Antifa-AG der Uni
Hannover:
Die Auseinandersetzung
innerhalb des Partito della Rifondazione Comunista (PRC) spitzt sich weiter zu.
Um die sehr knappe Mehrheit (55%) zu sichern, die er für seinen Kurs der
bedingungslosen Beteiligung an einer erhofften künftigen Mitte-Links-Regierung
in Italien hat, greift Parteisekretär Fausto Bertinotti mittlerweile immer offener
zu undemokratischen Methoden. Der neuste Handstreich ist die faktische
Absetzung des erst seit kurzem amtierenden Regionalsekretärs im
süditalienischen Kalabrien, des einzigen von einem Teil der parteiinternen
Opposition (der traditionalistischen Strömung um die Zeitschrift „l’Ernesto“) geführten
Regionalverbandes. Dabei gelang es Bertinotti, die Rivalitäten unter den
verschiedenen Strömungen der parteiinternen Linken geschickt für sich
auszunutzen. Über die Details berichtet die linksunabhängige Tageszeitung „il
manifesto“ vom 16.7.2004:
RIFONDAZIONE
COMUNISTA:
Der Regionalverband Kalabrien unter
kommissarischer Verwaltung.
„L’Ernesto“ in Aufruhr: „Ein gravierender
Vorgang ohne Gleichen“
M.Ba.
Eine hitzige Leitungssitzung
gab es gestern bei Rifondazione Comunista. Mit einem mit großer Mehrheit
getroffenen Beschluss erreichte Bertinotti nämlich, dass der Regionalverband
Kalabrien unter kommissarische Verwaltung gestellt und Stefano Zuccherini
anvertraut wurde, den man „als <Tagungs-> Präsident des
Nationalen Politischen Komitees als eine Person von absoluter
Vertrauenswürdigkeit“ bezeichnet. Anlass für die Entscheidung sei „die
Notwendigkeit die Wiederinkraftsetzung der parteiinternen Regeln zu
ermöglichen, die“ – so hebt es das Schlussdokument hervor – „seit einiger Zeit
an Geltung verloren hatten“. Insbesondere wird von „Unsicherheitselementen
bezüglich der Mitgliedschaft, Beanstandungen der Rechtmäßigkeit ganzer
Leitungsgruppen sowie von Rauflust“ gesprochen, „die die Partei daran hinderten
und hindern ihr gesamtes Potential zu entfalten“.
Das ist bei den stets
heiklen Kräfteverhältnissen im PRC keine geringfügige Entscheidung. Um eine
Analogie zu ziehen: Das wäre so als ob <Linksdemokraten (DS)-Generalsekretär> Fassino vor einiger Zeit die von Bassolino geführte
neapolitanische Föderation von oben herab aufgelöst hätte.
Der Beschluss der Leitung
lässt den Bereich um „l’Ernesto“, dessen <personeller> Bezugspunkt Claudio Grassi ist und der im nationalen Sekretariat
Bertinotti unterstützt <???>, toben. Die Entscheidung des Sekretärs kommt nicht
zufällig zustande, erzählt man sich, da die kalabresische Föderation die
einzige mit einer „l’Ernesto“-Mehrheit war und seit kaum zwei Monaten
von Rocco Tassone geleitet wurde, der somit kaum Zeit hatte, den Wahlkampf zu
organisieren, dabei allerdings gute Ergebnisse in der Region erzielte.
Gerade Grassi (Mitglied des <nationalen> Sekretariats) spricht von politisch motivierter
kommissarischer Verwaltung, einer schwerwiegenden Entscheidung, auch weil in
der Geschichte von Rifondazione noch nicht dagewesen“. Der Klatsch spricht von
Schlägereien in den Leitungsorganen, mit zahlreichen Protesten der Nachbarn
oder Polizeieinsätzen. Das ist allerdings keine ganz seltene Sache. Auch in der
Föderation <dem PRC-Kreisverband> von Rom gab es jüngst Versammlungen, bei denen am
Ende eine sehr aufgeregte Stimmung herrschte. „In jedem Fall“ – stellt Grassi
klar – „müssen sich die Föderationen oder die einzelnen Zirkel selbst mit
diesen Problemen beschäftigen und nicht der nationale Sekretär.“ „Wir möchten
nicht“ – schließt er – „dass diese Vorgänge den nächsten Parteitag
beeinträchtigen, der politisch so anstrengend zu werden verspricht.“
Für „l’Ernesto“
handelt es sich um eine „erlittene“ Entscheidung, „eine Verletzung der
parteiinternen Demokratie“, die die Respektierung aller Minderheiten bedroht,
die nicht zufällig keinen ihrer Exponenten ins Europaparlament entsenden
konnten. Ein Thema bei dem Fausto Bertinotti gestern auch die Ernennung von
Roberto Musacchio zum Fraktionsvorsitzenden der PRC-Abordnung in Straßburg
erreichte.
Der nächste Parteitag des
PRC <der Anfang 2005
stattfinden soll, dessen lokale Vorbereitungsversammlungen aber bereits im
November 2004 beginnen> verspricht
also hitzig zu werden. Auf der Tagesordnung steht das Regierungsbündnis mit dem
Rest der Mitte-Linken. Am Rande der Leitungssitzung bekräftigte Bertinotti was
er gestern in „il manifesto“ über die Notwendigkeit geschrieben hatte,
sofort die „programmatische verfassungsgebende Versammlung“ der Opposition zu
eröffnen, d.h. „einen repräsentativen politischen Ort der politischen und
sozialen Kräfte, die den Rechten, die sich mittlerweile in einer irreversiblen
Krise befinden, ein Entweder-Oder entgegensetzen“.
Vorbemerkung,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover