Antifa-AG der Uni
Hannover:
Abgeordnete
der Nachfolgepartei der im Januar 1995 auf dem Parteitag von Fiuggi aufgelösten
neofaschistischen Italienischen Sozialbewegung (MSI), Alleanza Nazionale,
brachten Anfang Februar 2005 einen geschichtsrevisionistischen Gesetzentwurf in
den italienischen Senat ein, dessen Ziel die Rehabilitierung der
Mussolini-Milizen der sogenannten Republik von Salò (1943-45) ist und ihre
Gleichsetzung mit den Partisanen der Resistenza (des antifaschistischen
Widerstandes). Zu diesem Manöver, das – angesichts der Mehrheitsverhältnisse im
Senat und in der Abgeordnetenkammer – durchaus Aussicht auf Erfolg hat,
verfasste der (Ende Februar aus anderen Gründen von seinem Posten
zurückgetretene) Chefredakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung „l’Unità“,
Furio Colombo, den folgenden Kommentar für die Ausgabe vom 14.2.2005.
Das ehemalige Zentralorgan der italienischen KP (des PCI) befindet sich
mittlerweile im Besitz der Democratici di Sinistra (Linksdemokraten – DS), die
aus dem rechten Mehrheitsflügel des 1990 aufgelösten PCI hervorgegangen sind.
Die verkaufte Auflage beträgt heute 60.000 Stück pro Tag.
Der
Kommentar:
Salò’s Rückkehr
Von Furio Colombo
Stellt Euch ein
amerikanisches Gesetz vor, das vorschlägt, diejenigen, die Martin Luther King
folgten, um das Ende der Rassentrennung zu erreichen, mit jenen gleichzusetzen
(d.h. als ebenfalls achtbare Gegner des Kampfes für die Bürgerrechte zu
betrachten), die sich weiße Hemden und Kapuzen überzogen, des Nachts Kreuze
aufstellten und in Brand setzten und die Absicht hatten, diese Trennung für
immer aufrechtzuerhalten.
Im Grunde – würde das Gesetz
sagen – waren die Einen wie die Anderen Bürger, die in gutem Glauben handelten.
Sowohl die Schwarzen, die gegen die Trennung rebellierten als auch die
Kapuzenträger des Ku Klux Klan waren Amerikaner. Oftmals arbeiteten, wenn es
gerade keine Demonstrationen gab, die Einen neben den Anderen. Dann hatte ein
Teil (die Schwarzen) die Oberhand und der andere Teil musste bei Seite treten.
Wenn wir aber die Schwarzen nicht mehr diskriminieren wollen, warum dann jene
amerikanischen Bürger im Ghetto der moralischen (und manchmal auch strafrechtlichen)
Verurteilung halten, die, um ihre Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, die
weiße Kapuze und das brennende Kreuz wählten ?
Schließlich wollten beide
(und sei es auch auf unterschiedliche Weise) ein solides und befriedetes
Amerika.
Dieses Gesetz gibt es nicht.
Existierte es, würde Amerika aufbegehren. Und die Weltmeinung würde
aufbegehren.
Aber ein Gesetz wie dieses
(und ein <noch> sehr viel schlechteres als dieses) befindet sich auf
dem Weg (jetzt im Senat und danach in der Abgeordnetenkammer) von der Mehrheit
des italienischen Parlamentes gebilligt zu werden. Es ist eine Mehrheit, die
auch Personen umfasst, die erklären, sie seien Christen, Erben der Democrazia
Cristiana (DC) und damit des aus der Resistenza (dem Widerstand)
hervorgegangenen Italiens. Und es ist im Begriff von Politikern unterstützt (ja
sogar eingebracht) zu werden, die in den jüdischen Gemeinden Italiens und in
Israel ein- und ausgehen, um politische Wurzeln und Einflüsse vergessen zu
machen und sich zu ihrer neuen nationalen und internationalen Bindung zu
bekennen.
Jetzt. Aber damals ? Das
fragliche Gesetz redet von damals. „Damals“ sind die blutgetränkten
italienischen Jahre 1943-45, die Jahre der „von Salò“ genannten faschistischen
Republik, die mit drei Vorsätzen gegründet wurde: Den Nazis zu dienen, die
Italien besetzten. Alle Antifaschisten umzubringen. Italienische und jüdische
Bürger gefangen zu nehmen.
Zehntausende jener
italienischen Bürger wurden gesucht, verhaftet und in von Italienern
kommandierte Konzentrationslager gebracht (Fossoli, San Sabba), um sie den
Deutschen auszuhändigen, zur Deportation und in die Vernichtung, über die jene
Milizionäre und ihre Befehlshaber voll auf dem Laufenden waren.
Außer sporadischen Episoden
von Gefechten an der Seite der Deutschen und gegen die alliierten Befreier geht
aus den Arbeiten der Historiker (darunter Shirer, William Deakin und Susan
Zuccotti) hervor, dass die Milizionäre der verschiedenen faschistischen
Formationen der Republik von Salò (Schwarze Brigaden, Muti-Brigaden, Decima
Mas) und auch die sog. „reguläre“ Armee jener Republik sowohl bei den Razzien
und den Erschießungen von Antifaschisten als auch in einer sorgfältigen
Identifikations-, Verhaftungs- und Deportationstätigkeit in bezug auf die
italienischen Juden aktive Aufgaben an der Seite der Deutschen wahrnahmen, die
der Nazi-Apparat ohne eifrige und aktive Kollaboration der italienischen
Faschisten nicht hätte verwirklichen können.
Nun wird es, während sich
das italienische Parlament anschickt, ein Gesetz zu verabschieden, das die
Absicht verfolgt, die Kämpfer für die Freiheit mit denjenigen gleichzusetzen,
die an der Seite der Nazis gekämpft und damit die Vernichtung in Auschwitz
unterstützt haben, notwendig, an die Hunderte von Faschisten zu erinnern, die
in den italienischen Abteilungen der SS aktiv waren – Seite an Seite mit
denjenigen, die die Massaker von Sant’Anna di Stazzema und Marzabotto begingen.
Und an die Kollaborateure der <Erschießungen von Zivilisten am 24.März 1944 in den römischen> Fosse Ardeatine sowie an die Folterer der Via Tasso <in Rom>.
Dieses Gesetz hat somit ein
fürchterliches Ziel: Sich zur blutigsten und grausamsten Periode des Faschismus
zu bekennen und die schreckliche Wunde offen zu halten, ja sogar als
Alltagsthema wieder in den Vordergrund zu rücken, die Italien gespalten hat und
die nur dann verheilen wird, wenn der Sinn der Geschichte und der schreckliche
Fehler derjenigen, die zu den Nazis hielten, anerkannt wird.
Dieses Gesetz fällt in die
Verantwortung derjenigen, die ein solches Gesetz möglich machen. Es ist diese
Verantwortung, die ihr Bild in der Geschichte kennzeichnen wird.
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover