Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:


Wir haben an dieser Stelle bereits in mehreren Vorbemerkungen unsere Kritik an der 10-15minütigen “Raucherpause für den Frieden” dargestellt, die der EGB bzw. seine Mitgliedsgewerkschaften - als “Europäischer Generalstreik” deklariert - am 14.März 2003 zur Mittagszeit von (eher kleinen) Teilen der Beschäftigten durchführen ließen. Eine andere Herangehensweise zeigt der nationale Koordinator der italienischen Basisgewerkschaft S.in.Cobas, Luciano Muhlbauer. Er versucht, die (nicht eben geringen) negativen Aspekte auszublenden und stattdessen vor allem das Positive zu sehen, um dann den EGB und seine italienischen Mitgliedsbünde CGIL, CISL und UIL zu einem neuerlichen - diesmal ernsthafteren und entschiedeneren - Generalstreik “zu treiben”. Hier die Übersetzung seiner Position, die er in einem Beitrag für die kleine, von Rifondazione Comunista herausgegebene, Tageszeitung “Liberazione” vom 20.3.2003 vertrat:



Der Krieg war immer eine Wasserscheide der Arbeiterbewegung. Die neuen Bewegungen übertragen uns heute die Verantwortung, etwas Neues ins Leben zu rufen.


Europäischer Generalstreik.

Um das Land und die Regierung Berlusconi lahmzulegen.


Luciano Muhlbauer (Nationales Sekretariat des S.in.Cobas)


Wenn diese Zeilen in Druck gehen, wird der anglo-amerikanische Krieg bereits begonnen haben. Es ist weder den über 100 Millionen Männern und Frauen am 15.Februar <2003 auf den weltweiten Anti-Kriegs-Demos> gelungen, ihn aufzuhalten, noch einer internationalen öffentlichen Meinung, die massiv dagegen aufgetreten ist noch den Spaltungen innerhalb der NATO, der EU und dem Sicherheitsrat.


Einen Krieg, der nicht nur auf irakischem Boden zu Zerstörung und Tod führen, sondern das internationale Szenario neu festlegen wird.


Einen Krieg, der die Regierung Berlusconi mit der Gewährung von Basen, Infrastruktur und Luftraum dazu zwingt, die Maske fallen zu lassen. <Dies ist> Ein Akt offener und substantieller Verletzung des Artikels 11 der Verfassung, die keine Parlamentsabstimmung wegwischen kann.


Die Kernpunkte der kapitalistischen Globalisierung werden auf die Spitze getrieben. Ein ausgrenzendes Modell, das um die absolute Freiheit des Großkapitals zentriert ist, erfordert für die Regierung das permanente Instrument des Krieges. Nicht nur Krieg und Terrorismus geben sich die Hand, sondern auch Krieg und Wirtschaftsliberalismus / Freihandel.


Gegen diesen Krieg hat sich die umfangreichste und massenhafteste Friedensbewegung entwickelt, die man jemals gesehen hat. Die Bewegungen, die seit Seattle, Genua, Porto Alegre und Florenz die kulturelle Hegemonie des Wirtschaftsliberalismus gebrochen haben, haben nun <auch> die Zustimmung zum Krieg gebrochen.


Ausgehend von der Stärke der Bewegung muß man nun eine neue Phase der Mobilisierung schaffen, die darauf abzielt, die Ausbreitung innerhalb der Gesellschaft zu konsolidieren, aber auch die Kampfformen festzulegen, die in der Lage sind die Kriegsmaschine zu behindern und vor allem der Regierung Berlusconi in den Arm zu fallen, die dabei ist, Italien in den Krieg mit hineinzuziehen. Und der Streik ist ohne Frage eine der grundlegenden Kampfformen.


Als auf dem Europäischen Sozialforum (ESF) in Florenz <Anfang November 2002> die Tageslosung vom europäischen Generalstreik gegen den Krieg geprägt wurde, lächelten Viele, weil sie dies für kraftloses Wunschdenken hielten. Unter den Gewerkschaftsorganisationen nahmen ihn nur die Basisgewerkschaften und die <zur CGIL gehörende, größte italienische Metallarbeitergewerkschaft> FIOM ernst. Aber die Bewegung war real und weitete sich aus, wodurch sie die Bedingungen dafür schuf, um Kräfte zu verschieben, die in ihrer bürokratischen Hülle unbeweglich schienen, wie den EGB (den Europäischen Gewerkschaftsbund).


Der für den 14.März 2003 ausgerufene und vielerorts in Versammlungen der Arbeiter verwandelte 15minütige präventive europäische Streik war ein kleines Signal in diesem Sinne, wenn auch in seiner symbolischen Dimension. Und ein ebenfalls klares Signal stellte die Tatsache dar, daß heute nicht nur die Basisgewerkschaften und die FIOM zu Streiks gegen den Krieg aufrufen, sondern auch CGIL, CISL und UIL.


Der Sin Cobas hält das für eine positive Sache, da dieser Krieg nicht die Stunde des demonstrativen Streiks, sondern der realen und effektiven Blockade des Landes ist, um den Krieg abzulehnen und um diese Regierung daran zu hindern, in irgendeiner Form mit Bush’s Krieg zu kollaborieren.


Bei Ausbruch des Krieges rufen der Sin Cobas und die gesamte Basisgewerkschaftsbewegung die Arbeiterinnen und Arbeiter zum Streik und zur sofortigen Mobilisierung auf und fordern sie auf, daran zu arbeiten, das es die so einheitlichsten und umfangreichsten wie möglich werden. Die haltlosen und unglaublichen Einschüchterungsversuche der Garantiekommission für die Streiks in den <öffentlichen und Transport-> Diensten, die sich bei Bedarf in den Wächter der illegalen Entscheidungen der Regierung verwandelt, werden sie gewiß nicht verhindern.


Die sofortigen Streiks dürfen allerdings nur der erste Schritt zu einem europäischen Generalstreik gegen den Krieg sein, der - wie wir der Auffassung sind - in den unmittelbar auf den Beginn der Kriegsoperationen folgenden Tagen mit Hochdruck ausgerufen werden muß. Von unserer Seite und von seiten der gesamten Basisgewerkschaftsbewegung besteht das Interesse und die Bereitschaft auch in diesem Fall die breitestmögliche Übereinstimmung zu verwirklichen und zwar sowohl auf der italienischen wie auf der europäischen Ebene, sowohl mit den Gewerkschaftsorganisationen wie mit der gesamten Anti-Kriegs-Bewegung.


Der Krieg war in der Geschichte der Arbeiterbewegung immer eine Wasserscheide. Heute geben uns die Bewegungen die Möglichkeit etwas Neues zu schaffen, die Mehrheit der Arbeiterbewegung auf der richtigen Seite aufzustellen. Die Gewichtigkeit des Augenblickes erfordert es von uns die Verantwortung dafür zu übernehmen, es ernsthaft anzugehen.


Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover