Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
größte der linken Basisgewerkschaften im Öffentlichen Dienst Italiens sind die
Basisvertretungen (RdB), die zusammen mit der Metallergewerkschaft FLMU
einen der beiden Hauptstützen des Einheitsgewerkschaftbundes der Basis (CUB –
real 18.000 Mitglieder) bilden. Da lag es nahe mit einem ihrer Sprecher im
Vorfeld der RSU-Wahlen im Öffentlichen Dienst ein Interview zur Lage in diesem
Sektor und zu ihrer Kandidatur zu führen. Diese Aufgabe übernahm der für seine
guten Kontakte zu den Basisgewerkschaften bekannte Redakteur der von
Rifondazione Comunista herausgegebenen Tageszeitung „Liberazione“, Fabio
Sebastiani. Es erschien dort am 11.11.2004.
Interview
mit Mimmo Provenzano (Sprecher der RdB des öffentlichen Dienstes):
„RSU – Gelegenheit für Demokratie
und Rechte“
Was stellt der Wahltermin
für Euch dar ?
„Die Erfahrung dieser 6
Jahre der Konstituierung der Einheitlichen Gewerkschaftlichen Vertretungen
(RSU’en) hat ihre Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit sehr stark reduziert. Aber
wir sind Optimisten. Die gewerkschaftlichen Repräsentanzen sind nicht mit einer
ausreichenden Rolle und ausreichenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattet.
Sie wirken nicht an der Festlegung der tarifpolitischen Forderungen mit noch
verschaffen sie den Abkommen Geltung. Wir haben diesen RSU-Wahltermin als eine
Gelegenheit definiert, um Demokratie, Konflikt und Tarifmacht wiederzubeleben.
Die Werktätigen sollen nicht diejenigen unterstützen, die ihnen einen vom Pferd
erzählen, sondern diejenigen, die Programme, Ideen und Kampfforderungen auf den
Tisch legen.“
Die Regierung ist immer
stärker Gegenseite…
„Die Regierung fährt
mittlerweile einen systematischen Angriff auf die öffentliche Verwaltung und
steht damit in Kontinuität zu den vorangegangenen Regierungen. Wobei sie den
Werktätigen immer mehr zur Verteidigung des kontinuierlich durch
Ausgliederungen, Entlassungen, Privatisierungen, Einstellungsstopp und massiven
Rückgriff auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse geschundenen Öffentlichen
Dienstes zwingt.“
Ihr hattet vorgeschlagen,
auch die prekär Beschäftigten abstimmen zu lassen…
„Das hat unter den
Beschäftigten und auch bei Teilen der Gewerkschaftsbünde <CGIL-CISL-UIL> in den Arbeitsstätten (die sich diesem Vorschlag
anschließen) eine große Wirkung gehabt. Wir werden eigens dafür vorgesehene
Wahlurnen vorbereiten, um ihnen das Wahlrecht zu geben und das Recht gewählt zu
werden. Und wir werden dafür kämpfen, dass die <dabei>
Gewählten mit vollen Rechten Teil der RSU’en werden. Teile der konföderalen
Gewerkschaftsbewegung <d.h.
von CGIL, CISL und UIL> schließen
sich diesem Vorschlag an. Wenn die CGIL in ihrer Gesamtheit wirklich
einverstanden wäre, hätte sie rechtzeitig dafür kämpfen und diese Entscheidung
dann auch umsetzen müssen.“
Was erwartet Ihr Euch von
diesen Wahlen ?
Wir erwarten die Bestätigung
einiger Signale, die wir bereits registriert haben. Wir haben keinen Wahlkampf
geführt, bei dem wir den Leuten etwas vorgemacht haben. Wir haben konkrete
Aktionen durchgeführt, wie den Aktionstag zum Thema Lohn und den zur prekären Beschäftigung.
Ab morgen werden wir dasselbe zum Thema Abfindungen (TFR) und Rentenfonds
machen. Aktionen, die auf eine große Zustimmung trafen. Wir erwarten, dass
dort, wo wir bereits vertreten sind, die prozentualen Ergebnisse bestätigt
werden und wir die Repräsentativität dort erringen, wo es uns bisher noch nicht
gelungen ist.“
Welche Kräfte habt Ihr
aufgeboten ?
„Wir treten in allen
Bereichen an. Mit 10.000 Kandidaten <???> und einem
Zuwachs an Kandidatenlisten, der sich um die 20% herum bewegt. Von den
Beschäftigten kommt die Forderung nach größerer Radikalität. Nicht so sehr vom
Gesichtspunkt der gewerkschaftlichen Praxis aus, sondern von der Feststellung
der Ziele her: Lohn, Rechte, Würde, um es mit dem Slogan zu sagen, der unseren
Wahlkampf begleitet.“
Kommen wir zum Tarifvertrag.
Wie lauten da Eure Forderungen… ?
„Unsere gewerkschaftliche
Forderung entspricht – auch wenn sie heftig erscheint – der Zahl diverser
Forschungsinstitute, die von einer Kürzung der Kaufkraft der im Öffentlichen
Dienst Beschäftigten um 19% gesprochen haben. Ohne dabei zu berücksichtigen,
dass sie durch die Blockade des Turn over gezwungen sind, höherwertige
Aufgaben zu erledigen und ihnen – trotz der Privatisierung des
Arbeitsverhältnisses – die korrekte Eingruppierung <in die Lohn- und
Gehaltsklassen> nicht in dem Maße
zuerkannt wird, wie es der Fall sein müsste.“
Ihr seid besonders an der
Front der prekären Beschäftigung engagiert…
„Über den Öffentlichen
Dienst hinaus erregt dieses Thema gegenwärtig die Aufmerksamkeit der
politischen Welt. Im Gegensatz zur Vergangenheit gibt es eine größere
Sensibilität, mehr Bewusstsein und Bereitschaft seitens der sogenannt stabil
Beschäftigten dafür. Die Idee, dass die prekäre Beschäftigung auch eine Art
ist, um die Rechte derjenigen zu reduzieren, die über ein stabiles
Arbeitsverhältnis verfügen, beginnt sich durchzusetzen.“
In Eurem Programm gibt es
auch einen Punkt gegen die Einzahlung der Abfindungen (TFR) in die Rentenfonds…
„Wir sind entschieden gegen
die zusätzliche Altersvorsorge. Nicht so sehr aufgrund eines ideologischen
Problems, sondern aufgrund eines praktischen Problems. Die zwangsweise
Schließung des Fonds <im
Falle eines Bankrotts> bedeutet, dass
er aufhört, die Auszahlung der Leistungen vorzunehmen und dass das Vermögen
liquidiert wird. Wir sehen nicht, warum man mehr bezahlen muss, um sich ein
angemessenes Rentenniveau zu sichern. Und warum man das nicht in einem
öffentlichen System machen darf. Wir sind für die Bildung eines öffentlichen
Fonds mit freiwilliger Beteiligung.“
Fabio Sebastiani
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover