„Zeitung vom
Letzebuerger Vollek“ 5.8.2005
(herausgegeben von der Kommunistischen Partei Luxemburgs)
”56,52 Prozent der wahlberechtigten Luxemburger sprachen
sich am 10. Juli für den Verfassungsvertrag für die Europäische Union aus“,
schrieb gestern d’Wort.
Das ist, gelinde gesagt, eine Unwahrheit, was aber nichts Außergewöhnliches ist
in jener Zeitung.
Denn am 10. Juli wahlberechtigt waren 220.717 Bürger, von denen 109.494 mit Ja
gestimmt haben. Das sind nach Adam Riese keine 56,52 Prozent, sondern nur knapp
49,61 Prozent. 84.221 Wähler haben mit Nein gestimmt, während 5.894 weitere
weiß oder ungültig gestimmt haben, was ja nicht unbedingt mit Ja zu übersetzen
ist.
21.108 Wähler waren überhaupt nicht erschienen, wobei ja kaum anzunehmen ist, daß diese alle über 75 Jahre alt waren und somit der
Wahlpflicht nicht mehr unterlagen. Besonders jene unter 75, die unter
Strafandrohung nicht zum Wahlbüro gegangen sind, wird man kaum zu den
Befürwortern zählen dürfen. Sie haben ihre Ablehnung eher mit einem doppelten
Nein zum Ausdruck gebracht. Nach dem Motto: Ihr könnt mich mal...
Bezeichnend ist übrigens, daß man diese Auflistung
nirgendwo mehr findet, besonders nicht auf der Webseite www.elections.public.lu
der Regierung.
Das Ausland soll wohl fest daran glauben, trotz Wahlzwangs hätten sich 56,52
Prozent der Wahlberechtigten für den Verfassungsvertrag ausgesprochen. So
werden Legenden gestrickt.
Eine jetzt veröffentlichte ILReS-Umfrage gibt weitere
aufschlußreiche Details: So haben 67 Prozent der
Arbeiter und 62 Prozent der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren mit Nein gestimmt ! Sie wußten wohl, warum sie so gestimmt haben, denn sie wären
die ersten Opfer der im Verfassungsvertrag vorgeschriebenen Globalisierung.
Und während CSV, LSAP, DP und Grüne nach dem Urnengang im Parlament die Nein-Sager als üble Ignoranten beschimpften, haben je 49
Prozent der Wähler von LSAP und Grünen mit Nein gestimmt, bei den DP-Wählern waren es 45 Prozent, und bei den Wählern der CSV
immerhin noch 21 Prozent.
Die Umfrage widerlegt die Schimpfkanonaden von Fayot,
Santer junior und Konsorten, denn sie zeigt, daß sich
die Gegner sehr wohl über den Verfassungsvertrag informiert haben. Mehrheitlich
führen sie negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt an, die Bolkestein-Richtlinie, Delokalisierungen
und ein soziales Defizit in Europa.
Während bei den Ja-Sagern der größte Teil eher
abstrakte Gründe für ihr Votum angibt, wie die angebliche ”Rolle Luxemburgs in
Europa“, oder ”positive Auswirkungen für die künftigen Generationen“, usw. –
Also genau die Argumente der Dampfwalzen-Propaganda der Regierung in den beiden
letzten Wochen vor dem 10. Juli.
Mehrheitlich mit Ja gestimmt haben – wohl wegen der ”positiven
Auswirkungen für die künftigen Generationen“ – die über 55-Jährigen (72
Prozent). Also gerade jene, die denken mögen, sie hätten eh nichts mehr zu verlieren.
Übrigens: Anläßlich der Wahlgesetzmanipulation in der
verflossenen Legislaturperiode wurde die Pflicht zum Wählen von 70 auf 75 Jahre
heraufgesetzt. Wie das Referendum wohl ausgegangen wäre ohne diese Änderung?
Doch das Lustigste haben wir für den Schluß
aufgehoben: Die Rücktrittsdrohung Junckers war nur
für neun Prozent der Ja-Sager und für fünf Prozent
der Nein-Sager relevant. In anderen Worten: Er ist dem Volk ziemlich schnuppe. Ob er wohl deshalb noch schnell
vor der Veröffentlichung der Umfrage an den Lago Maggiore verduftet ist?
Jo Muttergé
Den Internet-Auftritt der „Zeitung vom Letzebueger Vollek“
findet sich unter: http://zlv.lu/