Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover:

Im Vorfeld der bisher letzten nationalen Konferenz der Sozialforen, d.h. der italienischen Antiglobalisierungsbewegung traf sich der im Oktober 2001 entstandene Bereich der “Disobbedienti” (Ungehorsamen), der innerhalb dieser - was die Aktionsformen anbelangt - den radikalsten Teil stellt, um eine erste Bilanz ihres “Sozialen Ungehorsams” zu ziehen und das weitere Vorgehen zu beraten. Dazu hier der entsprechende Artikel aus der linkssozialistischen italienischen Tageszeitung “il manifesto” vom 13.1.2002:


Die Plattform der Ungehorsamen

Centri sociali in Bologna, um über Porto Alegre und die zukünftigen Mobilisierungen zu diskutieren.

Angelo Mastrandrea - Berichterstatter in Bologna

Es war der 20.Oktober 2001 und in Florenz war die erste nationale Versammlung der Sozialforen im Gange als sich das Laboratorio dei Disobbedienti (Laboratorium der Ungehorsamen), das die Absicht hatte als politischer Bereich innerhalb der “Bewegung der Bewegungen” zu fungieren, offiziell konstituierte. Es beteiligten sich alle die Subjekte daran, die während der Anti-G8-Aktionstage von Genua die Erfahrung des sog. “Laboratorio Carlini” geteilt hatten: centri sociali, die ehemals die Tute Bianche gestellt hatten, aber nicht nur und desweiteren die <Jugendorganisation von Rifondazione Comunista /d.Ü.> Giovani Comunisti (GC). Drei Monate später hat sich der Bereich des Ungehorsams erneut versammelt, dieses Mal im besetzten Mehrzweck-Theater von Bologna, um eine Bilanz der Erfahrung zu ziehen, vor allem aber um die zukünftigen Szenarien zu umreißen - von den nächsten Initiativen und Demonstrationen bis zur Beteiligung am Weltsozialforum in Porto Alegre vom 31. Januar bis zum 5. Februar. Viele Fragen stehen auf dem Tapet dessen, was <der ehemals bekannteste Sprecher der Tute Bianche /d.Ü.> Luca Casarini in der Einführung als eine “offene Versammlung” bezeichnet und nicht als einen Kongreß oder eine Generalversammlung, die die “Absicht hat eine politische Linie vorzuschlagen”. Man arbeitet sich von den Beziehungen zum Rest der Bewegung bis zu den Kampagnen vor, die zu initiieren sind.

Wohlwissend, daß das “Logo” der Disobbedienti (Ungehorsamen) ”oft von Anderen benutzt worden ist”. Vor allem nach dem Aktionstag des sozialen Ungehorsams am 17.November 2001. An jenem Tag wurden in Dutzenden von italienischen Städten die verschiedensten Initiativen durchgeführt: Besetzungen von Häusern wie von centri sociali <in der Regel symbolisch und nur kurzfristig als Antwort auf vorherige Räumungen oder schon länger bestehende Forderungen /d.Ü.>, Aktionen gegen einige “bewaffnete Banken” und Blitzaktionen an öffentlichen Orten. Seit damals ist es passiert, daß Schüler und Lehrer einige Aktionen als ungehorsame Aktionen qualifiziert haben. Ebenso wie es passiert ist, daß bei FIAT <im süditalienischen Werk /d.Ü.> Melfi ein Streik “ungehorsam” geworden ist. Für Casarini nicht schlecht, unter der Bedingung, daß zu dieser “offenen Kommunikation” eine “starke Identität” dieses Teils der Bewegung hinzukommt, der jedoch “nicht als eine Fraktion der Sozialforen wahrgenommen werden soll”. Aber es ist gerade die Frage der Identität, bei der man einige Differenzen registriert, da es diejenigen - wie die Giovani Comunisti (GC) - gibt, die auf die eigene Matrix nicht verzichten wollen oder können. Das was wichtiger ist, ist eine “Auseinandersetzung mit der FIOM” <der zum Gewerkschaftsbund CGIL gehörenden größten italienischen Metallergewerkschaft /d.Ü.> aufrecht zu erhalten. Außerdem wäre es “ein schwerwiegender politischer Fehler zu meinen, daß das Forum von Porto Alegre nur ein Laufsteg sei und die Erfahrung als abgeschlossen zu betrachten”. Während wahr ist, daß in der brasilianischen Stadt die Kräfte der Sozialistischen Internationale anwesend sein werden, die für den Krieg gestimmt haben, so ist ebenfalls wahr, daß “Tausende von Leuten an dem nach Carlo Giuliani benannten Zeltlager teilnehmen werden”. Aber es stimmt, daß das brasilianische Treffen von den Meisten als ein riesiges Mischmasch angesehen wird, in dem “man über die größten Systeme spricht” und das mit den spärlichsten praktischen Effekten.

Schließlich geht es um die Kampagnen, für die sich die “Ungehorsamen” in den kommenden Monaten engagieren werden. Vor allem die massenhafte Beteiligung an den Demonstrationen gegen das Einwanderungsgesetz am Samstag in Rom und dann am Tag danach in Genua an der Demonstration wegen der 6 Monate zurückliegenden Tötung von Carlo Giuliani. Dann der Kampf für das Bürgereinkommen <d.h. die Einführung einer staatlichen finanziellen Unterstützung für Langzeitarbeitslose und alte Menschen ohne “ausreichendes” Einkommen ! / d.Ü.> mit Initiativen, die anläßlich des <wegen Tarifeinigung später abgesagten General- /d.Ü.> Streiks <im öffentlichen Dienst /d.Ü.> am 15.Februar vorzubereiten sind. Und weiterhin die Organisierung einer für April vorgesehenen “zapatistischen Karawane” von mindestens 500 Personen in Palästina; die Unterstützung bei der Unterschriftensammlung von Attac für die Tobin Tax. Und - als Neuheit - die Unterstützung der Kampagne für die Legalisierung von Haschisch etc. - gegen die Anti-Drogen-Kampagne der Regierung.


Vorspann, Übersetzung und Anmerkungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover