Antifa-AG der Uni Hannover:
Im Rahmen der Berichterstattung über den zweiten Teil der Herbsttagung
des Nationalen Politischen Komitees von Rifondazione Comunista vertiefte
die unabhängige linke italienische Tageszeitung “il manifesto”
am 18.12.2001 die Darstellung der drei unterschiedlichen Hauptströmungen,
die innerhalb der Partei existieren und sich im Vorfeld des Anfang April
2002 stattfindenden Parteitages in zugespitzterer Form auseinandersetzen.
Die drei Seelen des PRC stehen
sich gegenüber
Zwei alternative Dokumente und viele Änderungsanträge
für den Parteikongreß von Rifondazione Comunista.
Andrea Colombo
Es sind 7 Thesen, die in Alternative zu denen von <Parteichef> Bertinotti
stehen und dem Votum des PRC-Kongresses bzw. zuvor noch den Voten der Zirkel
von Rifondazione unterbreitet werden. Die 7 Änderungen oder Ersatzthesen
kommen von zwei Bereichen innerhalb der Mehrheit der Partei. Von demjenigen,
der von Grassi und Pegolo geführt wird und von dem Mailänder
Bereich dessen Hauptexponent Saverio Ferrari ist. Die linke Opposition
ist der einzige Bereich des PRC, der hingegen ein vollständig alternatives
Dokument zu dem des Sekretärs <Fausto Bertinotti> vorlegen wird
- faktisch ein anderer Leitantrag.
Das ist das Ergebnis der ersten Phase der Kongreßdebatte, die vergangenen
Sonntag mit der Versammlung des Nationalen Politischen Komitees zuende gegangen
ist. Bevor sie die echten Thesen in Angriff nahm, mußte die Versammlung
jedoch die Vorschläge zur Änderung des Statutes und insbesondere
seiner politischen “Präambel” eingehend prüfen. Es gab den Vorschlag,
in den Text einen Bezug auf zahlreiche “Gründungsväter” aufzunehmen
- darunter Lenin und Gramsci. Bertinotti forderte und erreichte dagegen,
die Nennungen allein auf Marx zu beschränken. So stehengelassen würde
die Angelegenheit so erscheinen als wäre sie im wesentlichen von folkloristischem
Charakter. Dies um so mehr als in den Thesen des Sekretärs die - auch
breiten - Bezüge auf Gramsci nicht fehlen und Bertinotti öffentlich
wie privat eine mögliche Namensänderung der Partei radikal ausgeschlossen
hat. In Wirklichkeit spiegelt die Kraftprobe in Sachen Statut die Hauptauseinandersetzung
innerhalb der Mehrheit wider - diejenige mit dem Bereich des Schatzmeisters
Grassi. In seinen 4 Änderungsanträgen verteidigt dieser
Letztere die Gültigkeit des klassischen Begriffes Imperialismus, der
laut Bertinotti dagegen aus der Globalisierung grundlegend verändert
hervorgehen würde. Er bekräftigt die zentrale Rolle der Arbeiterklasse,
während die Thesen von der “zentralen Rolle des Widerspruches zwischen
Kapital und Arbeit” sprechen, aber nicht nur in den Arbeitern das tragende
Subjekt des Konfliktes ausmachen. Er appelliert (in der These, die den “Kommunisten
und ihrer Geschichte” gewidmet ist) an die Identität der Partei und
reklamiert die Tradition der letzten 150 Jahre, ohne sich - wie es dagegen
der Sekretär tut - bei den Fehlern jener Geschichte und bei der Notwendigkeit,
sie zu begreifen, aufzuhalten.
Konkret sind die Hypothesen, die sich gegenüberstehen einerseits die
“bewegungs-orientierte” Wende von Bertinotti, die es mit sich bringt, die
Partei sowohl vom theoretischen wie vom organisatorischen Gesichtspunkt aus
neu zur Duskussion zu stellen, und andererseits eine Verteidigung der Tradition,
die eine sehr große Vorsicht, um nicht zu sagen eine echte Abschottung
gegenüber der Bewegung verbirgt. Die Spaltung betrifft auch die politisch-parlamentarischen
Perspektiven, vor allem das Verhältnis zu den Linksdemokraten (DS).
Hier ist es jedoch die Mailänder Komponente gewesen, die 3 Änderungsanträge
vorlegte. Der erste spricht von der Notwendigkeit einer Beziehung zur DS-Linken
und erhielt auch die Zustimmung des Bereiches von Grassi. Die anderen beiden
spielen auf die Notwendigkeit eines (auch Regierungs-) Bündnisses der
linken Kräfte an und schlagen erneut eine klassische Konzeption des
sozialen Blockes, verstanden als Bündnis der Arbeiterklasse und der
Mittelschicht, vor.
So sehr Thesen und Änderungsanträge formell aus derselben Mehrheit
kommen, sind diejenigen, die sich da auseinandersetzen, <doch> ganz
eindeutig zwei spürbar unterschiedliche Auffassungen von der Partei
und zwei konflikt-orientierte Analysen der Globalisierung und der Bewegungen,
die sich entgegenstehen. Das Dokument der Linken, die doch formell in der
Opposition ist, scheint in Wirklichkeit weniger weit von dem des Sekretärs
entfernt als die Änderungsanträge innerhalb der Mehrheit. Auch
die Linke von Marco Ferrando ist in der Tat für eine enge Beziehung
zur Bewegung. Sie ist jedoch der Ansicht, daß in ihrem Innern die Partei
eine Art von - nicht organisatorischer, sondern politisch-theoretischer -
Hegemonie ausüben muß. Sie beschuldigt das Dokument Bertinottis
faktisch nicht zur Führungsrolle der Partei gegenüber der Bewegung
zu gelangen.
Beim letzten Kongreß hatte die linke Minderheit 16% erreicht
und rechnet damit, dieses Ergebnis in den kommenden Delegiertenversammlungen
zu halten oder zu verbessern. Die Änderungsanträge des Bereiches
Grassi sind mit 35 Unterschriften versehen, darunter die besonders
“schwerwiegende” von Sandro Curzi, dem Direktor <= Chefredakteur
der kleinen parteieigenen Tageszeitung> “Liberazione”. Rund 10 Unterzeichner
weisen die Änderungsanträge der “Mailänder” auf.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover