Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
Lohnpolitik steht neben dem Kampf gegen die zunehmende Prekarisierung und den
Arbeitsplatzabbau seit mehreren Jahren im Zentrum der gewerkschaftlichen Kämpfe
in Italien. Das zeigen die konkreten Auseinandersetzungen der letzten Monate
ebenso wie die Agenden der Gewerkschaftstage (beispielsweise der größten
italienischen Metallergewerkschaft FIOM). Einen konkreten Eindruck von der
Lohnentwicklung und dem durchschnittlichen Lohnniveau auf das Halbinsel liefert
die entsprechende Untersuchung des Forschungsinstitutes IRES der
Gewerkschaftszentrale CGIL (früher KP-nah), die in den Medien ein
breites Echo fand. Obgleich sie bereits vom 9.September 2004 stammt,
gibt es bis heute nichts Aktuelleres. Das heißt, sie fasst noch immer die
neuesten Zahlen zu diesem Thema zusammen.
IRES-CGIL:
Lohntüten: In drei Jahren haben sich 1.400
Euro in Rauch aufgelöst
Innerhalb von drei Jahren
haben die abhängig Beschäftigten, aufgrund der Preissteigerungen und der
geringen Lohnerhöhungen, mehr als 1.380 Euro verloren. So lautet die Einschätzung
in einer Untersuchung des CGIL-Forschungsinstitutes IRES. Das Institut hat
errechnet, dass die von 2002 bis 2004 verlorene Summe zwischen 1.269 Euro (auf
der Basis einer Inflation von 2,3% und 1.380 Euro (Inflation von 2,8%)
schwankt. Insbesondere ein Beschäftigter mit einem durchschnittlichen Einkommen
von 22.000 Euro <im
Jahr> hat aufgrund von Lohnerhöhungen,
die unterhalb der Preissteigerung lagen, 864 Euro verloren sowie 516 Euro infolge
der fehlenden Erstattung des fiscal drag <Anm.1>.
Die Zahl berücksichtigt die gesamte abhängige Beschäftigung, ausgenommen die in
der Landwirtschaft und im Öffentlichen Dienst Beschäftigten.
„Wir haben errechnet“ – sagt
der Generalsekretär der CGIL, Guglielmo Epifani – „dass der durchschnittliche
Werktätige in den letzten drei Jahren mindestens 1.200 Euro eingebüßt hat. Das
sind unanfechtbare Daten. Die Werktätigen werden ärmer. Wir werden die Zahlen
zusammen mit einem Begleitbrief an die Regierung, an die <Industriellenvereinigung> Confindustria und an die Gegenseiten schicken.“ Um
gegen diese Situation vorzugehen, bekräftigt Epifani die Notwendigkeit einer
neuen Einkommenspolitik, die Preise und Gebühren unter Kontrolle hält, aber
auch einer Tarifpolitik, die die Kaufkraft der Löhne und Gehälter zurückgewinnt.
„In den Taschen der 16 Millionen abhängig Beschäftigten“ – sagt IRES-Präsident
Agostino Megale – „fehlen 21 bis 22 Milliarden Euro. Es gibt ein eindeutiges
Lohnproblem.“
Der CGIL zufolge könnte der
Verlust für die abhängig Beschäftigten noch über die von 2002 bis 2004
eingebüßten 1.380 Euro hinaus zunehmen (bis auf 2.022 Euro), wenn die
nationalen Tarifverträge für 2005-2006 auf Grundlage der im <Jahreswirtschaftsplan> DPEF veranschlagten Inflationsrate erneuert werden
sollten – eine von der Gewerkschaft in jedem Fall ausgeschlossene Möglichkeit.
Die CGIL bekräftigt, dass sie Forderungen stellen werde, die sehr nah an der
realen Inflationsrate liegen. Circa 6,5 Millionen Werktätige – warnt die
IRES-CGIL – verdienen weniger als 1.000 Euro im Monat, während ca. 10 Millionen
Werktätige weniger als 1.350 Euro monatlich in der Lohntüte haben. Diese in der
Armutsgefahr schwebenden Werktätigen mussten erleben, wie ihre Kaufkraft
aufgrund der Erhöhung der Preise und Gebühren zurückging, aber auch weil die Tarifverträge
die Produktivitätssteigerung nicht vergütet haben, außer zu einem sehr kleinen
Teil (nur 3% von 21%, die von 1993 bis 2001 registriert wurden).
Die Zahlen bestätigen –
behauptet Epifani – dass der Kampf der CGIL für „die Festlegung einer neuen
Einkommenspolitik, also für ein System öffentlicher Entscheidung, die eine
gerechte Einkommensverteilung erlauben, richtig ist. Bei der relativen
Verarmung des Landes gibt es einen Teil, der sich bereichert hat.“ Der
CGIL-Führer bekräftigt, dass – wenn es darum geht, Mittel zu finden, um der
Haushaltspolitik etwas entgegen zu setzen – diese Mittel gerade bei jenem Teil
des Landes gesucht werden müssen, der sich bereichert hat und nicht indem die
Bedingungen der Rentner und der Beschäftigten verschlechtert werden. Das IRES
legt in seiner Studie auch einen Vergleich mit den Stundenlöhnen im
produzierenden Gewerbe der industrialisierten Länder vor. Ein Vergleich, der
Italien schlecht aussehen lässt: Die realen Stundenlöhne stiegen von 1995-2003
nur um 1,1% gegenüber einem Zuwachs von nie weniger als 6% in den anderen
Ländern. Wenn man die Analyse auf den Zeitraum 2000-2003 begrenzt, verzeichnen
die Reallöhne im produzierenden Gewerbe Italiens einen Rückgang (- 0,6%),
aufgrund der hohen Inflationsraten, während sie in den anderen
industrialisierten Ländern zwischen einer Steigerung um + 1,6% in Deutschland
und + 5,8% in Frankreich schwanken.
Anmerkung
1: Die durch die Inflation bewirkte Erhöhung der
Besteuerung nennt man fiscal drag (Drainage).
Vorbemerkung,
Übersetzung, Anmerkung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover