Antifa-AG der Uni Hannover:

 

Die größte Organisation der französischen revolutionären Linken Lutte Ouvrière (LO – Arbeiterkampf) widmete in ihrer gleichnamigen Wochenzeitung Nr.1985 vom 18. August 2006 der israelischen Aggression gegen den Libanon mehrere Artikel. Den Leitartikel verfasste Arlette Laguiller, die für LO bislang fünfmal, mit zum Teil beachtlichem Erfolg, als Kandidatin bei den Präsidentschaftswahlen antrat. 2002 erhielt sie im ersten Wahlgang mehr als 1,6 Millionen Stimmen (= 5,7%) und lag damit deutlich vor dem Kandidaten der französischen KP, Robert Hue, der nur 960.000 Stimmen (= knapp 3,4%) bekam. Ihre Editorials in der Zeitung Lutte Ouvrière bringen seit jeher die gemeinsame Position der ganzen Organisation zum Ausdruck.

 

Editorial:

 

Der israelische Staatsterrorismus zieht einen Graben zwischen den Völkern

 

Nach dem Ende der Kämpfe im Libanon haben die israelische Armee und Regierung sichtlich Mühe, ihre Militäroperation als Erfolg zu verkaufen. Offiziell wurde sie gestartet, um die beiden von der Hisbollah gefangen genommenen israelischen Soldaten zu befreien, ohne einen Austausch mit libanesischen Gefangenen in Betracht zu ziehen, den diese vorschlug, und den Israel bereits in der Vergangenheit akzeptiert hatte. Die beinahe 1.200 Toten auf libanesischer Seite, die Zerstörung eines ganzen Landes und im Gegenzug die circa 120 Toten, die die israelische Armee schließlich verzeichnete, sowie die 41 zivilen israelischen Opfer der Bombardierungen durch die Hisbollah führten nicht zur Befreiung dieser beiden Gefangenen. Die israelische Außenministerin musste feststellen, dass Israel jetzt Verhandlungen über den Gefangenenaustausch akzeptieren muss, den es zu Beginn abgelehnt hatte.

 

In der Tat waren die zwei gefangenen genommenen Soldaten nur ein Vorwand, der dazu diente, die von ihrer Armee durchgeführte Attacke in den Augen der israelischen Bevölkerung zu rechtfertigen. Wenn Israels Zielsetzung darin bestanden hätte nur seine zwei Soldaten zurück zu bekommen, hätten seine Armee oder seine Regierung dies versuchen können, ohne deshalb ein ganzes Land zu zerstören. Tatsächlich haben sie die Gelegenheit genutzt, um dem palästinensischen, dem libanesischen und den arabischen Völkern insgesamt zu demonstrieren, daß sie nicht zögern werden, ein Land zu zerstören und sogar sein Volk zu massakrieren, wenn sie es wollen. Es ist diese brutale Behauptung des Rechtes des Stärkeren, die für Israel seit Jahren die Politik ersetzt.

 

Das Abkommen über eine <UN->Resolution, die das Ende der Kämpfe verkündet, wurde seit Wochen von den Großmächten (insbesondere durch die Vereinigten Staaten) abgelehnt, die unverblümt erklärten, dass man der israelischen Armee Zeit lassen solle, ihre Arbeit zu beenden, das heißt die Zeit, die Hisbollah zu vernichten. Das Sich-in-die-Länge-Ziehen des israelischen Angriffes, der unerwartete Widerstand, auf den sie traf, die bedeutenden Verluste, die seine Armee erlitt und ihre Unfähigkeit das Abfeuern von Raketen auf den Norden Israels zu unterbinden waren allerdings auf dem besten Weg die Demonstration der Stärke in eine Demonstration der Machtlosigkeit zu verwandeln. Das ist zweifellos der Grund, warum Israel und die Vereinigten Staaten aufhörten, sich der Entscheidung über eine UN-Resolution zu widersetzen, und es zuließen, dass über diese schließlich abgestimmt wurde.

 

Dieser Krieg läuft allerdings sehr stark Gefahr, genau wie die vorangegangenen, den nächsten vorzubereiten. Denn weder die UN-Resolution noch die Großmächte sagen irgendetwas, dass Israel dazu zwingen kann, die offenen Probleme zu lösen. Die Hauptsache ist allerdings gerade die permanente Aggressionspolitik Israels gegen die Palästinenser. Es ist weder die Existenz der Hisbollah noch die Politik Syriens oder des Irans.

 

Diese Politik der israelischen Regierungspolitiker dient den Großmächten, denn sie erlaubt es ihnen, gegenüber den Regimen der Länder dieser Region, die aufgrund ihrer Erdöllieferungen von strategischer Bedeutung ist, eine ständige Bedrohung aufrecht zu halten. Diese Großmächte haben kein Interesse daran, eine Lösung für die Konflikte zu suchen, die Israel zum Gegner seiner Nachbarn macht. So lange der Kriegszustand andauert, sieht sich die israelische Bevölkerung in der Situation eines belagerten Volkes, das keine andere Wahl hat als die kriegstreiberische Politik ihrer Führer zu unterstützen. Das ist es, was Israel zu einem unersetzlichen Verbündeten der Westmächte macht, der sehr viel verlässlicher ist als ihre Verbündeten unter den arabischen Regimen in der Region.

 

Das wirkliche Interesse der israelischen Bevölkerung bestände darin, Wege zu einer brüderlichen Koexistenz mit den Völkern zu suchen, die es umgeben, d.h. dem palästinensischen, dem libanesischen und den arabischen Völker insgesamt. Dies würde implizieren, mit der Politik zu brechen, die seine Führung verfolgt und die aus ihr das Kanonenfutter für Interessen macht, die nicht die ihren sind.

 

Dieser neue Libanon-Krieg, die Massaker und Zerstörungen, die die israelische Armee vorsätzlich begangen hat, werden den Graben des Hasses leider noch weiter vertiefen, der die Völker der arabischen Länder von demjenigen Israels trennt. Es bleibt zu wünschen, dass das zweifelhafte Resultat der israelischen Militäraktion dazu beiträgt, seiner Bevölkerung die Augen über die Politik zu öffnen, an die man sie gekettet hat.

 

Arlette LAGUILLER

 

 

Vorbemerkung, Übersetzung aus dem Französischen und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover