Antifa-AG der Uni Hannover:

 

Ein internationales Sommerlager europäischer Faschisten (inklusive von Vertretern der NPD), das vom 16. bis 18. September 2005 in der Nähe des griechischen Ortes Meligalas stattfinden sollte, hatte international Aufmerksamkeit erregt. Ein in diesem Zusammenhang von der griechischen Neonazi-Gruppe „Chrysia Avgi“ (Goldene Morgenröte) geplanter Aufmarsch in Athen, konnte dank einer schnellen und effektiven antifaschistischen Gegenmobilisierung verhindert werden. Im Folgenden dazu ein Bericht eines österreichischen Genossen, der zufällig vor Ort war und uns als guter und nüchterner Beobachter bekannt ist. Seinen Beitrag erschien zuerst im Labournet Austria (www.labournetaustria.at) und zwar am Montag, den 19. September 2005. Zu den Auseinandersetzungen am Polytechnikum gibt es Fotos auf Indymedia Athen, z.B. unter: http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2845  

http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2846

http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2844

 http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2843 http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2838 http://athens.indymedia.org/media_object.php?mediaId=2840

(Etwas Geduld mitbringen, das Anwählen der Fotos braucht einen Moment!)

 

Bericht aus Athen:

 

Nazi-Demo verhindert

 

Die griechischen Faschisten der Chrysia Avgi (Goldener Sonnenaufgang) planten für das Wochenende 16.-18. September gemeinsam mit NPD und italienischen, französischen und spanischen Faschisten ein Sommerlager bei Meligalas, einem Ort in der Nähe von Kalamata. In Meligalas waren Mitte September 1944 etwa 800 griechische NS-Kollaborateure der sogenannten Sicherheitsbataillone von 1.000 ELAS-Partisan/inn/en aufgerieben und bis auf den letzten Mann niedergemacht worden.

 

(Landesweit war freilich der Großteil der Kollaborateure aufgrund der Ausrichtung der stalinistischen EAM-Führung auf eine Zusammenarbeit mit dem britischen Imperialismus den intervenierenden britischen Truppen übergeben worden, die sie rasch wieder bewaffneten und die aus ihnen die Killerbanden formierten, die im Zuge der Einrichtung der probritischen Diktatur und des darauf folgenden Bürgerkrieges zehntausende Anhänger/innen der Linken ermordeten, folterten und vergewaltigten.)

 

Meligalas ist seit Jahren eine Pilgerstätte der griechischen

Rechtsextremen, wo sie ihre "Märtyrer" ehren. Der für dieses Jahr geplante Aufmarsch der europäischen Naziszene stieß auf massiven Widerstand der Arbeiter/innen/bewegung und der lokalen Bevölkerung, was schließlich zu öffentlichem Druck und einem Verbot der Demonstration führte. In Kalamata fand am 17. September eine kleine Demo von Anarchist/inn/en und Trotzkist/inn/en der EEK statt. Ein Angriff einer kleinen Gruppe von lokalen Faschisten auf die EEK nach der Demo wurde von dieser in einer kurzen Schlägerei erfolgreich abgewehrt.

 

Am selben Abend versuchte die Chrysia Avgi gemeinsam mit einigen italienischen und deutschen Gästen im Zentrum von Athen aufzumarschieren. Vor ihrem Hauptquartier versammelten sich knapp 200 Faschist/inn/en, darunter etwa 150 mit Knüppeln, Helmen und teilweise sicherlich auch mit Messern ausgerüstete Schläger.

 

Obwohl nur ein Tag zur Gegenmobilisierung Zeit gewesen war, wurden die beiden Hauptrouten für einen möglichen Nazi-Aufmarsch durch die radikale Linke blockiert. Am Omonia-Platz versammelten sich die diversen Gruppen aus trotzkistischer Tradition: EEK, SEK, EE, Xekinima, OKDE. Dazu kamen Aktivist/inn/en einer Migrant/inn/eninitiative und eine kleine Gruppe der Mao-stalinistischen KKE-ML. Gerufen wurde unter anderem der beliebte Slogan "EAM – ELAS – Meli-galas". Von den gut 600 Leuten waren etwa 100 für eine Konfrontation mit den Nazis ausgerüstet. Beim Polytechnikum versammelte sich gleichzeitig ein Block von 500 Anarchist/inn/en, nahezu sämtlich für eine Konfrontation ausgerüstet. Die größte Partei der Linken, die stalinistische KKE, nahm an der Mobilisierung nicht teil. Zwischen den Faschisten und den linken Gegenkundgebungen waren Einheiten der Spezialpolizei MAT aufgezogen worden, die – wie überall in Europa – die Nazis schützten. Besonders beim Polytechnikum wurden immer stärkere Polizeiverbände konzentriert.

 

Der faschistische Abschaum zog sich schließlich nach etwa zwei Stunden in sein Hauptquartier zurück. Ein Naziaufmarsch im Zentrum von Athen war damit verhindert worden. Die Kundgebung in Omonia löste sich umgehend auf. Lediglich EEK und EE hielten noch eine Zeit lang die Stellung.

 

Beim Polytechnikum spitzte sich die Situation gleichzeitig zu einer Auseinandersetzung zwischen Spezialpolizei und Anarchist/inn/en zu. Die MAT versuchte mit Tränengasgranaten den anarchistischen Block auseinander zu treiben. Am Vorstoß der MAT beteiligten sich auch einige der griechischen Nazis. (Solche Kooperationen sind für die MAT nichts außergewöhnliches. Vor einigen Jahren wurde eine linke Demonstrantin von einem MAT-Polizisten schwer verletzt. Der uniformierte Schläger entpuppte sich schließlich als Mitglied der Chrysia Avgi.) Die Anarchist/inn/en griffen die staatlichen Nazifreunde mit Steinen und Molotow-Cocktails an. Es wurden Barrikaden errichtet und schließlich die Polizeizentrale vom Bezirk Exarchia in Brand gesetzt.

 

Noch Stunden nach den Kämpfen war in Exarchia (und am zentralen Ort der Auseinandersetzung selbst noch am übernächsten Tag) die brennende und die Schleimhäute reizende Wirkung des Tränengases zu spüren. Einige Luxusautos waren ausgebrannt. Später in der Nacht wurde die Schule der MAT in einem anderen Stadtteil mit unzähligen Molotow-Cocktails angegriffen und es kam erneut zu einem Scharmützel.

 

Am Sonntag schließlich fand in Meligalas das traditionelle Treffen statt, an dem sich auch Teile der etablierten Rechten, der Regierungspartei Nea Dimokratia, beteiligten – und auch einige der Neonazis der Chrysia Avgi. Der Bürgermeister von Meligalas wurde von ihnen attackiert, ein Kameramann zusammengeschlagen. Am Rande der «Gedenkveranstaltung» für die NS-Schergen kam es zu einer Schlägerei zwischen ehemaligen ELAS-Partisanen und ehemaligen Kollaborateuren.

 

Landesweit besteht die Chrysia Avgi aus etwas über 100 Schlägern und einigen alten Sympathisant/inn/en. Sie sind zu sporadischen Übergriffen gegen Migrant/inn/en oder Linke in der Lage, sind aber gleichzeitig in der Bevölkerung völlig isoliert und stellen gesamtgesellschaftlich keine unmittelbare Gefahr dar. Gefährlich für die Linke und Arbeiter/inn/enbewegung ist eher die Kooperation dieser faschistischen Kleingruppe mit der rechtsextrem durchsetzten MAT-Spezialpolizei.

 

Eric Wegner (Arbeitsgruppe Marxismus)

 

 

<Die AG Marxismus findet sich im Internet unter der Adresse: http://www.agmarxismus.net/ >

 

 

Vorbemerkung und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover