Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:

Am Rande der jüngsten nationalen Konferenz des in der “Socialist Campaign Group” organisierten linken Flügels der Labour Party führte der Londoner Korrespondent der kleinen kommunistischen italienischen Tageszeitung “Liberazione” ein Interview mit dem Koordinator dieser Gruppe, John Mc Donnell, zu Lage Positionen und Perspektiven der verbliebenen Linken in Blairs New Labour-Party. Hintergrund ist die Tatsache, daß “Old Labour” im Gefolge des Linksrutsches in vielen TUC-Gewerkschaften und der Streikwelle, die derzeit das “United Kingdom” auffrischt, aus seinem mehr als ein Jahrzehnt dauernden Koma erwacht ist und offenkundig von den nun im TUC tonangebenden etwas linkeren Gewerkschaftsführern (die sich eine - ziemlich illusionäre - Neuauflage der klassischen Sozialdemokratie wünschen) als politische Alternative zu Blair, Mandelson, Prescott & Co. gesehen und nach Kräften gefördert wird. Das Interview erschien in “Liberazione” vom 23.7.2002.


Der Erfolg der Streiks letzten Wochen und das wiedergewonnene Bündnis mit den Gewerkschaften <versetzen die Labour-Linke in Euphorie>:

“Nach Blairs New Labour”

Guy Fawkes

Interview mit John Mc Donnell (Abgeordneter und Führer der Labour-Linken): “Wir haben uns wieder in Bewegung gesetzt und werden nicht stoppen. Wir wollen die Partei zu ihren Wurzeln zurückbringen.”

“Nach New Labour” - der Konvent, der die Labour-Linke neu lanciert, hat am Samstag eine Woche beendet, die im Zeichen der sozialen Auseinandersetzung stand: Generalstreik der Öffentlich Bediensteten (der imponierendste der letzten 20 Jahre) und der der Beschäftigten der Londoner U-Bahn.

Die Arbeitskämpfe der letzten Tage könnten das gesellschaftspolitische Szenario, in dem die New Labour Party des britischen Premierministers Tony Blair operiert, grundlegend kennzeichnen. Da kommt eine Konferenz, um die Labour Party zu den Ursprüngen zurückzubringen, wie gerufen. Wir sprechen darüber mit dem Unterhaus-Abgeordneten John Mc Donnell, dem Führer der Socialist Campaign Group (der linken Strömung innerhalb der Labour Party).

Ist diese Konferenz nur ein Abbild der internen Auseinandersetzung in der Partei oder - ambitionierter - die Geburt einer neuen, linken politischen Agenda, die Tony Blairs New Labour entgegenzusetzen ist ?

“Sie ist beides. Sicherlich gibt es die Absicht, uns die Labour Party wieder anzueignen und dies beabsichtigen wir sowohl über die linken Aktivisten als auch über die der Partei angeschlossenen Gewerkschaften zu tun. Gleichzeitig versuchen wir, der Welt zu sagen, daß es außerhalb von New Labour noch Sozialisten in der Partei gibt, die politische Projekte studieren und dabei an die effektiven Bedürfnisse der Gemeinschaft denken. Daher glauben wir, daß die Möglichkeit, daß diese Politik von der Regierung ergriffen wird, mehr denn je aktuell ist. Somit - um auf Ihre Frage zurückzukommen - stimmen beide Interpretationen. Diese Konferenz ist sowohl eine interne wie eine externe Debatte.”

Wir haben in den Reden wenig über Europa gehört. Glauben Sie nicht, daß eine sozialistische politische Plattform auf die Schaffung eines europäischen Programmes abzielen sollte ?

"Bei dem, was in diesen Tagen geschieht, war die Debatte über die internationalen Themen mehr als alles andere auf die Gefahr eines Krieges im Irak und auf die Notwendigkeit gerichtet, in diesem Land eine starke Bewegung für den Frieden zu schaffen. Innerhalb der Partei ist die Debatte über Europa jedoch gut präsent. Die internen Probleme in diesem Augenblick haben unsere Aufmerksamkeit für die anderen sozialistischen Allianzen Europas unvermeidlich gelockert. Eines der Themen, die wir bei unserer nächsten Konferenz im Herbst in Angriff nehmen wollen, ist genau das, eine wirksame Art zu finden, um die europäischen Sozialisten wieder zu vereinen. Wir wollen ein europäisches sozialistisches Programm schaffen und fördern, dem alle zustimmen können.”

Versucht Ihr bei diesem Versuch, Euch die Partei wieder anzueignen, einen Dialog mit der Anti-Globalisierungs-Bewegung und der heute in England vorhandenen alternativen Linken, wie z.B. der Socialist Alliance, herzustellen ?

“Als wir die 1.Mai-Demonstration organisiert haben, haben wir mit dem Globalise Resistance-Network zusammengearbeitet. Außerdem war ein Teil dieses Konventes der nachhaltigen Entwicklung gewidmet, um die Öffentlichkeit für die möglichen Folgen der Globalisierung zu sensibilisieren. Dennoch ist es unser Hauptziel, uns an die Mitglieder der Partei und an die gewerkschaftlichen Organisationen zu wenden. In zweiter Linie wollen wir aber diese Debatte auch ausweiten und aufgrund dessen setzen wir uns auch mit den Sozialisten auseinander, die nicht Mitglied der Partei sind und ebenso mit den Pressure-Groups.”

Wie lauten zum Abschluß der Arbeiten des Konventes Ihre Einschätzungen ?

“Heute hat es den vielleicht größten Konvent seit 10 Jahren auf dieser Seite gegeben. Es haben die Generalsekretäre der bedeutendsten Trade Unions (ihre Mitgliederzahl beträgt ca. 4 Millionen) daran teilgenommen, aber auch 300 Labour-Abgeordnete. Das sind ebensoviele wie Delegierte normalerweise am Kongreß der Labour Party teilnehmen. Für uns ist das ein unglaublicher Schritt voran. Die medien haben dieser Initiative extreme Aufmerksamkeit geschenkt. Nun wissen Millionen Leute, daß wir existieren und daß innerhalb der Labour Party eine Alternative zu New Labour existiert. Die letzten Tage sind ein enormer Erfolg gewesen. Das Ausmaß des Erfolges geht auch aus der Mißgunst hervor, mit der Exponenten von New Labour dabei sind, uns des Fraktionismus zu beschuldigen. In der Vergangenheit hätten sie Initiativen dieser Art nicht einmal kommentiert. Sie sind beunruhigt und das zurecht, weil die Labour Party sich wieder in Bewegung gesetzt hat.”

Besteht die reale Gefahr, daß Tony Blair beschließt, die linken Kandidaten bei den nächsten Wahlen nicht wieder aufzustellen ?

“Die Gefahr bürokratischer Manöver seitens der New Labour-Clique, um die Linke zu eliminieren, gibt es immer. Dennoch, wenn sie versuchen sollten, eine derartige Sache zu machen, glaube ich, daß es sowohl innerhalb der Partei als auch innerhalb der Trade Unions eine Revolte geben würde.  Die Führung von New Labour kann die Stimmen der Generalsekretäre der wichtigsten Gewerkschaften mit Sicherheit nicht ignorieren. (Man erinnere sich daran, daß die Gewerkschaften die Labour Party großzügig finanzieren.) Wir wollen die Partei nicht spalten, sondern wir schlagen eine Veränderung des Kräfteverhältnisses im Innern derselben vor, um sie zu ihren Wurzeln zurückzubringen.”

Vorbemerkung, Übersetzung aus dem Italienischen und Anmerkungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover