Antifa-AG der Uni Hannover:
Ende Juni richtete der Parteisekretär von Rifondazione
Comunista, Fausto Bertinotti, einen offenen Brief mit dem Angebot einer Wiederaufnahme
des Dialogs und vor allem der Zusammenarbeit im Widerstand gegen die Regierung
Berlusconi und ihre Maßnahmen an die Linksdemokraten (DS) und versuchte
auf diese Weise auch in die politischen Auseinandersetzungen dieser, aus
dem rechten Mehrheitsflügel des 1990 aufgelösten PCI hervorgegangenen,
Partei zu intervenieren. Die unabhängige linke Tageszeitung “il manifesto”
berichtet am 1.7.2001 darüber und liefert auch gleich eine Einschätzung
der Erfolgsaussichten dieses Vorstoßes:
“Eröffnen wir den Dialog
auf der Linken neu”
Appell von Bertinotti an die DS: “Beginnen wir ausgehend
von der Opposition und den Bewegungen neu.”
Offener Brief: “Es gibt eine Krise auf der Linken, aber es wachsen neue
Bewegungen. Wen die Linksdemokraten (DS) diese Themen nicht in Angriff nehmen,
ist der Dialog in Gefahr.”
C.Ros. - Rom
“Ein Dialog für eine Opposition gegen die Regierung Berlusconi in bezug
auf Renten, Löhne und Ziele der Antiglobalisierungsbewegung.” Das ist
der Vorschlag, den der Sekretär von Rifondazione Comunista, Fausto Bertinotti
mit einem offenen Brief, der heute in den Spalten von “Liberazione” <der
Tageszeitung von Rifondazione> erscheint, an die DS richtet. “Genossinnen
und Genossen der DS”, schreibt Bertinotti, “ich wende mich direkt an Euch,
weil ich es als notwendig empfinde, die Fäden eines Dialoges wieder
aufzunehmen, der - auch wenn er schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten
durchlebt hat - unterbrochen worden, heute aber ernsthaft in Gefahr ist.”
Und das ist der Grund dafür: “Wir erleben eine tiefgreifende Krise der
Politik, die die Linke erschüttert”, fährt der PRC-Sekretär
fort. “Gleichzeitig kennt unser Land eine bis vor kurzem unvorstellbare Wiederbelebung
von Bewegungen. Aber von diesen Phänomenen gibt es in unserer Vorstandsdebatte
keine Spur. Hier ist der Punkt, wo die Kontaktunfähigkeit real zu werden
beginnt.”
Faktisch legt Bertinotti so den Finger in die Wunde der internen Diskussion
innerhalb der DS. Nicht wegen des beanstandeten Fehlens einiger Thematiken,
sondern aufgrund der Tatsache, daß die vom PRC-Sekretär genannten
Argumente eher nicht der Gegenstand des internen Streites innerhalb der der
DS sind. Nicht zufällig fährt Bertinotti fort: “Angesichts dieser
Situation kann man mit Berlusconi in der Vertretung der Modernisierung nicht
konkurrieren. Wenn dies geschehen würde, würde sich nicht nur eine
Unmöglichkeit von Bündnissen zwischen den Linken ergeben, sondern
auch eine definitive Trennung zwischen der liberalen Linken und allen Bewegungen,
die in der Gesellschaft demonstrieren.” Der von der Achse D’Alema / Fassino
<innerhalb der DS> angegebene Weg würde für Bertinotti -
kurz gesagt - die Beziehungen auf der Linken bedrohen.
Aber der vom PRC-Sekretär aufgezeigte Horizont unterscheidet sich von
dem Olivenbaum-Horizont, der von allen DS-Komponenten geteilt wird. “Wir
von Rifondazione, die wir, wie Ihr, diese Krise der Politik durchleben, versuchen
und werden versuchen, diesen Kurs umzukehren, aber allein sind wir dafür
nicht ausreichend”, schreibt Bertinotti. “Es gibt Bedarf an einer größeren
und solideren alternativen Linken. Es gibt Bedarf nicht nur an einem Dialog
mit der gemäßigten Linken, sondern auch daran, daß man konkrete
Schritte in Richtung der pluralen Linken macht.” Ein Ziel, das von den DS-Vorschlägen
sehr weit entfernt ist.
Bertinotti beschließt den Appell an die DS-Aktivisten mit einem Arbeitsvorschlag
“auf zwei Gebieten”. Das erste ist “die Opposition gegen die Regierung Berlusconi”,
ausgehend “von einfachen, aber entscheidenden Themen”: Erhöhung der
Mindestrenten und der Einkommen, “zum Beispiel mit einem neuen automatischen
Anpassungsmechanismus der Löhne” <an die Inflation> und Übernahme
der von der Antiglobalisierungsbewegung gesetzten Ziele. Das zweite ist “der
Bereich der Analyse und der Forschung, der uns nach vielen Jahren die Aufgabe
stellt, über die in der italienischen Gesellschaft eingeführten
Veränderungen und die neuen Bedingungen der sozialen Klassen neu nachzudenken”.
Bertinottis Appell wendet sich jedoch an eine Partei, die sich in dieser
Phase in die interne Debatte zurückgezogen hat. Und insbesondere in
die Diskussion über die Kandidaturen für das Sekretariat, wo die
Zeit die Konsolidierung Piero Fassinos als einzigem feststehenden Namen arbeitet.
Gestern in der Versammlung der Vereinigung Libertà eguale (Gleiche
Freiheit), die die Olivenbaum-orientierte <d.h. die Bildung einer Demokratischen
Partei nach US-Vorbild propagierende “ulivisti”-> Komponente der DS versammelt,
hat der Koordinator Enrico Morando grünes Licht für die Kandidatur
Fassinos gegeben. Laut Morando wird die Wahl des Sekretärs, wenn sie
im Rahmen der Schaffung einer Partei der reformistischen Linken geschieht,
einen Großteil seiner Dramatik verlieren. Der Rat lautet daher, “die
Kollision einzuschränken und die Auseinandersetzung überwiegen
zu lassen”: Eine Auseinandersetzung, bei der es für die ulivisti einige
feste Punkte gibt. Die Wunschvorstellungen von der Einheitspartei einmal
ausgeklammert, stellt sich für Morando eher das Problem der “Strukturierung”
der Koalition. Ein Prozeß, der über den, von <dem im Mai angewählten
letzten Mitte-“Links”-Ministerpräsidenten und ehemaligen stellvertretenden
PSI-Vorsitzenden> Giuliano Amato angemahnten, Zusammenschluß der
Reformismen mit sozialistischer Inspiration nicht hinweggehen kann. Und gerade
an den dottor sottile <den “subtilen Doktor” = Spitzname Amatos>, der
heute auf der Versammlung reden wird, wenden sich die ulivisti, wenn sie
von Fassino ein Eingreifen fordern, daß es erlaubt, den Kandidaten
aus der Umarmung mit Massimo D’Alema <dem vorletzten Ministerpräsidenten
des Mitte-“Links”-Bündnisses, der nun wieder eher sozialdemokratisch
orientiert ist> zu befreien.
Vorspann, Übersetzung und Anmerkungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover