Thomas Konicz
Bundesweit wurden bisher an
die 114000 Ein-Euro-Jobs geschaffen. Das erklärte die Arbeitslosenaktivistin
Angelika Wernike am Mittwoch auf einer vom Berliner
Sozialforum und der Berliner »Kampagne gegen Hartz
IV« organisierten Betroffenenversammlung von Ein-Euro-Jobbern in Berlin. Allein
in der Hauptstadt und im Land Brandenburg gibt es inzwischen 16000 solcher
Zwangsarbeitsstellen. Volker Prasuhn vom ver.di-Erwerbslosenausschuß vervollständigte das
gegenwärtige Bild der Lage, indem er die Bereiche auflistete, in denen
Ein-Euro-Jobber eingesetzt werden: in der Grünflächenpflege, bei sozialen
Diensten und im Schul- und Bildungsbereich. So entstünden bespielsweise
an Berliner Schulen ca. 500 dieser »Arbeitsgelegenheiten«, obwohl seit 1992 im
Zuge von Sparmaßnahmen und Schülerschwund 10000 Stellen im Bildungsbereich
weggefallen seien.
Den Großteil der
Betroffenenversammlung füllte eine Debatte über die konkreten Forderungen der
Ein-Euro-Jobber aus. Im Vordergrund stand dabei vor allem die Abschaffung des
Arbeitszwangs und jeglicher Sanktionen gegen ALG-II-Bezieher,
die »Arbeitsgelegenheiten« ablehnen. Darüber hinaus wurde die Einführung eines
öffentlichen Beschäftigungsregisters für alle Ein-Euro-Jobs vorgeschlagen, um Mißbrauch zu verhindern. Ferner sollten die ALG-II-Gesamtleistungen auf 938 Euro, also die offizielle
Armutsgrenze, angehoben werden. Starken Widerhall fand auch die Forderung, die
Ein-Euro-Jobs in reguläre, sozialversicherungspflichtige und öffentlich
geförderte Stellen bei gleichzeitiger Durchsetzung eines Mindestlohns von zehn
Euro umzuwandeln.
Um diesen Forderungen
Nachdruck zu verleihen, wollen sich die Berliner Aktivisten am 20. Mai an einem
bundesweiten Aktionstag gegen Zwangsarbeit mit vielfältigen Protestaktionen
beteiligen. Außerdem ist ein Hearing zum Thema Zwangsarbeit geplant, an dem
neben den Betroffenen die Träger, staatliche Stellen, politische Parteien und
Betriebsräte teilnehmen sollen. Während dieses Hearings sollen die Forderungen
der Ein-Euro-Jobber offensiv vorgetragen und die dubiose Rolle der Träger,
insbesondere der Caritas, thematisiert werden, die im großen Maßstab in das
Geschäft mit Zwangsarbeit einsteigt. Abschließend rief die »Kampagne gegen Hartz IV« für Montag, den 25. April, zu einem Aktionstag in
Berlin auf, der ab 12 Uhr vor der Arbeitsagentur Neukölln beginnt. Trotz
mancher Kontroversen bezüglich der konkreten Taktik war man sich einig, daß nun die Kräfte der Erwerbsloseninitiativen bundesweit
zur Gegenwehr gebündelt werden müssen.
Quelle: www.jungewelt.de