Antifa-AG der Uni Hannover:


Unmittelbar nach dem faktischen Sieg der USA im Krieg gegen den Irak (d.h. am 11.4.2003) verfaßte und veröffentlichte der (trotzkistisch inspirierte) “Progetto Comunista” (Komunistisches Projekt”), der gut 11 % der rund 100 000 Mitglieder von Rifondazione Comunista repräsentiert und damit den bei weitem größten Teil ihres linken Flügels darstellt, das folgende Flugblatt. Es ist sein Vorschlag für die Positionierung der Antikriegsbewegung und der Linken zur “Nachkriegsordnung” im Irak und im Mittleren Osten und wurde auf der letzten großen Anti-Kriegsdemo in Italien (am 12.4.2003 in Rom) unter – offiziell – mehreren zehntausend Teilnehmern verteilt. Wir entnahmen ihn der Website www.progettocomunista.it und präsentieren hier die deutsche Übersetzung, weil wir das Papier für einen Beitrag halten, der in die richtige Richtung geht, auch wenn wir beispielsweise den Neuaufbau einer revolutionären 4. Internationale nicht unterstützen.



Alle Imperialistischen Truppen raus aus dem Irak !

Gegen die koloniale Besatzung !

Weder mit den USA noch mit der UNO !



DIE AUFTEILUNG DER KRIEGSBEUTE


Die anglo-amerikanische Überlegenheit ist dabei den letzten irakischen Widerstand zu erdrücken. Der imperialistische Krieg (Massaker und Bombardierungen von Wohnhäusern, Märkten und Krankenhäusern) kann damit aufhören, um den Platz dem imperialistischen Frieden und dem “humanitären” Wiederaufbau dessen zu überlassen, was ihre Bomben zerstört haben. Und während die Finanzbuchhalter des Krieges noch nicht aufgehört haben, die Milliardenprofite der Militärindustrie auszurechnen, streiten die Bourgeoisien aller Länder bereits über die Aufteilung des Restes der Torte (den Wiederaufbau und das Erdöl).


Vor dem Hintergrund dieses ökonomischen und diplomatischen Konfliktes spielt sich die strategische Auseinandersetzung um die Überlegenheit zwischen den USA und den anderen Banditen ab. Die sogenannte deutsch-französische “Friedensachse”, die zu einer schnellen europäischen Aufrüstung drängt, um der Konkurrenz bzw. der Konzertierten Aktion / Sozialpartnerschaft mit den USA bei den kommenden Kolonialexpeditionen standzuhalten, inclusive.


DIE UNO IST NICHT DIE ALTERNATIVE


Wie immer überläßt jeder Krieg der Bourgeoisie <nach getaner Arbeit> den Platz der Politik und der Diplomatie der Bourgeoisie. Die USA haben nicht die Absicht den anderen Imperialismen großen Spielraum zu lassen. Deshalb fördern Schröder und Chirac (und mit ihnen die italienische Mitte-Linke) eine UNO-Intervention. Sie hoffen, daß jenes Gremium (das bereits für das völkermörderische Embargo verantwortlich war, das den Bombern vorausging) auch diesmal die Sozialpartnerschaft der unterschiedlichen Appetite der verschiedenen imperialistischen Staaten überdecken kann (die den “nuovisti” <den immer auf der Jagd nach etwas Neuem befindlichen> Theoretikern des ätherischen Imperiums zum Trotz, weiterhin die Weltbühne beherrschen).


Auch in der Antikriegsbewegung bricht sich die Idee Bahn, daß die Blauhelme dazu dienen könnten, “den Rückzug” der anglo-amerikanischen Grünhelme “durchzusetzen”. In Wahrheit würde es sich jedoch um ein imperialistisches Protektorat handeln, um das irakische Volk auszubeuten und zu unterdrücken. Was die “internationale Legalität” <das Völkerrecht> anbelangt, deren Wiederherstellung der Eine oder Andere fordert, so hat dieser Krieg bestätigt, daß das einzige in der kapitalistischen Welt herrschende Gesetz das des Rechtes auf Profit ist, dessen Mägde die Bomben und die Diplomatie sind. Nur die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker der Welt können sich mit ihrer Kraft dem Imperialismus und seinen Kriegen wirklich entgegenstellen.


DIE ALTERNATIVE IST DER INTERNATIONALE KLASSENKAMPF


Als Linke von Rifondazione gehörten wir zu den Wenigen, die die Unterstützung des irakischen und arabischen Widerstandes gegen die koloniale Aggression gefordert haben und den pazifistischen Neutralismus des “Weder-Noch” ablehnten, die Äquidistanz zu Imperialismus und unterdrückten Nationen ablehnten und eine militärische oder politische Niederlage der Aggressoren wünschten. Weil eine Niederlage des Imperialismus es dem irakischen Volk erlaubt hätte die antikommunistische Schlächterei Saddams durch eine eigene Regierung zu ersetzen. Und sie hätte ein großes Hindernis für die zukünftigen militärischen Kriege gegen die unterdrückten Völker und die neuen sozialen Kriege gegen alle Werktätigen geschaffen. Die Hände der imperialistischen Bourgeoisien des halben Planeten, die sich heute gen Irak strecken und die neuen Schlachtpläne, die die Generäle des Pentagon derzeit studieren, sind der Beweis für die Richtigkeit dieser elementaren Klassenentscheidung.


Um die nächsten Kriege zu stoppen, ist es daher notwendig den Kampf fortzusetzen und das Gesellschaftssystem zu zerstören, das in den Kriegen kontinuierlich neue Nahrung findet. Man muß von den imponierenden antimilitaristischen Demonstrationen ausgehen, die die Straßen der ganzen Welt gefüllt haben – von den USA bis Ägypten. Man muß die entscheidende Kombination der Antikriegs-Mobilisierung im Westen und der Entwicklung des Aufstandes der unterdrückten arabischen Massen im Mittleren Osten in einer auf die Einheit des Kampfes des Proletariates jeden Landes gegründeten revolutionären sozialistischen Perspektive einfordern (einer Perspektive, die den reaktionären fundamentalistischen Terrorismus an den Rand drängen würde, indem sie dem palästinensischen Volk eine reale Alternative böte).


FÜR DIE KLASSENMÄSSIGE UNABHÄNGIGKEIT DER ANTIKRIEGSBEWEGUNG


Die Antikriegsbewegung hat auch in Italien eine außerordentliche Mobilisierung ins Leben gerufen: spontane Streiks, Demonstrationen, Eisenbahnblockaden sowie Besetzungen von Schulen und Universitäten. Um der gigantischen Kraft dieser Bewegung Kontinuität zu verleihen und ihr ein antikapitalistisches Ergebnis zu verschaffen, ist es jedoch notwendig, ihre klassenmäßige Unabhängigkeit von der bürgerlichen Mitte-Linken, von deren Regierungsmannschaften und ihren zukünftigen Regierungsprojekten zu schaffen.


Jene Mitte-Linke, die (im Einklang mit den grundlegenden Interessen der großen Familien des <italienischen> Kapitalismus) den US-Krieg nicht unterstützt, dann aber den “raschen Sieg” der Aggressoren herbeigewünscht hat und die heute bereits wieder nach einer möglichen Übereinstimmung mit dem Pol <d.h. der von Berlusconi geführten rechten Parteienkoalition> in Form einer Großen Koalition sucht, um für die italienische Beteiligung an der Aufteilung des Kuchens (vielleicht unter dem Dach der UNO) einzutreten. Jene Mitte-Linke, die hofft ihre “Opposition” gegen diesen Krieg als Trampolin für die Lancierung einer Regierung des periodischen Wechsels in der Nach-Berlusconi-Zeit zu nutzen. Einer Regierung, die – wie alle Mitte-Links-Regierungen der Vergangenheit (von Prodi bis D’Alema) – ebenfalls mittels Kriegen und Armeen für die Interessen der Bourgeoisie eintreten würde. (So wie es die <italienischen Gebirgsjäger> Alpini mit der Unterstützung beider bürgerlicher Pole heute bereits tun – und morgen vielleicht die Carabinieri im Irak.)


Die Bewegung muß sich umgekehrt im Kampf entwickeln,um das Aus-dem-Amt-Jagen der Regierung des Kriegstreibers Berlusconi vorzubereiten. Allerdings nicht um einer Regierung der Kriegstreiber D’Alema und Rutelli Raum zu geben. Die Zukunft der Bewegung kann nicht im Bündnis mit der liberalen Mitte der Bourgeoisie geschaffen werden. Aus dem einfachen Grund, weil es mit der Bourgeoisie und mit den Liberalen, mit dem Kapitalismus und seinen Regierungen weder für die Bewegung noch für den Frieden eine Zukunft gibt.


Hände weg vom Irak! Gegen jedes koloniale Protektorat!


Für die Erhebung der arabischen Völker gegen die imperialistische Dominanz im Mittleren Osten!


Für eine Arbeiter- und Bauernregierung im Irak!


Gegen die europäische Aufrüstungspolitik von Chirac, Schröder und Prodi!


Gegen die Entsendung der Carabinieri in den Irak ! Raus mit den Alpini aus Afghanistan!


Für die Unabhängigkeit der Bewegung von der bürgerlichen Mitte-Linken!


Für die entschädigungslose Verstaatlichung der Militärindustrie und der in den “Wiederaufbau” involvierten Unternehmen unter Arbeiterkontrolle !


Weg mit der Kriegstreiber-Regierung Berlusconi!


Für eine Arbeiterregierung, die die einzige Friedensgarantie ist !


Für die sozialistische Weltrevolution, der einzigen Alternative zur Barbarei des Kapitalismus und zu seinen Kriegen!


Für die Neu(be)gründung der IV.Internationale, der Weltpartei der sozialistischen Revolution!



Associazione Marxista Rivoluzionaria

PROGETTO COMUNISTA


(Revolutionär-Marxistische Vereinigung KOMMUNISTISCHES PROJEKT)


Cremona, 11.4.2003


Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover