Antifa-AG der Uni Hannover:
Die Partei der Europäischen Linken
(hierzulande meist Europäische Linkspartei genannt) ist der wichtigste
linkssozialdemokratische Parteienverbund auf EU-Ebene. Derzeit (d.h. Anfang
Juli 2005) besteht die Europäische Linkspartei aus 23
Mitgliedsparteien (15 Vollmitglieder, 8 mit Beobachterstatus) aus 18 Ländern,
darunter auch Nicht-Mitgliedsstaaten der EU. Zu den Vollmitgliedern gehören die
PDS (BRD), Rifondazione Comunista (Italien), PCF (Frankreich), PCE (Spanien),
Izquierda Unida (Vereinigte Linke – Spanien), Partei der Arbeit (Schweiz), KPÖ,
ESDTP (Estland), Partei des Demokratischen Sozialismus (SDS – Tschechien), Kommunistische
Partei der Slowakei, Synaspismos (Griechenland), Arbeiterpartei (Munkaspart –
Ungarn), Sozialistische Allianzpartei (PAS – Rumänien) und – ganz neu – der Linksblock
(Bloco d’Esquerda) aus Portugal. Zu den Beobachtern zählt seit kurzem auch die
bundesdeutsche DKP. EL-Parteichef ist Rifondazione-Generalsekretär Fausto
Bertinotti. Am 5. und 6.Juni 2005 versammelte sich die Führung der Partei der
Europäischen Linken in Rom, um über die Situation nach den NEIN-Voten in
Frankreich und den Niederlanden zu beraten. Die unabhängige linke italienische
Tageszeitung „il manifesto“ berichtete darüber am 7.6.2005
folgendes:
Europäische Linke:
Die demokratische
Herausforderung
Bertinotti: „Der europäische
Vertrag ist tot. Jetzt muss man neu beginnen und dabei die Einbeziehung der
Völker anstreben.“
ANDREA COLOMBO
„Mit den
Angriffen auf den Euro und auf den <italienischen> Staatschef <den Christdemokraten
und ehemaligen Zentralbankgouverneur Carlo Azeglio Ciampi> zeigt die <rechtspopulistische> Lega voll und ganz ihren regressiven
Charakter.“ Das sagt keiner der vielen Parteiführer (leader), die die
Daumen für einen Sieg des Ja in Frankreich und in Holland gedrückt hatten,
sondern der Parteiführer, der gegen den europäischen Vertrag gekämpft hat.
Fausto Bertinotti spricht nach der zweitägigen Versammlung der Exekutive der
Partei der Europäischen Linken also mehr als Präsident dieser Letzteren denn
als Sekretär des PRC <Partei der Kommunistischen Neu/be/gründung>. Und es ist ihm daran gelegen, eine so
tiefe Demarkationslinie wie möglich zwischen der von links kommenden Kritik an
diesem Europa und der eine entgegengesetzte Prägung aufweisenden der <rechtspopulistischen> Lega Nord zu ziehen. „In Frankreich“ –
erläutert er – „gab es ein Votum, das fordert, die neoliberale Politik Europas
zur Diskussion zu stellen. Und was tut die Lega ? Sie sagt, dass in Italien
eine noch neoliberalere Politik nötig sei.“ Die Partei der Europäischen Linken
betont daher, dass ihr Kampf gegen dieses Europamodell gerichtet ist und nicht
gegen die Europaidee und ebenso wenig gegen die Einheitswährung an sich. In den
beiden Tagen der Versammlung wurde die Kritik der Exekutive auf die fehlende
irgendwie geartete Ablehnung des Krieges und der neoliberalen Inspiration (insbesondere
in der Bolkestein-Richtlinie über die Legalisierung der Dienstleistungen)
zugespitzt. Ohne den Euro jemals in Frage zu stellen.
Die
Intervention, die Bertinotti und die europäische Partei versuchen, ist eine
ganz andere. Sie zielt darauf ab, ein von oben (ohne Demokratie und ohne
Beteiligung) errichtetes Europa wieder zur Diskussion zu stellen und in diesem
Sinne wird die französische Entwicklung als ein Kurswechsel interpretiert, der
die Möglichkeit eines anderen Europas erkennen lässt. Nach dem französischen
Votum – erklärt Bertinotti – „ist der EU-Vertrag tot“. Die Herausforderung
bestehe nun in der Schaffung eines Europas, das die „Einbeziehung der
europäischen Völker und Bewegungen“ zum Dreh- und Angelpunkt macht.
Aber auch wenn
er die Distanz hervorhebt, die es zwischen der Kritik von links an Europa und
dem hyperliberalen Antieuropäismus der Lega gibt, weiß Fausto Bertinotti sehr
gut, dass die wichtigste Bedrohung heute nicht von der Lega Nord kommt. Es ist
nicht die Infragestellung des Euro, sondern der sehr starke und in keiner Weise
verschleierte Versuch so zu tun als wäre nichts geschehen, d.h. das Votum
Frankreichs und Hollands ganz einfach zu ignorieren.
„Heute“ –
erklärt er deshalb – „existiert ein grundlegender Gegensatz zwischen
denjenigen, die sich weigern, aus dem französischen Votum eine Lehre zu ziehen
und versuchen, weiterzumachen als ob nichts wäre, und denjenigen, die dagegen
der Ansicht sind, dass der Vertrag tot ist und dass der Weg <zu einer
Verfassung> neu
beschritten werden muss, sich dabei allerdings auch fragen, unter welchen
Bedingungen. Was absolut zurückgewiesen werden muss ist, dass die
Ratifizierungen in der Überzeugung vonstatten gehen müssen, dass die
Widerspenstigen am Ende gezähmt sein werden.“
Das Problem,
führt Bertinotti aus, sei nicht so sehr, ob die Ratifizierungen gestoppt werden
oder nicht, sondern „ob die Meinung der Völker als bindend betrachtet werden
muss oder nicht“. Und daher: „Ob der Vertrag als gescheitert betrachtet werden
muss oder nicht.“ Ohne diese Entscheidung – schließt der Sekretär des PRC –
„wird alles zweideutig“. Das französische Votum bekommt so eine ganz andere
Bedeutung als das von der Lega Nord heraufbeschworene anti-europäische Plebiszit.
Es verkörpert am Ende den, auch symbolischen, Scheideweg zwischen einem Europa,
das in der Lage ist, im Zuge einer selbstkritischen Überprüfung einen
demokratischen Wert zu bekommen und dem überheblichen Insistieren auf einem
bereits gescheiterten Modell. Und es geht darum zu signalisieren, dass die
Positionierung <wörtlich: „die Wette“> der Partei der Europäischen Linken, trotz der offiziellen
Behauptung, in direkter Weise das Verhältnis zu den übrigen Parteien der <italienischen
Mitte-Links-> Union
betrifft, insbesondere zu den Linksdemokraten (DS), die sehr stark versucht
sind, „so zu tun als ob nichts wäre“.
Mit Sicherheit
bietet der Sturm, der Europa erschütterte, für die noch sehr junge europäische
Partei, die beschlossen hat, ihren ersten Parteitag im kommenden Oktober in
Athen abzuhalten, eine bedeutende Chance. Es wird ein wichtiger Termin, um zu
sehen, welche Möglichkeiten der demokratische Europäismus besitzt, seiner
Position Gewicht zu verleihen. Ebenso entscheidend ist die Fähigkeit eine Front
aufzubauen, die sich auf der Grundlage dieser Linie zu bewegen versteht. Der
heute in der Ripetta-Residenz in Rom von der Konsultationskammer der <italienischen> Linken <einer Ende letzten Jahres von „il
manifesto“ zusammen mit dem Professor und ex-DS-Mitglied Asor Rosa
gestarteten Initiative>
organisierte Konvent zum <Europäischen Verfassungs-> Vertrag könnte eine Gelegenheit sein, um zumindest
anzufangen, die internen Spaltungen in der italienischen Linken zu überwinden.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in
eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover