Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
Entführung der linken italienischen Journalistin Giuliana Sgrena in Bagdad am
4.Februar 2005 hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Ihre Befreiung und die
Schüsse amerikanischer Besatzungssoldaten auf ihr Auto während der Fahrt zum
Flughafen (die den italienischen Geheimdienstoffizier Calipari töteten)
ebenfalls. In Italien sorgte die Entführung für ein Wiederaufleben der
Anti-Kriegs-Bewegung. Am 19.Februar 2005 demonstrierten zwar nicht die
offiziell genannten 500.000 in Rom, aber 25.000 bis 30.000 waren es schon, die
der von der linksradikalen Tageszeitung „il manifesto“ und diversen linken und
pazifistischen Organisationen initiierten Mobilisierung folgten. Der Sprecher
der linken Basisgewerkschaft Confederazione Cobas, Piero Bernocchi, setzte sich
am Vorabend dieser Demonstration dafür ein, diesem Neuaufschwung der Bewegung
Kontinuität zu verleihen. Seine Einschätzung und Orientierung legte er in einem
Interview für die von Rifondazione Comunista herausgegebene Tageszeitung „Liberazione“
vom 18.2.2005 dar. Inwieweit sein Wunsch in Erfüllung geht, wird man
bereits beim weltweiten Aktionstag am 19.März sehen.
Interview
mit Piero Bernocchi (Cobas-Sprecher) am Vorabend der Demonstration:
„Entscheidend wird sein, über den
Samstag hinaus weiterzumachen“
Bernocchi, was ist
passiert ? Warum wurde gerade Sgrena entführt, eine Freundin des irakischen
Volkes – eine, die immer über die Schrecken des Krieges berichtet hat ?
„Weil es von unserer Seite
an einem breit angelegten Versuch gefehlt hat, mit dem irakischen Widerstand in
Dialog zu treten und zwar zu Beginn des Konfiktes, auch wenn klar war, dass die
Invasion versanden würde“, antwortet Piero Bernocchi (historischer Führer der
Cobas).
„Eine Demonstration allein
entzieht in Deinem Land Kräfte, aber es ist mehr nötig. Wir haben uns ein
bisschen Zeit genommen und uns hingesetzt, um das zu verstehen und schließlich
hat sich die Idee durchgesetzt, dass die Vertreter des Westens alle
mitverantwortlich sind. Die These vom Clash der Kulturen hat Riesenschritte gemacht.
Die Gleichsetzung ‚Krieg – Terrorismus’ erdrückte den Widerstand.“
Was kann die
Friedensbewegung jetzt tun ?
„In Porto Alegre hat die
Bewegung erklärt, dass, auch diejenigen, die dort unten wählen gegangen sind,
gewiss nicht die Besatzer unterstützen wollten. Und dass die Mobilisierung
wiederbelebt und dabei endlich der Widerstand als entscheidende Kraft anerkannt
wird, ohne die die USA heute bereits in Syrien und im Iran wären. In Brasilien
haben wir mindestens acht Bestandteile des Widerstandes ausgemacht (den
religiösen und nicht-religiösen, den kommunistischen und
nicht-kommunistischen…) und mit allen haben wir einen gleichberechtigten Dialog
aufgenommen.“
Was sagt Ihr Cobas zu dem
von Sgrena gestern in dem Video lancierten Appell ?
„Das erschien uns, für sich
genommen, kein besonders bemerkenswertes Signal. Die Diktatur <hinter den Kulissen> war offensichtlich und der Appell an den Ehemann
eine sehr arabische Sache. Eine linke Journalistin zu kidnappen, ist sehr viel
einfacher als einen Agenten von <US-Statthalter>
Negroponte gefangen zu nehmen. Es ist jedoch der Journalist, der der eigenen
Entführung Aufmerksamkeit verschafft. Ich glaube nicht, dass es sich um eine
Operation von Negroponte handelt. Andernfalls hätte der Widerstand das bereits denunziert.
In jedem Fall können wir nichts anderes tun als morgen zu sehr Vielen auf die
Straße zu gehen – aber auch danach. Es wäre eine Schande, wenn wir dasselbe
Schweigen wiederholen würden, das in Falludscha das schlimmste Massaker der
Nachkriegszeit begleitete. Danach wird es den 19.März geben, den in Porto
Alegre festgelegten globalen Aktionstag gegen Wirtschaftsliberalismus und
Krieg.“
Seid Ihr mit der <inhaltlichen> Plattform der Demonstration einverstanden ?
„Bei ‚il manifesto’
hatten sie eine optimale Position, ohne in punkto Rückzug nachzugeben. Nichts
wurde ausgeklammert, wie es hingegen im Fall der beiden Simonas <d.h. der beiden im September
2004 in Bagdad entführten und nach 3 Wochen wieder freigelassenen
NGO-Helferinnen Simona Pari und Simona Torretta> der Fall war. Das merkt man auch an Finis und
Berlusconis Wut über die mangelnde nationale Einheit. Das hat es uns
ermöglicht, in Dialog zu treten und wir haben Antworten aus der gesamten
islamischen Welt erhalten.“
Am Vorabend <der Demonstration> werden zumindest tröstliche Prognosen über die
Beteiligung abgegeben.
„Es ist klar, dass das Video
bestimmte Mechanismen ausgelöst hat. Die Beteiligung wird enorm sein. Ich
glaube, dass es uns nicht einmal gelingen wird, uns von der piazza Esedra
fortzubewegen. Entscheidend wird sein, es nicht dabei bewenden zu lassen. Die
Beständigkeit der Mobilisierung bedeutet nicht immer nur Demonstrationen und im
Mittelpunkt unserer Plattform / unseres Forderungskataloges stehen erneut <auch> die Beseitigung der Atomwaffen und die Räumung der
Militärbasen. Um den Krieg von hier aus zu verhindern.“
Checchino Antonini
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover