Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
„Entweder
erlaubt man den Betrieben immer dann samstags zu arbeiten, wenn es notwendig
ist, ohne die üblichen Rituale absolvieren zu müssen, bei denen das Okay dann
kommt, wenn die Aufträge mittlerweile wieder weg sind, oder wir machen den
Tarifvertrag nicht !“ So das arrogante Ultimatum des Präsidenten des
italienischen Metallindustriellenverbandes Federmeccanica,
Massimo Calearo am 7.Dezember 2005. Diese
Gutsherrenart ist es, die dafür sorgt, dass bisher kein neuer Lohntarifvertrag
in der italienischen Metallbranche zustande gekommen ist, obwohl der alte
Tarifvertrag bereits seit dem 1.Januar 2005 abgelaufen ist und die
Gewerkschaften (nach mehreren landesweiten Streiks und Demonstrationen, zuletzt
am 2.12.2005) in punkto Lohnerhöhungen weitgehende Zugeständnisse angeboten
haben. Statt der ursprünglich geforderten 130 Euro wären die drei größten
Branchengewerkschaften FIOM-CGIL, FIM-CISL und UILM-UIL jetzt auch schon mit 90
Euro zufrieden, was die inflationsbedingten
Lohnverluste der letzten Jahre keineswegs ausgleichen würde. Doch der Hunger
der Kapitalisten im Metallsektor ist größer…
Worum es
bei der Auseinandersetzung mittlerweile geht, erklärt der Generalsekretär der
bei weitem größten Metallergewerkschaft FIOM, Gianni Rinaldini,
der inzwischen innerhalb des Gewerkschaftsbundes CGIL auch (eher wider Willen,
aufgrund des Kollapses des eigentlichen linken Flügels) zum Kopf der Linken
aufgestiegen ist, in einem Interview für die linke Tageszeitung „il manifesto“ vom 10.12.2005.
METALLER:
„In punkto Arbeitszeiten fest“
Rinaldini (FIOM): Die Unternehmen wollen die
Zeit der Arbeiter verwalten.
ANTONIO SCIOTTO
Dienstagmorgen beginnen die
Verhandlungen über einen neuen Lohntarifvertrag der Metallarbeiter erneut und
schon sind die Verhandlungsparteien eisenhart. Die Unternehmer haben ein
Dauerfeuer für den „Samstag als
Arbeitstag“ begonnen und fordern, dass sie die Schichten und die
zusätzlichen Arbeitstage bestimmen können, ohne – wie es ihnen der Tarifvertrag
gegenwärtig vorschreibt – mit den Einheitlichen Gewerkschaftlichen Vertretungen
<RSU = Mischung aus
Betriebsrat und organisationsübergreifendem
Vertrauensleutekörper mit undemokratischem Wahlrecht>, d.h. den gewählten Delegierten der Arbeitenden
Vereinbarungen treffen müssen. Der Tarifvertrag ist bereits seit einem Jahr
abgelaufen und die Beschäftigten der kleinen und großen Unternehmen des Landes,
von den Automobilfabriken über die Haushaltsgeräteproduzenten bis hin zu den
Stahlwerken haben das Problem des Lohns und dem Rückgewinn der Kaufkraft als
zentral herausgestrichen. Mit 1.000 Euro <netto>
erreicht man das Monatsende nicht. Weshalb sie letzte Woche mit hoher Beteiligung gestreikt und eine
Demonstration von 150.000 <real: 10-12.000> Arbeitern
auf der Strasse in Rom veranstaltet haben. Gianni Rinaldini
(Generalsekretär der FIOM-CGIL) hebt hervor, dass über die Entlohnung geredet
wird und über nichts anderes: „Wir sind bei der Erneuerung des
Lohntarifvertrages mit zweijähriger Laufzeit. Es ist gut, sich daran zu
erinnern. Federmeccanica und Confindustria
haben diese Kampagne für den Samstag gestartet, die völlig falsch ist und
nichts damit zu tun hat. In Wahrheit zielen sie darauf ab, im Austausch für
einige wenige Euro Lohnerhöhung die Verwaltung der Zeit und also des Lebens der
Werktätigen in die Hand zu bekommen. Wir haben bereits gesagt, dass auf dieser
Ebene nicht diskutiert wird.“
Laut Federmeccanica
verringert die Tatsache, dass die Möglichkeit einer Änderung der Schichten mit
den Arbeitern ausgehandelt werden muss, die „betriebliche Effizienz“.
Sie sprechen von „gewerkschaftlichen Ritualen“. Ein fast
selbstverständlicher Begriff, wenn man so will. Das reine Kommando ist bequemer
und schneller als demokratische Verhandlungen.
„Mit diesen Äußerungen tun
sie nichts anderes als eine einzige Absicht zu bestätigen, die Federmeccanica wie Confindustria
gemein haben. Die Kampagne rund um die Samstage ist falsch und irreführend. Sie
wissen sehr gut, dass es bereits Hunderte von Betrieben gibt, in denen die RSU’en auf
verantwortungsbewusste Weise die Möglichkeit aushandeln, je nach den
Erfordernissen des Marktes, lange und kurze Wochen zu machen. Wochen von 48
Stunden und dann andere von 32. Sie wollen jedoch dieser Möglichkeit,
Verhandlungen zu treffen, ein Ende setzen und zielen deshalb darauf ab, das
Konzept der Tarifverhandlung insgesamt zu demontieren.“
Eine umfassendere Absicht
also.
„Wenn wir bei den Äußerungen
des Vizepräsidenten der Confindustria (Bombassei) und des Präsidenten der Federmeccanica
(Calearo) bleiben, beginnen die Verhandlungen am
Dienstag unter schlechten Vorzeichen und es scheint, dass sie alles tun, um
mögliche Chancen zu einem Abkommen zu gelangen, zu verkomplizieren. Es scheint,
dass wir vor einer Entscheidung stehen, die über die Metallarbeiter hinausgeht:
Die Confindustria will die Erneuerung des zwei Jahre
geltenden finanziellen (und ich muss noch einmal betonen: ‚finanziellen’
!) Teils des Tarifvertrages der Metallarbeiter nutzen,
um das durchzusetzen, was sie vor einem Monat den Gewerkschaftsbünden zur
Änderung der gewerkschaftlichen Regelungen im Lande vorgeschlagen hat. Der Sinn
der gesamten Operation ist der, der Tarifverhandlung tout court, egal ob auf der ersten <der nationalen> oder der zweiten <der betrieblichen> Ebene die Bedeutung zu nehmen und die RSU’en komplett einflusslos zu
machen. Es ist nicht zu verstehen, warum die Arbeitenden (lavoratori)
Delegierte wählen sollen, wenn diese dann nichts entscheiden können, wenn sie
nicht einmal dazu aufgerufen werden, die Arbeitszeiten der Menschen zu
vereinbaren, die im Betrieb arbeiten. Es ist der Sinn der Gewerkschaft, der in
Zweifel gezogen, der negiert wird. Deshalb sagen wir zu dieser Art von Tausch
sofort Nein.“
Auf welchen Gleisen
werden sich die Verhandlungen demnach bewegen?
„Bevor ich mich <an den Verhandlungstisch> setze, sage ich nie, ob ich optimistisch oder
pessimistisch bin. Man muss bekräftigen, dass wir zwei unterschiedliche
Verhandlungen haben. Morgens finden die über die Erneuerung des finanziellen
Teils mit zweijähriger Laufzeit statt, während am Nachmittag über den
Arbeitsmarkt gesprochen wird. Die zweiten Verhandlungen sind aus dem Bedürfnis
entstanden, den Lehrlingsstatus zu regeln. Die ihn betreffenden Gesetze wurden
in der Zwischenzeit geändert. Wir sind daran interessiert, Regeln für eine
wirkliche Ausbildung der Arbeitenden festzulegen, die Prekarität
soweit wie möglich zu begrenzen und Prozentsätze für befristete Arbeitsverträge
und für überlassene Arbeitskräfte (die ehemaligen Leiharbeiter) festzusetzen.
Aber wie gesagt, die beiden Verhandlungen dürfen nicht zusammengeworfen werden
und an wechselseitige Tauschgeschäfte über unterschiedliche Themen ist nicht zu
denken. Wenn Bombassei und Calearo
über etwas anderes reden wollen, müssen sie sich nur daran erinnern, dass die
Kontrolle der Arbeitszeiten durch die RSU’en der entscheidende Punkt des normativen <also Mantel-> Tarifvertrages von 2001 war. Ein Thema, dessen
Verteidigung für uns, angesichts der Tatsache, dass da über die Würde der
Menschen gesprochen wird, zentral bleibt. Vielleicht ist das der Grund (weil
sie wissen, dass sie über ein heikles Thema sprechen), dass Federmeccanica
und Confindustria jetzt den Druck erhöhen und die
Geschichte vom Samstag erfinden.“
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover