1 Euro-Jobs jetzt auch bei Radio FLORA! „Rettung“ oder Beitrag zum Lohndumping?
Im Rahmen von Hartz IV gibt es seit Ende letzten Jahres – begleitend zu den drastischen Leistungskürzungen – auch die sog. 1 Euro-Jobs, die uns in den letzten Wochen in Fernsehsendungen und großen Artikeln in HAZ und NP fast schon als Segen verkauft werden.
Diese 1 Euro-Jobs sind keine regulären Beschäftigungsverhältnisse. Sie sind auf 3 bis 6 Monate beschränkt und nicht sozialversicherungspflichtig. Rechte haben die 1 Euro-Jobber so gut wie nicht. Nach der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) handelt es sich schlicht um „Zwangsarbeit“.
5.000 solcher Stellen sollen laut „Neue Presse“ vom 7.1.2005 in Hannover in der nächsten Zeit geschaffen werden. Neben der Stadt Hannover (Friedhofsamt, Pausenaufsicht in den Schulen etc.), der AWO, Caritas und anderen Unternehmen, staatlichen Stellen, Vereinen und Verbänden beteiligte sich als eine der Ersten auch das angeblich „alternative“ Radio FLORA an dieser Form des Lohndumpings. Vier Stellen wurden bereits im letzten Herbst dort klammheimlich eingerichtet. Zwecks Öffentlichkeitsarbeit, im Büro, als Hausmeister und zur Einrichtung eines MP3-Archivs. Nachdem dieser Skandal von Erwerbslosengruppen und kritischen Gewerkschaftern aufgedeckt wurde, lautete die Entschuldigung: Bei Radio FLORA sei das alles ja viel besser und „alternativer“ und geschehe nur zur „Rettung“ der Betroffenen.
Tatsächlich sehen die 1 Euro-Jobs bei FLORA nicht anders aus als anderswo.
Die Schaffung tausender solcher Beschäftigungsverhältnisse zielt allgemein darauf ab:
- die öffentlichen und privaten Arbeitgeber weiter aus ihrer sozialen Verantwortung, reguläre Arbeitsplätze zu schaffen, zu entlassen und den Stellenabbau zu beschleunigen.
- zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen, die sozialen Leitungen gegenüber Arbeitslosen drastisch zu kürzen und Sanktionen zu verhängen (Zwangsarbeit).
- eine Unterbietungskonkurrenz zulasten der mit regulären Arbeitskräften arbeitenden Unternehmen zu schaffen, um die Kosten zu senken.
- die Arbeitslosenstatistik zu Wahlkampfzwecken zu schönen.
- massiven Druck auf die tariflichen Löhne der Beschäftigen auszuüben, mit dem Ziel einer generellen Absenkung der Löhne und Gehälter. Das wird dann um so deutlicher, wenn z.B. die Stadt Hannover in öffentlichen Schulen hoch qualifizierte Arbeitskräfte, wie Sozialpädagogen, EDV-Spezialisten und Tischler für 1 Euro die Stunde beschäftigt.
Einen ernstzunehmenden Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Schaffung regulärer Beschäftigungsverhältnisse leisten diese Maßnahmen genau so wenig wie zur Wiedereingliederung der Betroffenen in den ersten Arbeitsmarkt. Diese sogenannten „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“, die das SGB II auch gegen den Willen der Betroffenen vorsieht, werden zu einer weiteren massiven Verdrängung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse führen und den seit Jahren anhaltenden Abbau regulärer Beschäftigung verschleiern und fortsetzen.
Wir halten 1-Euro-Jobs auch in ihrer angeblich "netten", "alternativen" Form bei FLORA für einen Bestandteil des staatlichen Drucks auf Arbeitslose und eines nie dagewesenen Lohndumpings. Die Einführung solcher Jobs bei einem alternativen Medienbetrieb hat nach unserer Meinung eine fatale politische Signalwirkung. Der Sender schließt sich damit dem neoliberalen gesellschaftlichen Mainstream an. Die fadenscheinige Begründung: Man lehne ja schließlich auch die GEZ-Gebühren nicht ab und irgendwer müsse schließlich den Abwasch machen. Nicht vergessen werden sollte auch, dass der Verein FLORA nicht nur 4 kostenlose Arbeitskräfte gestellt bekommt, sondern pro Nase und Monat obendrein rund 250 Euro „Aufwandsentschädigung“, d.h. 1.000 Euro jeden Monat. Um das auch gegen kritische Stimmen aus dem eigenen Haus durchzusetzen, legte der Vereinsvorstand zweimal sein Veto gegen Beschlüsse des FLORA-Plenums ein und sorgte dafür, dass sich seine Positionen durchsetzten. Die viel beschworene „Basisdemokratie“ wurde so durch Vorstandsvetos und immer neue Paragraphenhuberei der Geschäftsleitung ersetzt.
Dass FLORA damit ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ hat, wurde von verschiedenen Vertretern offen eingestanden. An den Verhältnissen ändert das allerdings nichts.
Eindeutigkeit ist hier jedoch gefragt. Deshalb fordern wir:
Weg mit 1 Euro-Jobs, Zwangsarbeit und Dumpinglöhnen!
Weg mit Hartz IV und der gesamten Agenda 2010!
Es gibt eine Alternative: Gemeinsamer Kampf gegen Lohnraub, Entrechtung und Sozialabbau!
Genug Geld ist vorhanden. Umverteilung von oben nach unten!
Projektgruppe „Agenda 2010 – kippen“, Erwerbslosenzeitung „Alptraum“, Gewerkschaftsforum Hannover, Antifa-AG der Uni Hannover.
Kontakt über:
Im Internet unter:
http://www.gegen-sozialabbau.de
http://antifa.unihannover.tripod.com Wird Hartz V die 1-€-Jobber auch ins Ausland verbringen ?