Antifa-AG
der Uni Hannover:
Deutschland „ist wieder wer“ in der
Weltpolitik und zwar auch auf der militärischen Ebene. Die Entsendung deutscher
Kanonenboote vor die libanesische Küste wird von fast allen bürgerlichen Medien
als „historischer Einsatz“, als „historische Mission“ und als „Meilenstein“
bejubelt. Zumal die BRD dabei auch wieder zur Führungsmacht wird, wie die ARD-Tageschau
am 15.Oktober 2006 auf ihrer Website in zackigem Tonfall verkündet: „Deutsche
Marine übernimmt Unifil-Kommando –- Deutschland übernimmt um Mitternacht das Kommando der
maritimen Task Force der Unifil
vor der libanesischen Küste. Ausgestattet mit einem robusten Mandat verbreitet
das Militär Zuversicht. Die Mission ist aber nicht ohne Fallstricke.
Für Admiral Andreas
Krause wird es ernst: Um null Uhr in der kommenden Nacht wird er das Kommando
über den ersten Einsatz von UN-Blauhelmen auf See übernehmen. Als Israel vor
wenigen Wochen seine Blockade des Libanon beendete, führten zunächst Italiener
und Franzosen den Verband. Das Seegebiet, das die so genannte maritime Task Force von Unifil überwachen
wird, ist doppelt so groß wie die Landmasse Libanons…“
Erklärtes Ziel ist der Schutz des
Kolonialstaates (und der Atommacht) Israel vor dem libanesischen Widerstand.
Insbesondere möglicher Waffennachschub für die Hisbollah soll unterbunden und
ihre Guerillaorganisation entwaffnet werden, während dieselbe BRD Israel
gleichzeitig mit atomwaffenfähigen U-Booten, gepanzerten Truppentransportern
und anderem Kriegsgerät beliefert und das Ganze sogar mit ca. 300 Millionen
Euro subventioniert. Der „Nahost“-Korrespondet
der linken italienischen Tageszeitung „il manifesto“, Stefano Chiarini, sprach im Südlibanon mit
einem der führenden Hisbollah-„Bösewichte“. Sein Bericht erschien in der
Ausgabe vom 15.9.2006.
Libanon:
Es spricht Nabil Qaouk,
Hisbollah-Verantwortlicher für den Süden des Zedernlandes
„Über die Entwaffnung wird nicht diskutiert“
„Die italienischen Soldaten der UNIFIL
sind nur dann willkommen, wenn sie uns so arbeiten lassen wie immer.“ Und Israel ändert
bereits den Grenzverlauf.
Stefano Chiarini – aus Khiam (Südlibanon)
„Sie
wollten uns vernichten. Sie wollten uns aus dem Gebiet südlich des Litani-Flusses vertreiben, uns entwaffnen und dem
Widerstand ein Ende setzen. Und doch befinden wir uns genau wie vor einem Jahr
wieder hier in Khiam, in Sichtweite der Grenze
mitsamt unseren Waffen und unserer Entschlossenheit den Widerstand
fortzusetzen, solange wir nicht den letzten Zipfel libanesischen Bodens befreit
haben und Israel die besetzten Gebiete nicht verlassen hat. Deshalb haben wir
nicht die Absicht über unsere Entwaffnung auch nur zu diskutieren, egal was sie
in Beirut sagen. Gewiss wird niemand unsere Waffen im Südlibanon sehen, aber
niemand – es ist gut, wenn in diesem Punkt Klarheit herrscht – weder die Armee
noch die UNIFIL wird sie suchen und anrühren dürfen.“ Der
politisch-militärische Verantwortliche der Hisbollah für den Südlibanon, Nabil Qaouk, lässt, in einen
grau-braunen Mantel gehüllt und mit dem traditionellen Turban der religiösen Schiiten,
nicht viele Zweifel an seiner Botschaft, besser gesagt seiner Mahnung aufkommen,
die die Führung der Bewegung in Form einer Intervention des Generalsekretärs
Hassan Nasrallah in den letzten Stunden gegen die Errichtung einer Art von
Kolonialmandat über den Libanon und den Versuch den Widerstand unter Einsatz
der multinationalen Truppen zu beenden an die UNO, an die Länder, die Truppen
in den Libanon entsenden und an den libanesischen Ministerpräsidenten
übermittelt hat. Eine harte Stellungnahme, die auch eine Reaktion auf den immer
stärkeren Druck der Basis und der Bewohner der Region ist, die aufgrund der
völligen Abwesenheit der Beiruter Regierung während der israelischen Aggression
und der ständigen israelischen Verletzungen der Waffenruhe aufgebracht sind.
Bewohner,
die in der Ortschaft Ait al Shaab,
kurz hinter der Grenze, vor zwei Nächten wieder zu den Waffen gegriffen haben,
um einen erneuten israelischen Angriff auf das Dorf zurückzuschlagen. Ebenso
wie im nahe gelegenen Bint Jbail,
das nur noch ein Haufen Trümmer ist, aber niemals erobert wurde oder die in Strifa die Straße nach Tyrus
blockierten, um gegen das „Desinteresse der Behörden“ am Wiederaufbau
ihrer durch israelische Bombardements zerstörten Häuser zu protestieren und die
gestern Nacht Flaschen und Steine auf die Panzerspähwagen des italienischen
Kontingents geworfen hätten, das auf dem nahe gelegenen Hügel von Jebel Maroun stationiert ist,
ohne Schäden anzurichten oder jemanden zu verletzen.
Der
schiitische Exponent empfängt uns im Zusammenhang mit den Feiern zum Gedenken an
das Massaker <in den palästinensischen Flüchtlingslagern> Sabra und Chatila <1982> und den
Massakern dieses letzten Krieges in der ehemaligen externen Pförtnerloge dessen
was bis vor wenigen Wochen das ehemalige Gefängnis von Khiam
war und was die israelischen Bombenangriffe jetzt in einen, auf der Kuppe eines
Hügels gelegenen, mit Trümmern, Schutt und verankerten Eisenplatten übersäten
großen Platz verwandelt haben. Hier und da gibt es einige ausgebrannte oder
zerbeulte Fahrzeuge, die die Israelis <bei ihrem Rückzug> im Jahr 2000
hinterlassen haben, Eisenteile der Türen zu den unterirdischen Verliesen,
Stacheldraht und Ziegelsteine. Einige Dutzend kleine Jungen aus dem
gleichnamigen Dorf Khiam streifen hier und da mit
ihren roten Baseballkappen umher, die verteilt wurden, um das zu feiern, was
als ein „göttlicher Sieg“ bezeichnet wird, spielen zwischen den
Trümmern, machen das Victory-Zeichen und rufen
lachend „Qullu Hisbollah“ (Hier sind alle
Hisbollah).
Die
großen Autos der Sicherheit und junge Militante auf dem Motorrad kontrollieren
die Straßen, die zum Dorf führen und passieren mit einer unmerklichen
Handbewegung die jüngst von der gerade angekommenen libanesischen Armee
eingerichteten Kontrollpunkte. Hin und wieder fahren in der Nähe (mehr
talabwärts, wo jenseits eines leichten Nebels die Grenze zu Israel zu erkennen
ist) die weißen Fahrzeuge mit der blauen Fahne der UNIFIL und den Soldaten an
Bord entlang. Im leuchtend blauen Himmel flitzen wie immer die israelischen
Kriegsflugzeuge vorbei, die gestern nicht nur den Südlibanon (insbesondere die
Stadt Nabatiyeh), sondern auch die Bekaa-Ebene mit der Stadt Baalbek
überflogen.
Der
UNIFIL zufolge liegt die Zahl der israelischen Verletzungen der „Feuereinstellung“
bis heute bei über Hundert. Die Reden der Hisbollah-Vertreter sind in den
letzten Tagen alle von der Feier „des Sieges“ des Libanon geprägt.
Generalsekretär Hassan Nasrallah trat gestern im Fernsehen nicht im üblichen
schwarzen Mantel auf, sondern im braunen, ganz aus wertvollem Kamelhaar
durchwobenen Feiertagsmantel aus der heiligen irakischen Stadt Nadschaf. Am stärksten ist das bei Scheich Nabil Qaouk zu spüren, einem der
Strategen der Bewegung, der es durch die Verbindung der Techniken des
Guerillakrieges mit denen des konventionellen Krieges gelungen ist die
israelische Kriegsmaschine zu stoppen. Wobei die Ebene von Khiam
zwischen den Tabakfeldern mit großen schwarzen Ölflecken bedeckt ist und zwar
dort, wo diverse Tel Aviver Panzer ausbrannten.
„Unseren
jungen Kämpfern ist es“ – sagte er uns in einem mit Teppichen bedeckten
großen Raum vor dem Hintergrund einer Wandmalerei über den Krieg – „durch
ihr Opfer gelungen die Pläne Israels und der USA sowohl für den Libanon als
auch für die Region zu stoppen und wir sind nicht bereit zu erlauben, dass
dieser Erfolg durch andere UNO-Resolutionen oder durch Abkommen, die über
unseren Kopf hinweg geschlossen werden, ausgehöhlt wird. Der Libanon muss ein
arabisches Land bleiben, frei und mit einer vollen Souveränität über alle seine
Territorien. Deshalb werden wir weiterkämpfen. Bis zur Befreiung der Shebaa-Farmen und der Hügel von Kfar
Shuba.“
In
jedem Fall scheint die Bewegung jedoch entschlossen, der Diplomatie eine
gewisse Zeit einzuräumen: „Wenn die Shebaa-Farmen
unter die Kontrolle der UNO gestellt würden, wäre das für uns völlig in Ordnung“,
sagt er uns lächelnd. „Wir mögen den Krieg nicht und wir haben Besseres zu
tun.“ Die Geduld habe jedoch dann eine Grenze, „wenn irgendjemand Israel
zugesichert hat, dass es sie weiterhin besetzt halten kann. Wohl wissend, dass
niemand einem Besatzer niemals nichts garantieren kann und dass die Guerilla
bis zum vollständigen israelischen Rückzug weitergehen wird.“ Was die
Truppen der „UNIFIL 2“ anbelangt behauptet der Hisbollah-Vertreter, dass
sie nichts zu befürchten haben, sofern sie eine Interpretation der
Waffenstillstandsresolution respektieren, die sich nicht in die Aktivitäten des
libanesischen Widerstandes einmischt. So wie es die alte UNIFIL von 1978 bis
heute im Südlibanon immer gehalten hat.
Eine
Kreditgewährung auch gegenüber Italien, dass – wie er behauptet – durch den
Abzug aus dem Irak „von den Libanesen ins Herz geschlossen wurde. Das wird
aber nur dann so bleiben, wenn es nicht zum Instrument der Pläne Israels und
der USA wird.“ Da sie aus Einwohnern der Dörfer des Südens bestehen, haben
die militärischen Kräfte der Hisbollah – wie Nabil Qaouk behauptet – ihre Dörfer niemals verlassen und werden
es niemals tun, da auch die Besuche ausländischer Delegationen in dem Gebiet allesamt mit den Vertretern der Bewegung
koordiniert sind, die nachts weiterhin auf den Hügeln patrouillieren, während
im Tal die israelischen Bulldozer versuchen den Grenzverlauf zu verändern.
Genauso wie sie versucht haben, die Erinnerung an die im Gefängnis von Khiam begangenen Verbrechen auszulöschen, indem sie die
Existenz und das Gedächtnis auslöschten. Zusammen mit dem Gefängnis wurde auch
das auf einem Hügel gelegene Dorf beschossen, verbrannt, durch Kanonaden
verwundet oder durch Bomben und Raketen zerstört. Trotzdem beginnen die
Flüchtlinge an Bord alter, mit Mobiliar und Matratzen beladener Lastwagen und
Kleintransporter zurückzukehren und zwischen den Ruinen zu kampieren oder bei
Verwandten unterzukommen. Eine Entschlossenheit wieder loszulegen, zu leben und
zu kämpfen – sagt Nabil Qaouk
– weshalb „wir weiterhin, hier einige Kilometer von der Grenze entfernt,
genau wie vor dem Krieg, ein Knochen im Hals Israels und der USA sein werden“.
Dann zeigt der Hisbollah-Vertreter, bevor er uns verlässt und nach dem x’ten Gruppenfoto, auf einige kleine Dörfer am Abhang des
Berges Hermon, genau vor dem Hügel, auf dem wir uns
befinden und sagt lächelnd: „Nächstes Jahr sehen wir uns da unten wieder,
bei den Shebaa-Farmen.“
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover