Antifa-AG
der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Auch die
linke italienische Kulturdachorganisation ARCI äußerte sich (in einem Editorial
ihres Wochenmagazins „arcireport“ vom 20.9.2005) zum Wahlausgang
in Deutschland. Wir dokumentieren ihre Stellungnahme hier, weil ARCI in der
italienischen No global-Bewegung eine bedeutende Rolle spielt. Ihre rosarote
Sichtweise bezüglich Lafontaine, Linkspartei und „linker Mehrheit“ in der BRD
teilen wir allerdings nicht.
Die Associazione Ricreativa Culturale Italiana (ARCI) wurde 1957 als sozialistisch-kommunistische
Massenorganisation für den Freizeitbereich gegründet, war lange Zeit sehr
PCI-nah, erkämpfte sich allerdings im Laufe der 80er Jahre (als viele
Massenorganisationen in anderen Bereichen zugrunde gingen) ein erhebliches Maß
an Eigenständigkeit. Sie ist heute nach wie vor links, nun aber tatsächlich überparteilich
und verfügte 2003 über 5.800 Zirkel landesweit mit knapp 1,1 Millionen
Mitgliedern, davon allerdings rund 40% allein in den beiden mittelitalienischen
Regionen Emilia Romagna und Toskana. Die ARCI (Homepage: www.arci.it) fungiert in der italienischen
Antiglobalisierungsbewegung auch als Verbindungsglied zwischen dem
etablierteren und dem radikaleren Teil.
Signale aus Deutschland
Die erste
eindeutige – und positive – Tatsache, die sich aus der Wahl in Deutschland vom
vergangenen Sonntag ergibt, ist dass Angela Merkel nicht gewonnen hat. Das
Bündnis der Konservativen blieb weit von jener 50%-Marke entfernt, von der es
noch vor wenigen Monaten den Anschein hatte, dass sie sie überwinden würden.
Den erwarteten Einbruch der SPD, die eine ansehnliche Anzahl an Stimmen an die
neue, von Oskar Lafontaine geführte Formation der radikalen Linken verliert,
gab es nicht.
Offenkundig
haben die von der Merkel vorgeschlagenen thatcheristischen Reformen von der
Steuerpolitik bis zum Abbau des Wohlfahrtsstaates die Wähler nicht überzeugt.
Ja sie sogar derart erschreckt, dass sie binnen weniger Monate für den Verlust
eines 20%-Vorsprungs sorgten. Auf der anderen Seite stellt der Erfolg der Linkspartei
eine klare Botschaft an die SPD dar, die für die in den letzten Jahren
betriebene wirtschaftsliberale Politik bestraft wurde.
Das Ergebnis:
Sowohl Merkel als auch Schröder erklären sich zu Siegern, in Wirklichkeit haben
aber beide verloren und im Augenblick scheint irgendeine Regierungslösung, die
gegenüber den im Wahlkampf geäußerten Positionen kohärent <d.h. glaubwürdig> ist, schwierig.
Das politische
Signal des Votums bleibt jedoch klar, dass die Aussicht auf eine Regierung der
Rechten uneingeschränkt abgelehnt wurde und den drei Formationen der Linken
insgesamt mehr als 50% der Stimmen verschafft, trotzdem die Gegensätze zwischen
ihnen die Regierung einer rot-grünen Koalition unwahrscheinlich machen. Es ist
eindeutig, dass es eine nach links orientierte Mehrheit des Landes gibt und
dass gleichzeitig die Distanz zwischen der deutschen Sozialdemokratie und ihren
sozialen Wurzeln wächst.
Die
Unregierbarkeit eines der wichtigsten Länder der Union klingt wie eine Warnung
für ganz Europa.
Es ist die
Demonstration <der Tatsache>, dass die Illusion der wirtschaftliberalen Politik sowohl in der
autoritären und extremistischen Version der Rechten als auch in der
gemilderteren und stärker auf das Soziale achtenden der Linken eine
Wählerschaft nicht mehr überzeugt, die durch die Prekarität und Unsicherheit
bedroht wird, die jenes Gesellschaftsmodell hervorruft. Lafontaines Erfolg
eröffnet für die sozialen Kräfte und die Bewegungen, die auch in Deutschland
dabei sind den Weg einer alternativen und anti-wirtschaftsliberalen,
friedensbewegten und umweltbewussten Linken zu erforschen, interessante
Perspektiven. Die Welle der Rechten ist gestoppt worden, nun muss allerdings
zwischen den beiden Linken der Dialog neu beginnen, um die mögliche Alternative
zu suchen.
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der
Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover