Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
Thyssen-Krupp AG beabsichtigt die Elektroband-Produktion in ihrem Stahlwerk in
der mittelitalienischen Region Umbrien zu schließen. (Elektroband
ist eine mit besonderen Leitfähigkeiten ausgestattete Blechsorte.) Sie
bricht damit auf ganz kaltschnäuzige Weise eine Anfang des Jahres mit den
Gewerkschaften und der italienischen Regierung eingegangene Verpflichtung,
diese Produktion aufrechtzuerhalten. Als Grund für diese Entscheidung nannte
die Vorstandsetage von Thyssen-Krupp Steel laut „Handelsblatt“ vom 8.12.04
anhaltende Verluste in diesem Geschäft. Wobei die „Süddeutsche Zeitung“ am
2.12.2004 vermeldete, das Unternehmen habe einen „Rekordgewinn von 1,58
Milliarden Euro vor Steuern“ gemacht und damit „im bisher besten Geschäftsjahr
seit der Fusion 1999 den Vorsteuer-Gewinn mehr als verdoppelt. Die Aktionäre
sollen durch eine höhere Dividende (…) profitieren.“ Aber wo noch mehr Profit
lockt, da endet bekanntlich jeder Skrupel !
Dem
Unternehmenssprecher zufolge hätten alle derzeit noch gut 250 Mitarbeiter in
der Elektroband-Produktion eine Beschäftigungsgarantie erhalten und würden in
die Edelstahlsparte übernommen. (Eine Behauptung, die zumindest fragwürdig
ist.) Thyssen-Krupp Steel beschäftigt im gesamten Edelstahlwerk Acciai Speciali
Terni (AST) in der strukturschwachen italienischen Region Umbrien nach
Unternehmensangaben rund 3.600 Mitarbeiter. Weiter berichtet das
„Handelsblatt“: „Thyssen-Krupp Steel hatte bereits Anfang dieses Jahres die
Aufgabe der Elektrobandproduktion am Standort Terni erwogen. Damals hatten
massive Proteste der italienischen Belegschaft die Duisburger noch zu einem
Einlenken bewogen.“ Entgegen der Suggestion des „Handelsblatt“ widersetzen sich
Belegschaft und Gewerkschaften auch diesmal dieser Entscheidung, wie der
folgenden, von uns übersetzten Erklärung zu entnehmen ist, die u.a. auf der
Homepage der FIOM-CGIL (www.fiom.cgil.it)
veröffentlicht wurde. Und es bleibt nicht bei papierenen Protesten. Für
Dienstag, den 14.Dezember 2004 sind alle Beschäftigten der
Thyssen-Krupp-Tochterfirma AST in Terni und Turin zu einem 8stündigen Streik
aufgerufen. Zudem wird am selben Tag ab 10 Uhr in Rom eine landesweite
Demonstration für die Einhaltung der abgeschlossenen Abkommen stattfinden.
Gewerkschaftliche Mitteilung der
Nationalen Sekretariate von FIM, FIOM und UILM zu Thyssen-Krupp
Die Nationalen Sekretariate
von FIM, FIOM und UILM verurteilen die gravierende Entscheidung von
Thyssen-Krupp das Abkommen über die Zukunft des Stahlwerkes in Terni wieder in
Frage zu stellen, auf das Schärfste.
Am 18.Februar <2004> wurde beim Ministerpräsidenten ein Abkommen
unterzeichnet, in dem der Eigentümer sich verpflichtet, den produktiven
Fortbestand des Werkes mit allen seinen Produktionen (inklusive der
Elektroband-Produktion) sicherzustellen. Am 17.Juni wurde im Ministerium für
Produktive Aktivitäten die industrielle Planung innerhalb eines 4-Jahres-Planes
von 2005-2008 vorgelegt, der mit jenem Abkommen zusammenhängt. Stattdessen hat
der deutsche multinationale Konzern die Verpflichtungen im wesentlichen
missachtet und nun offiziell verkündet, dass er nicht mehr die Absicht hat, sie
einzuhalten.
Diese Entwicklung stellt
eine gravierende Tatsache dar. Vor allem weil mit den angekündigten
Produktionskürzungen im Werk Terni die Zukunft der Beschäftigung in Frage
gestellt und das Land einer Produktion von strategischer Bedeutung beraubt
wird. Und dies in dem Augenblick, in dem die Nachfrage nach Stahlprodukten von
hoher Qualität in Italien und der ganzen Welt sehr stark ist. Von besonderer
Schwere ist auch die Tatsache, dass ein beim Ministerpräsidenten mit der
formellen Verpflichtung der Regierung unterzeichnetes Abkommen einfach als
Fetzen Papier betrachtet wird.
Die Entscheidung von
Thyssen-Krupp stellt außer der Zukunft des Werkes in Terni auch die
Glaubwürdigkeit der Institutionen und der industriepolitischen Entscheidungen
des Landes in Frage. In diesem Zusammenhang ist es äußerst gravierend, dass die
Regierung, anstatt sich zu Wort zu melden, um dem Respekt zu verschaffen, was
von ihr unterzeichnet wurde, sie die Entscheidung des deutschen Multis
hingenommen hat und sogar soweit gegangen ist, die Umsetzungstreffen der
Abkommen zu verschieben.
Es ist notwendig auf all das
zu reagieren. Die nationalen Sekretariate von FIM, FIOM und UILM fordern die
vollständige Respektierung der unterzeichneten Übereinkünfte und die sofortige
Einberufung der Verhandlungsrunde im Palazzo Chigi <dem Sitz des italienischen
Ministerpräsidenten>, um dieses Ziel
zu erreichen.
Die Nationalen Sekretariate
der FIM, FIOM und UILM bekunden ihre volle Unterstützung für die
Kampfentscheidungen, die in Terni getroffen werden, um die Einhaltung der
Abkommen einzufordern.
Die Nationalen Sekretariate
von FIM, FIOM und UILM fordern die Mobilisierung der Institutionen (angefangen
bei denen Umbriens), der politischen Kräfte und der öffentlichen Meinung, um
die Einhaltung der Abkommen, die Verteidigung und Entwicklung des Werkes in
Terni sowie den Schutz von für die Wirtschaft des Landes strategischen
Produktionen zu verlangen.
Die Nationalen Sekretariate von FIM,
FIOM und UILM
Rom, 2.Dezember 2004
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover