Jul. 15, 2003
Interview mit dem Generalsekretär der
PFLP
Ein wichtiger Wesenszug dieser palästinensischen Regierung ist, wie aus
der Rede des Ministerpräsidenten deutlich geworden ist, ihre Fixierung auf
die Sicherheit. Der politische Diskurs der Regierung lässt dem Dialog
zwischen den palästinensischen Organisationen und der palästinensischen
Regierung keinen Raum. Was sie bezüglich der inneren Situation in
Palästina angeboten hat (die Neuordnung von Verwaltung, Rechtswesen,
Wirtschaft und Sozialwesen), ist ein ehrgeiziges Programm. Wir wünschen
uns, dass die palästinensische Regierung der Umsetzung dieses Programms
einen Weg bahnen wird, wiewohl die nationalen und die islamischen
Organisationen sowie die Regierung Palästinas sich dessen bewusst sind,
dass die palästinensischen Einrichtungen, die zur palästinensischen
Autonomiebehörde gehören, eine Erneuerung der Gesetzgebung brauchen. Nur
so kann das palästinensische Volk über den Weg demokratischer Wahlen neues
Vertrauen in diese Einrichtungen gewinnen, denn das soziale und
wirtschaftliche Programm kann durch die gegenwärtige Regierung nicht
verwirklicht werden.
Die Beobachter sind der Ansicht, dass die gegenwärtige
palästinensische Regierung die Regierung der Road Map ist. Bringt dieser
Plan irgendeinen Hoffnungsschimmer auf eine politische Lösung?
Die Road Map stellt einen politischen Plan dar, um sich, im Einklang
mit der politischen Vision, die Scharon und seine Regierung dem
palästinensischen Volk aufzwingen wollen, über die palästinensische Frage
und die UNO-Resolutionen hinwegzusetzen. Die palästinensische
Autonomiebehörde ist, durch die Ernennung des Innenministers und den
Austausch des Finanzministers, allen Forderungen, die die amerikanische
Administration und Israel vorgebracht haben, nachgekommen. Diesmal hat die
amerikanische Administration von den Palästinensern die Ernennung eines
Ministerpräsidenten in Person von Mahmoud Abbas (Abu Masen) gefordert. Ja,
die Serie der Zugeständnisse, die die palästinensische Autonomiebehörde
gemacht hat, fügt sich ein in den Kontext der generellen Grundrichtung der
palästinensischen Politik, die auf der Gewährung von Zugeständnissen,
unter dem Etikett von Rechtsansprüchen, zu deren Beachtung die
Palästinenser verpflichtet seien, beruht. Diese Grundrichtung hat dazu
geführt, dass der Vision von Bush, die Ausdruck einer Neuauflage des
Planes von Scharon zur Beilegung des Konflikts ist, ein festes Fundament
gegeben, und der Name „Friedensplan“ und „Verwirklichung des Traumes und
der Vision der Zweistaatlichkeit“ gegeben wurde. Doch tatsächlich ist die
Vision von Bush Ausdruck einer Kriegserklärung gegen das palästinensische
Volk, und gereicht dazu, die Logik auf den Kopf zu stellen. Durch sie wird
das palästinensische Volk, das gegen die Besatzung kämpft, in ein Volk,
das Terror praktiziert verwandelt. Die israelische Besatzung hingegen wird
von einem Apparat der Unterdrückung und des Terrors gegen das
palästinensische Volk in einen Staat, der das Recht auf Selbstverteidigung
praktiziert und sich dem palästinensischen Terror widersetzt,
verwandelt. Und was für einen Ausweg sehen Sie?
Ich rufe sämtliche nationalen und islamischen Bewegungen sowie die
Autonomiebehörde dazu auf, einen konstruktiven politischen Dialog zu
führen, der geeignet ist, die Pläne und die politische Vision zu
skizzieren, die ihrerseits geeignet sind, das palästinensische Volk aus
seiner schwierigen politischen Lage herauszuführen, was zur Verwirklichung
der gerechten nationalen Ziele (die Rückkehr, die Selbstbestimmung und die
Errichtung des unabhängigen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt) führt.
Und das wird nicht auf dem Weg der Road Map verwirklicht, sondern
erfordert es vielmehr, das Abkommen von Oslo hinter sich zu lassen und
sich von den Festlegungen und den Kreisen, die die Verhandlungen von Oslo
bestimmten (direkte Verhandlungen) zu entfernen. Denn die israelische
Regierung ist, aufgrund der Störung des Gleichgewichts und der
amerikanischen Autorität, in der Lage, von den Palästinensern in jedem
Winkel die Gewährung eines neuen Zugeständnisses zu erzwingen das den
israelischen Zielen dient. Wenn die Road Map wirklich funktionieren
sollte, dann läuft sie letztendlich darauf hinaus, dass die israelische
Besatzung durch die direkte amerikanische Mandatsherrschaft über das
palästinensische Volk ersetzt wird, und versucht wird, die
palästinensische Unabhängigkeit lebendig zu begraben, und sich an den
Resolutionen des Sicherheitsrates vorbei zu winden, der die Notwendigkeit
der Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates, der über
Souveränität und eigene Grenzen verfügt, festgeschrieben, und das
Rückkehrrecht der Flüchtlinge als Kern der Palästinafrage bezeichnet
hat. Die Bildung der palästinensischen Regierung war kaum angekündigt, da
begann die israelische Regierung bereits Forderungen zum Thema Sicherheit
vorzubringen. Wie sehen Sie im Licht dieser Lage die Intifada?
Die palästinensische Intifada ist eher eine spontane Volksinitiative
als ein Plan der nationalen und islamischen politischen Gruppen. Die
Gruppen verbanden sich mit der Intifada, aber die Intifada war in ihrer
Verbreitung, ihrem Umfang, zu umfassend als dass sie von Seiten einer
Gruppierung oder der palästinensischen Autonomiebehörde hätte gelenkt
werden können. Solange die Gründe der Intifada und des Widerstandes
fortbestehen (die Tatsache der israelischen Besatzung), werden die
Intifada und der Widerstand andauern, denn das palästinensische Volk ist
sich dessen bewusst, dass die Einstellung der Intifada eine Forderung
Israels ist, für die keine Gegenleistung erfolgen wird. Das
palästinensische Volk braucht heute die Befreiung von der israelischen
Besatzung, denn die Flammen des Widerstandes werden nicht erlöschen,
solange seine Gründe nicht aufgehört haben zu bestehen. Der Widerstand mag
geringer werden, er mag schwächer werden, es gibt keinen geradlinigen
Verlauf irgendeines Aufstandes, eines Widerstandes oder einer Intifada bei
irgendeinem Volk: an einigen Stationen rückt er vor, an anderen Stationen
weicht er zurück. So haben auch die Gespräche in Gaza (die Erklärung von
Gaza) die Notwendigkeit des Festhaltens am Widerstand und der Intifada als
einer palästinensischen Option zur Verwirklichung der nationalen Rechte
des palästinensischen Volkes bekräftigt. Es gibt einen Volks- und
Gruppenkonsens über die Notwendigkeit der Fortführung der Intifada bis zur
Verwirklichung der legitimen und gerechten nationalen Ziele des
palästinensischen Volkes (die Rückkehr, das Recht auf Selbstbestimmung und
die Errichtung des unabhängigen Staates und seiner unteilbaren Hauptstadt
Jerusalem). Das sind palästinensische Angelegenheiten, die niemand
ignorieren oder zerteilen kann, und die nationalen Rechte lassen sich auch
nicht voneinander trennen.
Die Road Map behandelt im Wesentlichen Sicherheitsfragen, ist es von
daher nicht verständlich, dass die palästinensische Regierung politische
Akzente vermissen lassen wird?
Um auf die programmatischen Pläne der palästinensischen Regierung zu
sprechen zu kommen: Diese sind fixiert auf die Beschwichtigung und die
Verpflichtung zur Erfüllung der Forderungen der Road Map. Zwar hat ein
palästinensischer Verantwortlicher verkündet, dass durch die Ernennung des
Ministerpräsidenten und die Bildung der neuen Regierung, die
Autonomiebehörde allen Erfordernissen der ersten Phase nachgekommen sein
dürfte und es an der israelischen Regierung sei zu reagieren. Amerika und
Israel jedoch sagen, dass die grundlegende und wesentliche Frage die
Bewahrung der Sicherheit ist. Und Israel sagt, dass die Aufgabe der
palästinensischen Regierung eine Sicherheitsaufgabe ist und dass sie die
Sicherheit bewahren soll. So hängt der politische Fortschritt nicht im
Mindesten vom Willen der Palästinenser ab. Keine Regierung kann den
politischen Verlauf bestimmen, wenn sie als Ergebnis des Befolgens von
Forderungen und des Drucks von Außen zustande gekommen ist. Wer
akzeptiert, dass er unter politischem Druck steht, der muss den
politischen Fortschritt von Seiten Israels erhoffen, über die
wohlwollenden Gunstbezeigungen des Militärapparats. Denn Israel ist es,
das mit Unterstützung Amerikas den politischen Fortschritt bestimmt und
den Verlauf der Friedensregelung kontrolliert, während die Palästinenser
fortfahren müssen, Zugeständnisse zu machen, für die sie als Gegenleistung
nur die bloße Aussicht auf Versprechungen der Umsetzung dieser oder jener
Einzelbestimmung der Road Map bekommen. So wird der politische Fortschritt
nicht auf der Grundlage palästinensischer Rechte erfolgen, die Israel
wiederherzustellen hat. So wird die Rückkehr zum Provisorium nur zu einer
Wiederherstellung derselben Krise führen, durch die der Verlauf der
Verhandlungen vor dem Ausbruch der Intifada hindurchgegangen war. Und ich
hoffe, dass die neue Regierung ihre Politik nicht auf der Pyramide der
Hirngespinste der „Road Map“ aufbauen wird. Denn dies würde zu einem
inneren Widerspruch führen, da zur selben Zeit die palästinensische Sache
der Mobilisierung sämtlicher Elemente der Kraft und der Standfestigkeit
bedarf, um dem amerikanisch-israelischen Plan die Stirn zu bieten.
Es gibt Stimmen, die sagen, dass Israel die Palästinenser und die
Araber dreimal besiegt hat: das erste Mal bei der Katastrophe des Jahren
1948, das zweite Mal bei der Unterzeichnung des Abkommens von Oslo und das
dritte Mal bei der Annahme der Road Map.
Es gibt einen Unterschied, zwischen der Tatsache, dass Israel Regime
besiegt und der, dass es die Völker besiegt - oder diese besiegen Israel
-, denn es hat militärische Siege und politische Erfolge errungen: Über
den politischen Verlauf, der sich in der Unterzeichnung des Abkommens von
Camp David darstellte, dem Herausziehen Ägyptens aus dem Kreis des
Konflikts, sowie dadurch, dass es im Rahmen der Verhandlungen von Madrid
seine Bedingungen diktierte und dem, was das Abkommen von Oslo
hervorbrachte. Es mag sein, dass Israel einen Sieg über die
palästinensische Autonomiebehörde errungen hat, doch einen Sieg über das
palästinensische Volk wird es nie erringen, denn sämtliche so genannten
Sicherheitspläne, die Israel entworfen hat, um die palästinensische Sache,
den Widerstand und die Intifada zu eliminieren, sind im Fiasko geendet,
sind doch die täglichen Ereignisse in Palästina eine Bestätigung dafür,
dass der Widerstand von Dauer ist und dass der Widerstand die Kraft
besitzt, auf die israelische Politik Eindruck zu machen. Denn das Bestehen
auf der Umsetzung der Road Map ist ein Versuch, den Widerstand und die
Intifada zum Stehen zu bringen. Denn der Sieg über das Volk, den Willen,
die Kraft und den Widerstand ist keine leichte Sache, werden die Intifada
und der Widerstand doch andauern, bis die legitimen nationalen
palästinensischen Ziele verwirklicht sind.
Amerika betont, dass die Verhandlungen über die Road Map
durchgeführt werden müssen. Wo bleiben dann die früheren Abkommen und
Übereinkünfte?
Die Road Map ist die Rückkehr zu den Verhandlungen unter schlechteren
Bedingungen als zuvor. Heute dreht sich das Gespräch um die internationale
Aufsicht (die amerikanisch-britische Aufsicht). Die Gefängnisse der
Autonomiebehörde sind unter Aufsicht gestellt worden: So war das Gefängnis
von Jericho vor der Besetzung des Irak unter britisch-amerikanischem
Mandat. Und es ist die Rede von der Aufsicht über die Sicherheit. Es gibt
eine „palästinensisch-jordanisch-ägyptisch-amerikanische“
Sicherheitskommission, die den Wiederaufbau der palästinensischen
Sicherheitsorgane beaufsichtigt, es gibt eine Aufsicht über den
palästinensischen Apparat und die palästinensischen Maßnahmen. So ist die
Aufsicht schlimmer als die Besatzung.
Der Plan von Scharon bietet keinen Raum für jedwede Errichtung eines
palästinensischen Staates. Bedeutet dies nicht, dass Scharon fortfahren
wird, sich der Gewalt und der Machtausübung gegen das palästinensische
Volk zu bedienen?
Das Programm von Scharon (als Person, Partei und Regierung) zeigt keine
Bereitschaft, die UNO-Resolutionen umzusetzen oder überhaupt zu
akzeptieren, fordert Scharon doch, das Recht auf Rückkehr noch vor der
Umsetzung der Road Map zu tilgen. So wird die Gewalt der Regierung Scharon
gegen das palästinensische Volk nicht aufhören, glaubt doch Scharon daran,
seine politischen Bedingungen durch Verwendung der Gewalt aufzwingen zu
können, die von Seiten der amerikanischen Administration politisch gedeckt
wird. Und der Gewalt Scharons stellen sich die Intifada und der Widerstand
in den Weg, um Scharon die gebührende Antwort zu geben, denn der Weg die
Befreiung von der israelischen Gewalt erfordert die Umsetzung der
UNO-Resolutionen, das Garantieren des Rückzugs der israelischen Besatzung
auf die Grenzen des Jahres 1967, das Garantieren des nationalen
palästinensischen Rechts auf Unabhängigkeit auf dem nationalen Boden und
die Errichtung eines palästinensischen Staates mit einer Souveränität, die
nicht durch irgendwelche Bedingungen oder Diktate beschränkt ist.
Was sind gegenwärtig die Verbindungen zwischen der palästinensischen
und der irakischen Frage?
Die Verbindungen bestehen in erster Linie in der Zugehörigkeit des
palästinensischen Volkes und der Zugehörigkeit des irakischen Volkes zur
arabischen Nation. Und die israelische und amerikanische Aggression haben
bewiesen, dass das palästinensische Volk den tieferen Zusammenhang
zwischen dem Angriff auf den Irak und dem israelischen Angriff auf das
palästinensische Volk kennt, denn die Völker merken sich die Namen der
Schlachten und lernen aus ihnen mehr als das, was sie in Jahren sonst
lernen. Die Völker lernen aus der unmittelbaren Beobachtung der Ergebnisse
des Krieges, die sich in der Realität widerspiegeln, und es gibt ein weit
reichendes arabisches Volksbewusstsein dessen, dass der Angriff auf die
arabische Nation abzielt, nicht nur auf das Volk des Irak und Palästinas.
Denn es ist dahin gekommen, dass „die Potentiale, die Kultur, die
Identität, die Würde und die Zivilisation der arabischen Nation” bedroht
sind von der Gefahr der Zerschlagung und der Unterdrückung und dass der
arabischen Nation von Seiten Amerikas neue Denkweisen aufgezwungen werden.
Und dieses amerikanische Programm ist kein Geheimnis, vielmehr ist es das,
von dem Colin Powell unter dem Schlagwort der Entwicklung einer neuen
„demokratischen“ Kultur „und der Entwicklung der Demokratie in der
gesamten Region des Nahen Ostens” geredet hat. Und die Frage ist, ob sich
dieses Volksbewusstsein nicht in den politischen Apparaten widerspiegeln
muss, den Instanzen des palästinensischen Volkes, die aufgrund ihrer
Stellung und ihrer Programme im Widerspruch zum neuen amerikanischen Plan
stehen, der die Kontrolle über die Potentiale der arabischen Nation zum
Inhalt hat. Denn das Volksbewusstsein muss sich in Form von wirklichen
Programmen widerspiegeln, die sich zum Ausgleich der entstandenen
Gegensätze und der Festlegung der Aufgaben, die diese arabischen Parteien
anpacken sollen inspirieren lassen. Wollen sie etwa abwarten, bis Amerika
daran geht, Syrien oder den Libanon anzugreifen, und darauf Jordanien und
womöglich Saudi-Arabien und womöglich als nächstes Ägypten oder Libyen?
Die Araber müssen ihre Lektion lernen, denn der Preis war hoch, der dafür
bezahlt werden musste, dass sie nicht bereit waren, den Irak zu
verteidigen.
Sollen die Araber abwarten, bis es Amerika gelungen ist, dem
irakischen Volk seinen politischen Plan aufzuzwingen?
Der Kampf im Irak ist noch nicht zu Ende. Auch wenn der amerikanische
Imperialismus in der Lage gewesen ist, das Regime zu besiegen, so kann er
doch nicht das irakische Volk besiegen, denn der Volkswiderstand in den
vielfältigen Formen des Protestes gegen die amerikanische Aggression zeugt
von der Fortdauer des irakischen Widerstandes. So lautet die irakische
Forderung heute, dass diejenigen, die die Geschicke des irakischen Volkes
lenken, die Iraker selbst sein sollen, wobei die Iraker an der Einheit des
Irak festhalten. Denn trotz des Vorhandenseins einiger opportunistischer
Stellungnahmen von Seiten einiger Gruppen der irakischen Opposition, die
die Parole der positiven Neutralität propagieren ist sich das irakische
Volk heute dessen bewusst, dass es einer Mobilisierung aller Schichten des
Volkes im Rahmen einer fest gefügten Einheit und Front bedarf, um dem
amerikanischen Imperialismus die Stirn bieten zu können. Von welcher
positiven Neutralität reden sie da, angesichts des amerikanischen
Überfalls, der das Volk des Irak zum Ziel hatte und die Potentiale und die
Einheit des Irak? Was von Amerika heute im Hinblick auf den Irak behauptet
wird ist die Errichtung eines liberalen demokratischen Staates, und zur
selben Zeit will Amerika sich mit Machtmitteln „die Potentiale des
irakischen Volkes“ aneignen. Amerika will das Öl und die Bodenschätze des
Irak rauben.
Denn die Vision von Bush enthält einen weiteren Punkt, der
im Rahmen der Gestaltung der allgemeinen israelischen Politik seinen Platz
hat. Er hängt zusammen mit der Auswechslung der palästinensischen Führung.
Diese Vision beschränkt sich nicht auf die Personen, sondern umfasst
Änderungen an der Grundrichtung der palästinensischen Politik, hin zu
einer Grundrichtung, die den israelischen Sicherheitsbedürfnissen und der
israelischen Vision folgt.
Und dies führt zum Verzicht auf die
fundamentalen palästinensischen Anliegen, in erster Linie des Rechts der
Flüchtlinge auf Rückkehr. So ist es die Vision von Bush, die das Fundament
für den Bau dessen gelegt hat, was Road Map genannt wird.
Die Road Map
bringt in ihrem Rahmen im besten Fall die Rückkehr des palästinensischen
Volkes in den Teufelskreis der sinnlosen Verhandlungen, die nach sieben
Jahren in Camp David in eine Sackgasse gelangten. Und die Road Map erlegt
sogar, im Sinne des Vertauschens des Provisoriums mit den Verhandlungen
(unabsehbar lang sich hinziehenden Verhandlungen), schlimmere Bedingungen
auf als die Bedingungen, die das Abkommen von Oslo reichlich innehatte,
und das ist gegenwärtig ein Konzept, das mit der Vision von Scharon auf
das Engste verwandt ist.
Außerdem verknüpft die Road Map die
Ausführungsschritte im Hinblick auf die internationale Rolle mit dem Stand
dessen, was von der palästinensischen Seite an Verpflichtungen eingegangen
wird, womit die Sicherheitsverpflichtungen gemeint sind. Die Regierung
Mahmoud Abbas ist auf dem Fundament der Befolgung der Road Map gebaut und
konzipiert. Das Wesen des Programms der neuen palästinensischen Regierung
besteht in seiner funktionalen Sicherheitsrolle. Es ist nicht
verwunderlich, dass der Innenminister Mahmoud Abbas selbst ist, denn der
Innenminister ist eng verknüpft mit der Bewahrung der Sicherheit, seine
Funktion hat nur mit Sicherheit zu tun. Saadat wies darauf hin, dass die
Ankündigung der Road Map nicht gleichbedeutend sei mit ihrer Umsetzung,
denn Israel wolle den Palästinensern, aufgrund des Ungleichgewichtes der
Kräfte und der unbedingten Unterstützung Amerikas für die israelische
Politik (die Bedingung des Einstellens der Intifada und des Widerstandes),
seine Diktate und Forderungen aufzwingen. Heute besteht die Funktion und
die unmittelbare Aufgabe der palästinensischen Regierung bis auf Weiteres
in der Ankündigung der Road Map, eines Planes, der den Gegensatz zwischen
dem palästinensischen Volk und der Besatzung in die Reihen des
palästinensischen Volkes verlagert.
Die Bildung der palästinensischen
Regierung zielt nicht darauf ab, Lösungen für die gesellschaftliche,
wirtschaftliche und kulturelle Notlage ausfindig zu machen, die das
palästinensische Volk durchlebt, denn die Bildung der Regierung hat zwar
die Autonomiebehörde und das Zentralkomitee der Organisation Fatach aus
seiner inneren Krise geführt, steht jedoch in keinem Zusammenhang mit dem
Herausführen des palästinensischen Volkes aus seiner schwierigen Lage.
Die gegenwärtige Phase lässt sich als schwierig charakterisieren.
Sie verlangt von sämtlichen nationalen und islamischen Gruppen und den
politischen Instanzen und Institutionen des Volkes einen hohen Grad an
Verantwortlichkeit, die Bewahrung der inneren nationalen palästinensischen
Einheit sowie die Erhaltung der Errungenschaften der Intifada und der
internationalen Erfolge, wie z.B. der UNO-Resolutionen, die die Errichtung
eines unabhängigen palästinensischen Staates, als Ausdruck des Rechtes des
palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung, vorsehen. Die
palästinensische Verantwortlichkeit verlangt Lösungen, die weiter reichen
als zur Bildung einer Regierung oder die Ernennung eines
Ministerpräsidenten, denn diese Lösungen sind Angelegenheiten der
Palästinenser, und es ist nicht richtig, dass sie von außen aufgezwungen
werden, da dies nämlich die Stabilität bedroht.
Es ist nötig, dass wir
Druck ausüben, dass die Verhandlungen vom Rahmen der direkten
Verhandlungen unter der amerikanischen Schirmherrschaft in den Rahmen der
Vereinten Nationen verlagert werden. Den Vereinten Nationen obliegt es,
dass sie direkten Druck auf Israel ausüben, mit dem Ziel der Umsetzung der
Beschlüsse der internationalen Legalität, die die Palästinafrage
betreffen. Die vordringliche Aufgabe, die den Vereinten Nationen heute
zufällt, ist es, dem palästinensischen Volk den internationalen Schutz zur
Verfügung zu stellen und nicht den amerikanisch-britischen Schutz, der in
der Weise der Besetzung des Iraks verwirklicht wird. Durch den Schutz, den
das palästinensische Volk für eine befristete Phase fordert, soll über die
direkte Wahl vom Volk und ein modernes und demokratisches Wahlgesetz die
Errichtung des palästinensischen Staates gefestigt werden, das den
Erfordernissen der Entwicklung der Demokratie in Palästina nachkommt und
nicht der Steigerung der Sicherheitsbedürfnisse von Amerika oder
Israel.
Die Road Map stellt mit ihren willkürlichen Verdrehungen der
Rechtsansprüche und der Bestimmungen einen politischen Deckmantel dar für
die israelische Knute, die gegen das palästinensische Volk Verwendung
findet.
Der Kampf des palästinensischen Volkes landet in der Schublade
des Terrors, während der israelische Terror gegen das palästinensische
Volk so charakterisiert wird, als sei er die Bekämpfung des „Terrors“. Auf
diese Weise ist die Road Map in ihrem Wesen ein amerikanischer Trick, der
unternommen worden ist auf der Grundlage der Vision von Bush, die sich an
den UNO-Resolutionen, die die Errichtung des palästinensischen Staates
vorsehen, vorbei winden will.
Die Road Map hat die Inhalte und die
Grenzen gemäß den israelischen Sicherheitsbedürfnissen festgelegt, und sie
zielt im Wesentlichen darauf ab, dass Israel in die Lage versetzt wird,
sich der Palästinafrage, des Widerstandes und der Intifada zu bemächtigen.
Amerika will die Sache der Palästinenser durch die Rückkehr zu den
Verhandlungen, die der Intifada vorausgingen schmälern. Der amerikanische
Plan richtet sich umfassend auf das arabische Vaterland, und Israel ist
ein Hauptverbündeter in diesem amerikanischen Plan. Dieser zielte zu
Beginn darauf ab, die Machtzentren in Palästina mittels des
Militärapparats von Scharon zu zerschlagen, den Irak und die Machtzentren
der arabischen Nation zu zerschlagen und danach dazu überzugehen dem Rest
der arabischen Welt ihr Diktat auf zu zwingen, damit Amerika in die Lage
versetzt wird, die Region des Nahen Ostens neu zu ordnen. Diese politische
Sicherheitsordnung die das Fundament für die totale amerikanische
Hegemonie, unter Teilhaberschaft Israels als regionaler Hegemonialmacht
bildet, zielt darauf ab, die Araber zu zähmen und sie zum Nachgeben zu
zwingen, wie es sich auch in der arabischen Initiative zum Frieden zeigt,
ohne dass Israel oder Amerika irgendeine Gegenleistung erbracht
hätten.
Nach diesem Plan müsste die Lösung auf dem Weg direkter
Verhandlungen zwischen den „Palästinensern und den Israelis“ kommen und
nicht auf dem Weg der Bestimmungen der Beschlüsse der internationalen
Legalität. Durch diese Schaumschlägerei – das amerikanische Konzept der
Verhandlungen ohne Endresultat - wird die Palästinafrage von Krise zu
Krise geführt. Denn die Road Map ist ein Plan, der weit davon entfernt
ist, eine Frucht der vielen Opfer zu sein, die das palästinensische Volk
über die Jahre der Intifada und des Widerstandes erbracht hat.
Und Amerika hat es unternommen, auf dem Weg des Diebstahls
der Kunstwerke und anderer Zeugen der Vergangenheit die historischen
Monumente der irakischen Zivilisation zu rauben. Amerika hat die Kultur-
und Bildungseinrichtungen zerstört um das Bild des Iraks unkenntlich zu
machen. So vollzieht sich die Konfrontation mit den Amerikanern heute von
Angesicht zu Angesicht, und es findet sich kein Rechtfertigungsgrund für
irgendeine politische Partei, sich ihren Pflichten im Hinblick auf den
Kampf zu entziehen. Der Krieg kann keiner von Gruppierungen oder von
Parteien sein, denn der Kampf von Parteien fördert die Umsetzung der
amerikanischen Planung, die auf eine Teilung des Irak abzielt. Und den
Irakern obliegt es, auf die Errichtung eines demokratischen politischen
Systems hinzuwirken, und dieses politische System wird nur dann national
und demokratisch sein, wenn es sich auf die Basis des Kampfes gegen die
neue imperialistische amerikanische Besatzung, des Hinwirkens auf ihre
Vertreibung und der Verwirklichung der nationalen Unabhängigkeit für das
irakische Volk stützt.