Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Zum Streik der im britischen Kommunaldienst Beschäftigten erschien
in der kleinen italienischen kommunistischen Tageszeitung “Liberazione”
vom 18.7.2002 der folgende Korrespondentenbericht aus London:
Eine Million im Kommunaldienst Beschäftigter (von 1,2 Millionen)
streiken für Lohnerhöhungen von 6%. Nach 23 Jahren geht eine Epoche
zuende.
Tony Blair ? Nein danke
!
London - Unser Korrespondent Guy Fawkes
Über eine Million bei den Kommunen Beschäftigter hat am gestrigen
Tag den Finger auf die Regierung von Tony Blair und die von New Labour verwalteten
Lokalbehörden gerichtet. Eine denkwürdige Seite des Kampfes für
die Rechte und den Lohn der Arbeiter, die über den Bereich der Mitglieder
der drei Branchengewerkschaften UNISON, GMB und TGWV <weit> hinausging,
die den beeindruckendsten Generalstreik im Vereinigten Königreich seit
1926 orchestrierten. Schulen, Büchereien, Museen und Freizeitheime geschlossen.
Die Müllabfuhr und Dienstleistungen in den kommunalen Büros unterbrochen.
In vielen Teilen des Landes registriert man eine totale Beteiligung am Streik
und die Gewerkschaft GMB läßt wissen, daß in einigen Gemeinden
die Beschäftigten der im kommunalen Besitz befindlichen Betriebe,
die auftragsmäßig bestimmte Dienste verrichten, sich geweigert
haben, die von den kommunalen Beschäftigten organisierten Streikpostenlinien
zu überschreiten. Gestern morgen haben sich 15 der UNISON angehörende
Beschäftigte vor dem Finanzministerium des Ministers Gordon Brown aufgestellt
und jeder hat einen großen Karton in Form eines Penny (der kleinsten
in England verfügbaren Währungseinheit) hochgehoben, um eine Gesamtsumme
von 15 Pennies zu symbolisieren, d.h. die von den Lokalverwaltungen für
jede Arbeitsstunde angebotene Lohnerhöhung. Die Herren bieten eine Erhöhung
von 3% an. Die Gewerkschaften fordern 6%. Jack Dromey (nationaler Sekretär
der Gewerkschaft TGWV) hat Blair aufgefordert, die Chefs der lokalen Verwaltungen
an den Verhandlungstisch zurückzubringen und erklärt: “Dies ist
der Streik derjenigen, die arbeiten und ein<en> Elend<slohn>
verdienen. Heute senden wir ein klares und starkes Signal an die Regierung,
an die Verwaltungschefs und an die Stadträte. Wir sind es leid, schlecht
behandelt zu werden und ein Gehalt zu bekommen, das gerade so für den
Lebensunterhalt reicht. Unsere Mitglieder fordern ein richtiges Gehalt, angemessene
und klare Arbeitsbedingungen und einfach Respekt.”
Eine arme Berufsgruppe
Die im Kommunaldienst Beschäftigten gehören zu den Kategorien abhängig
Beschäftigter, die in den letzten Jahren am meisten unter der Verringerung
der Kaufkraft der Löhne gelitten haben. Es genügt daran zu denken,
daß 25% der Mitglieder der Gewerkschaft UNISON gezwungen sind, zusätzlich
zum Gehalt staatliche Beihilfen zu empfangen, um nicht an Hunger zu sterben.
Sie sind (wie viele Andere im Vereinigten Königreich) das Ergebnis der
neoliberalen Rezepte zuerst von Margret Thatcher und dann von Tony Blair,
die es verlangen die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und die Konkurrenzfähigkeit
zu erhöhen, indem Löhne gekürzt und die Arbeit prekarisiert
wird. Die drei Gewerkschaften drohen mit weiterer gewerkschaftlicher Agitation,
falls sie nicht die geforderte Erhöhung bekommen. Das unzertrennliche
Paar Blair und Brown aber zuckt mit den Schultern und beide stecken den Kopf
in den Sand - in der Hoffnung, daß der Alptraum, der sie verfolgt,
nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub wie durch Zauberhand verschwunden
ist. Der Regierungssprecher hat erklärt, daß “die <Lohn->Erhöhungen
für die kommunalen Beschäftigten nicht in der Kompetenz der Regierung
liegen”. Er unterläßt es jedoch zu sagen, daß fast 80% der
Finanzmittel der Kommunen von der Zentralverwaltung kommen. John Monks (der
einflußreiche Führer des Trade Union Congress - TUC) hat seine
Besorgnis wegen dieser Streitigkeit zum Ausdruck gebracht und hinzugefügt,
daß “es niemandem Spaß macht zu streiken, aber die kommunalen
Beschäftigten, die mehr als eine Million sind, sind entschlossen, Gerechtigkeit
in Form einer größeren Lohnerhöhung zu erlangen”.
Die Drohung der Trade Unions
Aber hier endet für Blair der Ärger mit den Gewerkschaften nicht.
Es hat in der Tat den Anschein, daß Sir Ken Jackson, der treueste Verbündete
des britischen Premierministers, die Führung der mächtigen Gewerkschaft
des Industriesektors AMICUS an einen halb unbekannten linken Kandidaten verlieren
könnte, der auf den Namen Derek Simpson hört. Bei den letzten Parlamentswahlen
überwies AMICUS New Labour zwei Millionen Pfund Sterling. Simpson hat
nun versprochen, daß er im Falle seiner Wahl für eine starke Reduzierung
der Spende an die Partei kämpfen wird. Blairs Partei hat ein Minus von
7,8 Millionen Sterling und Blairs Picknick-Genossen an der Spitze der Gewerkschaften,
die New Labour finanzieren, werden immer rarer. So hat gestern um 20 Uhr
der 24stündige Streik der Tube-Arbeiter begonnen. (Tube ist der familiäre
Spitzname der Londoner U-Bahn.) Die <diesen Streik organisierende>
Gewerkschaft RMT von Bob Crow ist der Meinung, daß der Vorschlag, die
Metro zu privatisieren, das Leben der Beschäftigten und der Fahrgäste
in Gefahr bringt und fordert vom Management der Londoner Untergrundbahn in
der Sache für eine Klärung zu sorgen. Dieses hat <allerdings>
für den Moment mit einem einfachen “Kein Kommentar !” geantwortet. Wer
sich hingegen äußert, ist die Advertising Standards Authority
- der Wachhund (eine Art Garant; Anm. d.Red.) der Werbung in Großbritannien
- die die Werbespots der Londoner U-Bahn, welche die Tugenden des Privatisierungsvorschlages
rühmen, genehmigt und das Unternehmen <gleichzeitig> aufgefordert
hat, der Zukunft mehr Beachtung zu schenken. In ihrem Urteilsspruch liest
man, daß Slogans vom Typ: “Die größte Investition der Welt
für eine U-Bahn”, “Eine Milliarde Sterling mehr im Jahr”, “16 Milliarden
Sterling, um die Tube in Ordnung zu bringen” etc., die sich auf angebliche
Vorteile beziehen, die die Privatisierung der Metro bringen wird, irreführend
sind, “da man die Existenz dessen, was heute noch nicht existiert, nicht
überprüfen kann”.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover