der am 29.Oktober <2004> in Rom unterzeichnet wurde und der in allen 25
europäischen Mitgliedsstaaten mittels Referendum oder per Annahme im Parlament
ratifiziert werden muss.
Bereits <auf der 3.Versammlung im Oktober
2003> in Barcelona haben wir ein
Dokument verabschiedet, das das Europa der Unternehmer und der Banken ablehnte
und ein anderes Europa forderte – ein friedliches, demokratisches und soziales.
Der unterzeichnete Vertrag enthält in keiner Weise die in der Europäischen
Charta der Sozialen Rechte vorhandenen Rechte, deren Inhalte sich in der
europäischen Sozialbewegung auf dem Wege der Ausarbeitung befinden und nicht
einmal die der Arbeiter, inbegriffen die auf die gewerkschaftlichen Freiheiten
bezogenen. (Streikrecht und Gewerkschaftsdemokratie befinden sich heute auf
einem sehr niedrigen Niveau.)
Die Versammlung beschließt
in der letzten Januarwoche <2005> in allen
europäischen Staaten eine Informations- und Veranstaltungskampagne über den Europäischen
Verfassungsvertrag zu organisieren, den die Versammlung nach wie vor radikal
ablehnt.
Sie fordert die <einzelnen> Organisationen zur Beteiligung an allen nationalen
und internationalen Demonstrationen gegen den Europäischen Verfassungsvertrag
und für die sozialen Rechte auf. Einige Organisationen unterstreichen die
Bedeutung der Teilnahme an den Demonstrationen, die am 19.März <2005> in Brüssel stattfinden werden sowie derjenigen gegen
den G8-Gipfel in Schottland <im Sommer 2005> und
fordern dazu auf den Appell der Gewerkschafter für ein anderes Europa zu
unterstützen.
4.) Sie beschließt
die Arbeit auf Branchenebene so zu verstärken, dass gemeinsame Analysen und
Aktionen das Ergebnis sind – so wie es im Eisenbahnbereich geschieht und wie es
im Bereich Schule und Postwesen sowie bei den frauenbezogenen Themen
stattzufinden beginnt.
5.) Die
Versammlung beschließt auf der 5.Versammlung wieder zusammenzukommen, die Ende
2005 stattfinden und von der man sich wie immer erhofft, dass sie weitere, neue
Organisationen umfassen wird, die an unserem Prozess interessiert sind.
6.) Es wird eine
aus Vertretern aller Organisationen zusammengesetzte Arbeitsgruppe gebildet. Um
die in Mailand geführte Diskussion fortzusetzen und die Versammlung des
kommenden Jahres vorzubereiten wird sich diese Arbeitsgruppe mindestens einmal
im Jahr 2005 treffen.
Mailand, 28.November 2004
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover