Antifa-AG
der Uni Hannover:
In Kolumbien verfestigt sich nach dem
Votum des Verfassungsgerichtes (mit 7 zu 2 Stimmen) zugunsten einer (bislang
verfassungsrechtlich verbotenen) sofortigen Wiederwahl im kommenden Jahr die
Herrschaft des rechtsradikalen Präsidenten Alvaro Uribe
von der Konservativen Partei. Uribe, dem enge
Kontakte zu den Todesschwadronen der AUC nachgesagt werden, hat seit seiner
Wahl Ende Mai 2002 den Krieg gegen die Guerilla und die Arbeiter- und
Bauernbewegung kontinuierlich intensiviert. Die nun erfolgte
Verfassungsänderung ist dabei ein einschneidendes Moment. Sie wird es ihm (den
Umfragen zufolge) erlauben, mindestens weitere 4 Jahre zu regieren. Selbstverständlich
basierend auf der üblichen Wahlbeteiligung von deutlich unter 50% und einer auf
die begrenzte Auseinandersetzung zwischen der liberalen und der konservativen
Partei beschränkte politische Landschaft, in der jeder „legale“ Linke oder
Gewerkschafter jeden Moment um sein Leben fürchten muss.
Diese Entwicklung veranlasste die größte
Guerillaorganisation des Landes, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens –
Volksheer (FARC-EP), die über ca. 16.000 bewaffnete Kämpfer verfügen und der
Kommunistischen Partei Kolumbiens nahe stehen, zu der folgenden Stellungnahme.
An der dort geschilderten Sachlage hat sich nur insofern etwas geändert als Uribe inzwischen seine Bereitschaft zu einem humanitären Gefangenenaustausch
verkündet hat. Allerdings nur um bei der Intensivierung des Krieges gegen die
eigene Bevölkerung auf mehr publizistischen Rückenwind und eine bessere
Kampfmoral seiner Truppen zählen zu können. Positive Schlagzeilen kann Uribe nämlich gut gebrauchen, nachdem er nach kompromittierenden Berichten der rechtsliberalen
Tageszeitung »El Tiempo« über enge Kontakte des
kolumbianischen Geheimdienstes DAS zu den Todesschwadronen Ende Oktober dessen
Führungsspitze neu besetzen musste. DAS-Chef und Uribe-Intimus Jorge Noguera, Uribe-Intimus reichte am 25.Oktober 2005 seinen Rücktritt
ein. Sein uneinsichtiger Stellvertreter José Miguel Narváez
wurde vom Staatschef entlassen. Und auch die „Waffenabgabe“ der Paramilitärs und ihre „Eingliederung in die
Zivilgesellschaft“ bzw. Legalisierung als politische Kraft ist ins Stocken
geraten, nachdem einer ihrer Anführer (Diego Murillo)
verhaftet wurde und die AUC seine Auslieferung an die USA wegen Drogenhandels
befürchten.
Das FARC-EP-Kommunique entnahmen wir der
Website des linken Flügels von Rifondazione Comunista Padua + Venetien (www.pane-rose.it), wo am 5.11.2005
die italienische Übersetzung veröffentlicht wurde. Aufgrund der Nähe der
italienischen und der spanischen Sprache sind auf das Original bezogene
inhaltliche Einbußen bei unserer Übersetzung ins Deutsche weitestgehend
auszuschließen.
FARC- EP: „Wir rufen dazu auf,
Kräfte und Willen zu vereinen, um den Vormarsch der Diktatur umzukehren!“
Kommunique zur Wiederwahl Uribes
Mit dem jüngsten
Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofes, der der sofortigen Wiederwahl <des amtierenden Präsidenten> den Weg ebnet, wurde die Unabhängigkeit der Zweige
der öffentlichen Macht in Kolumbien sang- und klanglos als schlichter, toter
Buchstabe beerdigt.
Dieses Prinzip sowie die
Abschaffung jeder Art von Wiederwahl wurde durch den
Apparat des Präsidenten <Uribe> verspottet
und zertrümmert. Von ehrenwerten Ausnahmen abgesehen, werden die Mehrheiten des
Kongresses und der Gerichte, die neu festgelegt haben, was verfassungsgemäß ist,
von Uribes politischen Gefolgsleuten mit
Linsengerichten gekauft, was zum Erscheinen übel riechender teodolindi,
wie Herrn Andrés Pastrana <Uribes
Amtsvorgänger, ebenfalls von der Konservativen Partei>, auf der Bühne beigetragen hat.
Sowohl Uribe
als auch die Vereinigten Staaten, die rechten Unternehmer und die mafiösen Paramilitärs glauben,
von der Reklametrommel, die die großen Zeitungen, Radio- und Fernsehsender
rühren sowie von den trügerischen Umfragzahlen angetrieben, dass sie das Feld
frei geräumt haben, um mit ihrer „Demokratischen Sicherheit“ der Panzer, der
neoliberalen Politik und des Hungers und des Krieges gegen das Volk
weitermachen können. Sie schlagen den Weg zu einer, vom Präsidenten
angeführten, zivil-militärischen Diktatur ein, weil ihre Klasseninteressen
nicht gesichert sind. Sie spüren, dass sich die allgemeine Krise und die ihrer
Parteien entfaltet und nehmen bereits die
Erschütterungen des zunehmenden Dissenses von unten wahr.
Uribe hat in allen Bereichen demonstriert und versichert,
dass er am Humanitären Austausch nicht interessiert ist und noch weniger an
einem Friedensabkommen mit den FARC. Für uns ist klar, dass es solange keine
Verständigung geben wird, wie er Vorbedingungen stellen will.
Die Regierung Uribe ist mit ihrer Kriegsstrategie gescheitert. Es wird
weitere 4 Jahre Blut und Schwarzpulver geben. Weder die Armen noch die
Sozialprogramme sind sein vorrangiges Thema. Die demokratischen und
revolutionären Kräfte müssen sich um ein Programm herum zusammenschließen, das
als Minimum den Humanitären Austausch, die politische Lösung, das Ende des Plan
Colombia und des Patriotischen Planes, die
Nicht-Unterzeichnung des Freihandelsabkommens, die Sozialausgeben und die
Landreform umfasst, um zu verhindern, dass dieser Herr und seine verbündeten
Tischgenossen das Land in eine Situation treiben, die schlimmer ist als die des
polarisierten Kolumbiens der 50er Jahre. Sie haben bereits begonnen, auf die
Liberalen zu feuern, die mit ihrem Projekt nicht in Einklang stehen.
Der begonnene Wahlkampf
kündigt sich als eine neue Farce Uribes an, in dem
der gesamte staatliche, offizielle und halb-offizielle, mit Gewehren oder
Motorsägen, Verträgen oder bürokratischen Quoten sowie mit den 105 Milliarden
des nationalen Haushaltes und den Millionen Dollars der Mafiosi des Ralito, die ihm zur Verfügung stehen, bewaffnete staatliche
Apparat daran arbeitet, das Reich der Tyrannei endlos auszudehnen.
Wir sind überzeugt davon,
dass jene, die sich (wie wir) dieser Perspektive widersetzen und Demokratie mit
einer politischen Lösung, sozialer Gerechtigkeit und Souveränität wollen, die
Mehrheit bilden. Deshalb rufen wir zu einer anderen Entscheidung auf, rufen wir
dazu auf, gemeinsamen Strategien und politischen Treffpunkten den Vorzug zu
geben, in denen Kräfte und Willen vereint werden, um den Vormarsch der Diktatur
umzukehren.
In den Bergen Kolumbiens,
30.Oktober 2005
Sekretariat
des Zentralen Generalstabes der FARC-EP
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügung in eckigen Klammern:
Antifa-AG der
Uni Hannover