Antifa-AG der Uni Hannover:

 

Für die Unterstützer des Staates Israel und die Anhänger des Konstruktes von Israel als „Staat der Opfer“ (einer nicht nur eindimensionalen und mechanischen, sondern oftmals auch biologistischen Auffassung, da dieser Status auf die Nachkommen der Opfer übergehe, sich also faktisch „vererbt“) ist es unmöglich, dass es in Israel, genauer gesagt unter den jüdisch-stämmigen Bürgern, Rechtsradikale oder gar Faschisten gibt. Die Realität sieht leider anders aus, wie nicht nur die Politik und Ideologie des regierenden Likud-Blocks von Ariel Sharon über weite Strecken beweist, sondern mehr noch Organisationen wie die kolonialistische und rassistische Siedler-Bewegung Gush Emunim, die Parteien Tsomet, Moledet, Tehiya, Herut oder die seit 1988 von den Wahlen ausgeschlossene Kach-Bewegung des 1990 in New York bei einem Anschlag getöteten Rabbis Meir Kahane. Alle diese Parteien und Organisationen werden selbst von den führenden bürgerlichen Medien hierzulande und im Ausland (ARD, Süddeutsche Zeitung, FAZ, Le Monde, Guardian, Independent, la Repubblica, International Herald Tribune…) als „ultra-rechts“, „rechtsaußen“ etc. bezeichnet und insbesondere die ersteren sind alles andere als unbedeutende Splittergruppen.

Eine solche nicht mehr zu sein, bemühen sich nun auch wieder die Erben der neofaschistischen Kach, die neuerdings recht erfolgreich eine bestimmte Form von Entrismus im Likud und in anderen Regierungsparteien betreiben, um über die Agitation gegen Sharons sog. Rückzugsplan aus Gaza breiten Einfluss zu gewinnen. Wie dies vor sich geht, schildert der nachfolgende kurze Artikel aus der linken italienischen Tageszeitung „il manifesto“ vom 13.6.2004. Ihm folgt eine ebenfalls „il manifesto“ entnommene Notiz über das Ergebnis einer Meinungsumfrage der Universität Haifa, die verdeutlicht, vor welchem Hintergrund die Kach-Taktik stattfindet und bis zu einer gewissen Grenze funktionieren kann.

 

Die neuen Strategien der extremen Rechten

 

Die Anhänger des Rabbiners Kahane, des 1990 in New York ermordeten Führers der jüdischen extremen Rechten, haben einen neuen Weg gefunden, um Israel zu ultra-nationalistischen Positionen zu drängen und den Versuch zu starten, jeden Kompromiss mit den Palästinensern zu verhindern. Sie haben als Ersatz für die (offiziell verbotene) rassistische Kach-Bewegung den „Jewish Leadership“ (Jüdischer Führerschaft) gegründet und drängen vor allem diejenigen Israelis, die gegen jedes Abkommen mit den Palästinensern sind, Mitglied des Likud (der von Sharon geführten Partei) zu werden, um deren Politik zu beeinflussen.

 

So geschieht es, dass in Bat Ayin, der jüdischen Siedlung, in der der Extremist Moti Karpel lebt, 92 ihrer 202 Bewohner Mitglied im Likud sind. Und doch stimmten bei den letzten Wahlen nur 10 für den Ministerpräsidenten – alle Anderen für die extreme Rechte. Das sei ein weit verbreitetes Phänomen, berichtete vor einigen Tagen die Tageszeitung „Maariv“ und nannte die Namen von Siedlungen, die sonderbarerweise voller Likud-Mitglieder sind. Auf diese Weise ist „Jewish Leadership“ dabei, die Kontrolle über die wichtigste Partei zu übernehmen und ein erstes Resultat dieser Strategie hat man am 2.Mai gesehen als wenige Tausend Stimmen ausreichten, um den Plan des „Verräters Sharon“ <in der Urabstimmung der Likud-Mitglieder> scheitern zu lassen.

 

Die wachsende Zahl von Aktivisten des „Jewish Leadership“, die Likud-Mitglieder sind, hat auch zu einer spürbaren Zunahme der Extremisten im Zentralkomitee des Likud geführt. Einigen Beobachtern zufolge würde dieselbe Strategie auch in anderen Formationen der Mitte-Rechten verfolgt, die zur Regierungskoalition gehören. Wobei ein Gutteil der Mitglieder, aufgrund fehlender Kontrollen, mittlerweile zwei bis drei Parteibücher in der Tasche und eine präzise Absicht im Kopf hat: den Krieg mit den Palästinensern fortzusetzen.

 

(Michele Giorgio)

 

 

„il manifesto“ vom 23.6.2004:

 

Israel:

 

Umfrage: Arabische Israelis raus!

 

Eine deutliche Mehrheit der jüdischen Israelis möchte, dass die Regierung die arabischen Bürger des jüdischen Staates (die 20% der Bevölkerung ausmachen) „ermutigt“, Israel zu verlassen. Das ist das Ergebnis einer vom Center for National Security Studies der Universität Haifa durchgeführten und gestern veröffentlichten Meinungsumfrage. Die Umfrage zeigt, dass 64% der jüdischen Bürger Israels möchten, dass ihre arabischen Mitbürger durch die Regierung „ermutigt“ werden zu gehen und dass 55% der jüdischen die arabischen Israelis als eine Bedrohung für die Staatssicherheit betrachten. „Der Trend, den wir aufgezeigt haben, stellt unglücklicherweise eine Erhöhung der Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit / Fremdenangst) dar, die zum Großteil auf die Spannungen und die Sicherheitslage zurückzuführen ist“, sagte Gabriel Ben-Dor, Meinungsforscher der Universität Haifa.

 

Numer Sultany, ein arabisch-israelischer Anwalt ist damit nicht einverstanden: „Die arabischen Bürger Israels leiden in allen Bereichen des täglichen Lebens unter Diskriminierungen. Das ist eine in der israelischen Gesellschaft sehr tief verwurzelte Einstellung. Das ist nicht nur eine Frage der Angst – das ist eine Frage der Ideologie.“

 

 

Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:

Antifa-AG der Uni Hannover