Gewerkschaftsforum Hannover:
Nicht nur die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Deutschland muss sich im Einzelhandel (siehe das Beispiel LIDL) mit miserablen Arbeitsbedingungen und gewerkschaftsfeindlichem Verhalten der Unternehmerseite herumschlagen. Den Schweizer Gewerkschaften geht es nicht anders. Die „Neue Zürcher Zeitung“ (www.nzz.ch) berichtet in ihrer Ausgabe vom 13.11.2006 über die Missstände beim ehemaligen Genossenschaftsunternehmen Migros und den Forderungen der Gewerkschaft Unia, die nach dem SGB (knapp 400.000 Mitglieder) mit 200.000 Organisierten nicht nur die zweitgrößte, sondern – bei aller notwendigen Kritik – auch die kämpferischste und politisch fortschrittlichste Gewerkschaftszentrale der Schweiz darstellt.
Die
Gewerkschaft Unia kritisiert den neuen Gesamtarbeitsvertrag der Migros, weil
dieser zahlreiche Verschlechterungen bringe. Ausserdem stört sich die Unia,
dass sie als Gewerkschaft bei der Migros zu wenig Gehör findet.
(ap) Die
Gewerkschaft Unia fordert die Migros auf, die Gewerkschaftsrechte zu
akzeptieren. An einer Medienkonferenz vom Montag in Bern kritisierte Unia zudem
den neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Migros als unsozial. Abgesehen von der
positiven Neuerung des Vaterschaftsurlaubs weist der neue GAV der Migros laut
Unia zahlreiche Verschlechterungen auf. So kritisiert die Gewerkschaft die
Schlechterstellung der Mütter, indem die Migros Leistungen unter Umständen
zurückfordern könne, oder der Mutterschaftsurlaub zu einer Kürzung des Ferienanspruchs
führen könne. Zudem sei es rechtlich nicht haltbar, dass die Migros von ihren
Mitarbeiterinnen verlange, eine Schwangerschaft umgehend zu melden.
Verschlechterungen
stellt die Unia auch bei den Ferienregelungen und bei der Arbeitszeit fest, die
künftig in einem Teil der Migros-Betriebe auf bis zu 43 Stunden erhöht werden
könne. Auch sei der GAV bei den Angestellten nicht abgestützt, da weder die
Unia noch die Gewerkschaft Syna beteiligt gewesen seien.
Unia fordert
von der Migros, die Verschlechterungen des GAV zurückzunehmen. Weiter brauche
es generelle Lohnerhöhungen und eine Anpassung der Mindestlöhne, würden diese
doch um mehrere hundert Franken hinter den übrigen Grossverteilern liegen.
Einzigartig
ist laut Andreas Rieger, Leiter Sektor Dienstleistungsberufe bei der Unia, auch
die Haltung der Migros gegenüber Gewerkschaften. Seit 2001 habe die Migros fast
20 Unia-Mitarbeitende angeklagt, weil sie in Filialen Informationsblätter
verteilt hätten. Laut Rieger wurden alle Klagen abgewiesen. Er fordert die
Migros auf, die «gewerkschaftsfeindliche Blockadepolitik» einzustellen,
insbesondere, weil diese auch in krassem Gegensatz zu Konventionen stünden,
welche die Migros in einem eigenen Kodex für Lieferanten aufgenommen habe.
Darin fordere
der Detailhändler explizit, den Gewerkschaften Zugang zu allen Arbeitsstätten
zu gewähren. «Was die Migros von allen Zulieferern im In- und Ausland
verlangt, soll sie endlich auch den Gewerkschaften in der Schweiz gewähren», sagte
Rieger laut Redetext.
Vorbemerkung: Gewerkschaftsforum
Hannover