* Theo
Völkl ist betrieblicher Funktionär und Aktivist der IG Metall bei Porsche
in Stuttgart-Zuffenhausen
Sie sind am Dienstag mit einer
Delegation aus dem Porsche-Werk Zuffenhausen von Baden-Württemberg nach
Bochum gereist, um an den Protesten der Opel-Beschäftigten teilzunehmen.
Aus welchem Grund?
"Zum einen wollten wir unsere Solidarität mit den bedrängten Kolleginnen und
Kollegen zeigen, denn von der IG Metall selbst kommt in dieser Hinsicht zu
wenig. Zum anderen finden wir es hervorragend, daß
endlich ein Betrieb, der unter Druck steht, zu den richtigen Gegenmaßnahmen
greift. Auch bei Porsche stehen im Frühjahr Verhandlungen an und dabei wird
es ebenfalls um Einsparungen auf unsere Kosten gehen. Wenn die Opelaner hier in Bochum einen Sieg erringen, verbessert
sich unsere Ausgangsposition erheblich. Dann wird es auch in unserer Firma
leichter sein, den Widerstand zu organisieren."
Bei Siemens in Bocholt und
Kamp-Lintfort wurde die Arbeitszeit unbezahlt verlängert. Bei DaimlerChrysler wurde die angestrebte
Personalkostensenkung trotz großer Kampfbereitschaft vollständig
durchgezogen. Jetzt sind Opel und VW dran. Wie kann die IG Metall dieses
Dominospiel beenden?
"Die Gewerkschaft müßte massive gemeinsame
Aktionen in allen Industriezweigen organisieren – nicht nur in der
Autoindustrie. Bei Porsche fordern wir das seit langem, sowohl vom Vorstand
der IG Metall als auch im Kreis der Betriebsratsvorsitzenden der
Automobilindustrie. Leider werden unsere Vorschläge bislang mit einer
Verzögerungstaktik beantwortet. Wir können es uns nicht leisten, weiter
Häuserkämpfe zu führen. Die IG Metall darf nicht zum Papiertiger werden. Zur Zeit sieht es so aus, daß
die Gewerkschaft permanent nur über Rückschritte verhandelt. So geht es
nicht weiter."
Die IG Metall bekommt es ja nicht
einmal hin, in einem gewerkschaftlich hervorragend organisierten
Großbetrieb wie Opel den Kampf der Bochumer auf die anderen Werke
auszudehnen. Woran liegt das?
"Ich befürchte, daß man in höheren
Funktionärskreisen der Meinung ist, daß ein
»Gesundschrumpfen« in der Automobilindustrie unumgänglich ist und die Löhne
der gewerblichen Arbeiter tatsächlich zu hoch sind. Deshalb meint man wohl,
daß ein Nachgeben bei den tariflichen Standards
zum Erhalt von Arbeitsplätzen am sogenannten
Standort Deutschland führen könnte. Wir halten diese Verzichtsmentalität
für falsch. Da meinen einige IG-Metall-Funktionäre, deutsche Standort- und
Industriepolitik machen zu müssen – auf den Knochen der Kollegen, die
täglich an den Bändern stehen."
Welche Schlußfolgerungen
muß die Linke in den Betrieben und Gewerkschaften
aus dieser Tatsache ziehen?
"Die Linke zeigt im Moment leider, daß sie den
Ernst der Lage nicht begriffen hat. Es gibt in vielen Automobilbetrieben
linke, fortschrittliche Gewerkschafter. Wenn man sich anschaut, wer hier
nach Bochum kommt, dann ist das meiner Ansicht nach ein jämmerliches Bild,
das die ehrliche Betriebslinke abliefert. Die Kollegen müssen begreifen, daß es um eine zentrale politische Auseinandersetzung
geht und nicht um ein Bochumer Opel-Problem. Allein mit
Solidaritätserklärungen übers Fax ist es nicht getan. Alle sind aufgefordert,
möglichst gemeinsam mit ihren Belegschaften, massive Unterstützung für Opel
Bochum zu leisten. Ich sehe, daß die Linke
bundesweit, aber auch international, leider nicht auf der Höhe der Zeit
ist."
|