Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
In ihrem
Artikel über den zweiten und letzten Tag der nationalen CGIL-Delegierten- und
Funktionärsversammlung in Chianciano (bei Siena)
konzentriert sich die linksunabhängige italienische Tageszeitung „il manifesto“ mehr auf die Einschätzung dieser Tagung.
Dabei liegt das Schwergewicht auf den Öffnungssignalen, die der Generalsekretär
der CGIL-Metallarbeitergewerkschaft FIOM, Gianni Rinaldini,
zwei Wochen vor dem vorgezogenen nationalen Kongress seiner Organisation,
plötzlich in Richtung der kleineren und rechteren Branchengewerkschaften
FIM-CISL und UILM aussendet, die der eher linken FIOM (und der Mehrheit der
Metallarbeiter) in den letzten zweieinhalb Jahren mit diversen Separatabschlüssen
in den Rücken gefallen waren. Dieser sehr interessante Artikel erschien in der
Ausgabe vom 15.5.2004.
Nach Melfi:
Rinaldini vollzieht eine Öffnung
Der FIOM-Sekretär
in Chianciano: „Ist die FIM mit der Urabstimmung einverstanden ? Die
Dinge zwischen uns können sich ändern.“ Der CGIL-Führer Epifani:
„Entweder ändert die Regierung ihre Linie oder es wird einen neuen Streik
geben.“
Manuela Cartosio –
Korrespondentin in Chianciano
Die beiden Tage der
CGIL-Versammlung in Chianciano hatten drei
Protagonisten: Epifani, Pezzotta
und Rinaldini. Ihre Diskussionsbeiträge wurden mit
der größten Stille oder dem stärksten Beifall der Anwesenden verfolgt. Die
Versammlung der Kader und der Delegierten kennzeichnete das Tauwetter zwischen
CGIL und CISL und zugleich die maximale Annäherung zwischen CGIL und
FIOM. Der Kontext dieser doppelten Bewegung ist der politische Fakt
dieses Treffens, das die CGIL auf halber Strecke zwischen einem Kongress und dem
anderen abhält. Es kehrt das um, was Einige sich wünschten und Andere hofften.
Das Tauwetter zwischen CGIL und CISL findet nicht auf Kosten der FIOM statt und
drängt die Metaller nicht in die Ecke. Paradoxerweise war es die FIOM, die mit
dem in Melfi <beim dreiwöchigen wilden Streik im süditalienischen
FIAT-Werk Ende April / Anfang Mai 2004>
erbrachten Beweis ihrer Weisheit und Entschlossenheit, die die CISL dazu
gezwungen hat das Register zu wechseln. Der <CISL-Generalsekretär> Pezzotta der „übereinstimmenden Pluralismen“
von Chianciano ist nicht der Pezzotta
des „Wir sind in allen Punkten verschieden“ <in der Zeit> des
„Paktes für Italien“. Nachdem sie <im Frühsommer 2002> jenen Pakt unterzeichnet hatte, bekam die CISL von der Regierung nur
Schläge ins Gesicht. Die genügten, um die CISL zu einem Überdenken ihrer
Position zu bewegen. Melfi hat das zur Pflicht
gemacht. In diesem Sinne betrifft das wirklich Neue eines internen CGIL-Termins
die CISL. Epifani hat in Chianciano
seinen Führungsanspruch konsolidiert. „Wir sind bei den grundlegenden
Entscheidungen eine sachliche, entschlossene und einheitliche / die Einheit
suchende Kraft und von sehr viel Subjektivität durchdrungen“, sagte er im
Schlusswort. Er übermittelte „Sergio“ <Cofferati, seinem Vorgänger
auf dem Posten des CGIL-Chefs>, der
im „schwierigen und bedeutenden“ Kampf <um den Bürgermeistersessel> von Bologna engagiert ist <und am 13.6.2004 den rechten
Amtsinhaber mit fast 60% der Stimmen bereits im ersten Wahlgang besiegte>, seine besten Wünsche und griff die von Cofferati benutzte Metapher von der CGIL als einem Schiff,
das durch den Nebel navigiert, wieder auf. „Ein bisschen von der Wegstrecke in
jenem Meer haben wir zurückgelegt und haben – fest den Kurs haltend – viele
andere Schiffe aus dem Nebel auftauchen sehen, die sich uns angeschlossen
haben. Wir waren in der Lage sie zu sichten und eine Kollision mit ihnen zu
vermeiden.“
In Sachen Steuern und Renten
sprechen Epifani und Pezzotta
(gestern in Turin bei einem Seminar der CISL) ein und dieselbe Sprache. Der
Streik des öffentlichen Dienstes am 21. Mai wird auch den Protest gegen die Renten“reform“ übermitteln. Danach werden CGIL, CISL und
UIL darüber entscheiden, wie die Mobilisierung fortgeführt werden soll. „Wenn
notwendig bis zum Generalstreik“, nimmt Epifani
vorweg, stellt jedoch klar, dass es nicht nur um die
Renten gehen wird. Sowohl die CGIL als auch die CISL warten auf die
Antrittsrede von Luca Cordero Montezemolo
im Spitzenamt der Confindustria, um die
Beschaffenheit einer bislang nur angekündigten Öffnung zu messen. Unterdessen
machen sie mit dem Vorschlag an den neuen <Unternehmerverbands-> Präsidenten weiter, das mit <seinem
Amtsvorgänger> D’Amato unterzeichnete Abkommen für die Entwicklung wieder
aufleben zu lassen, das „toter Buchstabe geblieben ist“. Epifani
bekräftigt, um das Terrain vorzubereiten, die Gegnerschaft der CGIL gegen die
von <Finanzminister> Tremonti angedachte Kürzung der Anreize für die Unternehmen, um den
Steuerdruck zu lindern.
Es gab Erwartungen wie Gianni
Rinaldini in der die Geister scheidenden
Frage der gewerkschaftlichen Demokratie auf Pezzotta
antworten würde. Der Sekretär der FIOM hat <vor allem>
diesen Punkt festgehalten: das Gesetz über die Repräsentativität ist notwendig,
weil die <Tarif-> Abkommen alle Werktätigen betreffen und nicht nur
die Gewerkschaftsmitglieder. „Derjenige, der bis vorgestern die Meinung
vertreten hat, dass man – unabhängig von ihrer Farbe – mit allen Regierungen
verhandeln müsse, der komme uns <jetzt> nicht
und erzähle, dass man dieses Gesetz <dem Parlament>
nicht vorlegen könne, weil es diese rechte Regierung gibt.“ Nachdem er gegen Pezzotta gestichelt hat, verzeiht Rinaldini
der Mitte-Linken rückblickend nicht: „Wenn jemand dieses Gesetz gemacht hätte
als er sollte, hätte es keine vier Jahre Separatabkommen gegeben.“ Nachdem er
die Pünktchen auf’s „i“ gesetzt hatte, tat Rinaldini das Seine zu einer Öffnung: In Melfi habe die <CISL-Metallergewerkschaft> FIM „alle erstaunt“. Als FIAT den Text des Abkommens
vorlegte, habe sie gesagt, dass sie „nach“ der Urabstimmung unterschreiben
würde. Wenn die Metaller der CISL nicht nur in Melfi
die Urabstimmung über das Mandat, Abkommen abzuschließen, akzeptieren würden,
“ist es möglich ein neues und anderes Umgehen miteinander zu beginnen“.
Rinaldini korrigiert Epifani, indem
er die Lage noch schwärzer darstellt: „Wir sind über den industriellen
Niedergang hinaus. Wir befinden uns im Zustand der Zerrüttung.“ Das Schicksal
von Mirafiori <dem Turiner Hauptwerk von FIAT> sei besiegelt. Nur eine Rückkehr zur öffentlichen
Intervention in die Wirtschaft könne die italienische Industrie retten. Ebenso
klar und deutlich ist Rinaldini in bezug auf die Einkommenspolitik, weil richtig sei, das sie die Einkommen umverteilen müsse und zwar ausgehend von
den nationalen Tarifverträgen – stellte er klar. Sonst würde man den „Aderlass“
der Löhne niemals aufhalten. Ohne Umverteilung des Reichtums „kann es keinen
Pakt zwischen den Produzenten geben“ (den Epifani in
seinem Bericht in die Diskussion geworfen hatte).
Auch Giampaolo
Patta, Exponent der CGIL-Linken <ehemals Democrazia Proletaria-, dann Rifondazione-
und heute PdCI-Mitglied und einer der beiden
Vertreter der Gewerkschaftslinken im Nationalen Sekretariat der CGIL>, vertritt die Auffassung, dass man auf das Gesetz
über die Repräsentativität nicht verzichten könne. „Im öffentlichen Dienst gibt
es das und es funktioniert. Es wurde nicht von oben aufgezwungen und die CISL
verteidigt es. Warum sollte es ein ähnliches Gesetz nicht auch für den Privatsektor
geben ?“ Patta erinnert
daran, dass Bush am 4.Juni in Italien sein wird. „Wir müssen einen Weg finden,
um friedlich zu demonstrieren, dass die Italiener diesen Krieg nicht wollen.“ Epifani greift das nicht auf. Er sieht es als Verdienst der
CGIL an, dass die Mitte-Linke endlich den Rückzug unserer Truppen aus dem Irak
fordert. Was aber den Empfang von Bush anbelangt, weicht er aus.
Die „Reformer“ der CGIL
(d.h. der rechte Flügel) sehen in Chianciano nur die
Annäherung an die CISL. Nun, da man die Notwendigkeit der Einheit „mit den
Anderen“ wiederentdeckt, kommentiert Aldo Amoretti,
wäre es merkwürdig die Einheit „unter uns“ für überflüssig zu halten.
Übersetzung: Gebt uns einen Sitz im Sekretariat.
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover