Es ist ein höchst zweifelhaftes Verdienst der gegenwärtigen
Führung des Zentralrats der Juden in Deutschland, dass die meisten Menschen
hierzulande glauben, die deutschen Juden würden die zionistische Kriegs-,
Besatzungs- und Annexionspolitik der Herren Olmert, Peretz, Halutz & Co. aus
vollem Herzen begrüßen und unterstützen. Dem ist beileibe nicht so, wie der
Brief der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ (deutsche
Sektion der EJJP) auf dieser Seite (http://antifa.unihannover.tripod.com/EJJP_zum_Zentralrat_2006.htm) oder die Protestnote des Vorsitzenden der Jüdischen
Gemeinden in Schleswig-Holstein, Professor Rolf Verleger, vom 23.7.2006 zeigen
(http://www.sueddeutsche.de/imperia/md/content/pdf/deutschland/brief_von_rolf_verleger.pdf). Ein weiterer Beleg dafür ist der Brief von
Evelyn-Hecht-Galinski, der Tochter des langjährigen Zentralratsvorsitzenden
Heinz Galinski (1912 – 1992), der die KZ’s Auschwitz,
Buchenwald und Bergen-Belsen überlebte, zur israelischen Politik und den
fragwürdigen Solidaritätsbekundungen nicht nur des Zentralrats mit jenem Staat.
Ihre Stellungnahme erschien als Leserbrief
in der „Süddeutschen Zeitung“ vom
5./6. August 2006 auf Seite 20 und wurde in Auszügen auch vom „Neuen
Deutschland“ veröffentlicht.
Falsche Solidarität
Ich schäme mich
als deutsche Jüdin für die Untaten Israels.
Gezielte
Tötungen, Unterdrückung und Erniedrigung der palästinensischen
Bevölkerung, willkürliche Landenteignungen, Zerstörung der Infrastruktur,
Sprengung von Häusern; hemmungsloser Mauerbau, unmenschliche Grenzschikanen
und jetzt noch die Zerstörung des Libanon, die Tötung der UN -Beobachter
und die Tötung von Zivilisten in Kana, unter
ihnen viele Kinder. Alles wie 1996 gehabt! Diese Zivilisten hatten Zuflucht im
Keller ihres Hauses gesucht, aber nach zwei Stunden Bombardierung keine
Chance, dem Tod zu entkommen.
Israel hätte
längst Frieden mit Syrien machen können: nach Rückgabe der Golan-Höhen.
Und was ist mit den Atomwaffen Israels? Was ist mit den UN-Resolutionen,
die jedes Mal durch die USA und durch Israel blockiert werden? Wo bleibt die
objektive Stellungnahme der deutschen Politik anstatt der einseitigen
Beurteilung der Lage zugunsten Israels? Kein "falsches Wort",
dann kommen die Schelten des Zentralrats der Juden in Deutschland und der
Antisemitismusvorwurf gegen jedes kritische Wort.
Unlängst hatte
Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die Angriffe als "durch
nichts mehr zu rechtfertigen" bezeichnet. Ebenso Benita Ferrero-Waldner für die EU und die Schweizer
Außenministerin Micheline Calmy-Rey.
Nach den Äußerungen des Zentralrats müsste allen drei Damen der Rücktritt
nahe gelegt werden, dazu noch allen kritischen Journalisten und
Kommentatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ist sicher nicht die Aufgabe
des Zentralrats. Meine Frage: Wer hat die große Anzeige "Aufruf zur
Solidarität mit Israel" bezahlt? Der Etat des Zentralrats ist
sicherlich nicht für solche Anzeigen gegeben worden.
Umso erfreulicher
ist, dass Thorsten Schmitz aus Israel über das Häuflein Anhänger der
Friedensbewegung berichtet. Sehr wichtig wäre es aber auch, mehr Artikel
von Uri Avnery und Gideon Levy aus „Haaretz“ abzudrucken. Außerdem möchte ich das Buch des Friedensaktivisten
Reuven Moskowitz "Der
lange Weg zum Frieden" empfehlen. Der Autor war 2003 Preisträger
des Aachener Friedenspreises und ist Mitgründer des Friedensdorfes Neve Schalom.
Ich vermisse eine
deutsch-jüdische Initiative wie die israelische Friedensbewegung anstatt
Nibelungentreue und falsche Solidarität.
Evelyn Hecht-Galinski, Malsburg-Marzell
Vorbemerkung:
Antifa-AG der Uni Hannover