Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:

Den Teil der Gewerkschaftslinken innerhalb des größten italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL, der über die stärkste Basisanbindung und die am wenigsten taktiererische Praxis verfügt, stellt der Coordinamento Nazionale RSU, d.h. die selbstorganisierte Nationale Koordination der RSU-Delegierten dar.

Die Rappresentanze Sindacali Unitarie (Vereinigte Gewerkschaftliche Vertretungen) in den italienischen Betrieben und Behörden sind eine Mischung aus Betriebsrat und organisationsübergreifendem Vertrauensleutekörper, der über relativ wenig Einfluß in den Betrieben und den Gewerkschaften verfügt, denn anders als beispielsweise in Deutschland sind die italienischen Gewerkschaftsbünde sehr zentralistisch orientiert und alles andere als “Betriebsrätegewerkschaften”. Daher sind die Einschätzungen und die Orientierung, die der Coordinamento Nazionale RSU für das weitere Vorgehen im Kampf um den Artikel 18 und anderes gibt unseres Erachtens von besonderem Interesse, auch wenn wir ihre Ansicht, die Sozialpartnerschaft sei beendet nicht teilen. Wir entnahmen das entsprechende Positionspapier der Webseite des Coordinamento: www.ecn.org/coord.rsu.



Es bedarf einer Mobilisierung nicht nur um die Weigerung zu demonstrieren, beim Artikel 18 und beim Schiedsgerichtsverfahren nachzugeben, sondern um die Ausweitung der Rechte und eine neue Lohn- und Beschäftigungspolitik zu fordern und geltend zu machen !


Stellen wir der Forderungsplattform der padroni eine allgemeine Forderungsplattform der Welt der Arbeit entgegen !

Wenn CISL und UIL es (unter diesen Bedingungen) akzeptiert haben, mit der Regierung <wieder> Gespräche zu führen, so deshalb, weil sie beschlossen haben, ein Abkommen zu akzeptieren. Es bleibt ihnen nur das formale Problem eines Abkommens, das sie nicht dahin führt, in bezug auf den Artikel 18 irgendetwas zu unterschreiben (d.h. sie werden versuchen, das Gesicht zu wahren... und dafür sogar traurig akzeptieren, eine weitere parlamentarische Initiative zu erleiden, die das Arbeiterstatut dank einer Parlamentsmehrheit demontiert, die bereits genügt, um die Confindustria abzusichern und bei Laune zu halten), was die Arbeiter aber in ein verheerendes Nachgeben an der ganzen Front der Rechte, der Leistung, der Flexibilität und des Lohnes führt.

<Dies ist> Eine “Kapitulation”, die sich nur durch eine Führungsgruppe erklärt, die schließlich das Ende der Konzertierten Aktion / der Sozialpartnerschaft akzeptiert hat und die nunmehr mit extremer Deutlichkeit ihre ganze neokorporative Neigung und Bereitschaft manifestiert.

Bleibt nur die CGIL, die an diesem Punkt eine große Verantwortung hat. Das heißt diejenige, nicht nur die <eigenen> Mitglieder, sondern alle Arbeiter zu vertreten. Eine
CGIL, die (und das wird die Sache sein, bei der die Diskussion beginnen muß) sich öffnen und Übereinstimmungen - auch in der Initiative - mit jenem Teil der nicht-sektiererischen Basisgewerkschaftsbewegung suchen muß, die eine andere vorhandene Antwort auf die wirtschaftsliberale Offensive von Regierung und Confindustria darstellen.

Die CGIL muß es verstehen, die Notwendigkeit zu repräsentieren, der Offensive von Regierung und Unternehmerschaft gegen die Arbeit und den Lohn insgesamt entgegenzutreten. Deshalb muß die CGIL über die positive Kohärenz, die die CGIL in Sachen Artikel 18 und Schiedsgerichtsverfahren zeigt, hinaus Glaubwürdigkeit bezüglich des Gesamtcharakters der darauf fälligen Antwort demonstrieren.

Es beunruhigt, daß die CGIL sich unterdessen bereit erklärt, sich, ohne irgendein Mandat und ohne eine Plattform und von den Arbeitern diskutierte und geteilte Ziele, an Verhandlungstische zu setzen, die nicht den Arbeitsmarkt betreffen (<sondern> Steuern und Alters- bzw. Krankheitsvorsorge). Außerdem beunruhigt das Fehlen von Antworten und ausgearbeiteten Plänen was die Politik der Verteidigung des Lohnes und der Tarifverträge anbelangt - vor allem weil die CGIL und ihre Branchengewerkschaften (im Widerspruch zum Beschluß des Gewerkschaftskongress <Anfang Februar 2002>) noch immer an einer ermüdenden und deshalb zur Niederlage verurteilten Treue zu den Prinzipien des Konzertierte Aktions-Abkommens vom 23.Juli <1992 = Abschaffung der scala mobile> festhalten, die Tarifabkommen mit Verlusten produzieren.

Das alles beunruhigt, weil es die Begrenzungen in der der Antwort der CGIL demaskiert, die - auch wenn sie an der Verteidigung grundlegender Rechte festhält, ihre Forderungspolitik und -praxis innerhalb einer “sozialpartnerschaftlichen” Illusion hält, die einen Großteil der notwendigen Fähigkeit demobilisiert, Antworten auf den Gesamtcharakter der Unternehmeroffensive zu geben.

Die für den 11.Juni 2002 anberaumte Sitzung des Vorstandes der CGIL ist somit ein Termin, dem eine besondere Bedeutung zukommt.

Für die CGIL, die sich fähig zeigen muß, sich an diesem Punkt an die gesamte Welt der Arbeit zu wenden (also nicht nur an sich selbst und an ihre Mitglieder) und
Für die Gewerkschaftslinke der CGIL, die sich nicht mit “Cofferatis Ausdauer” zufrieden geben darf, sondern die Inhalte der eigenen Kongreßplattform neu ins Spiel bringen muß, um den Vorstand der CGIL dazu zu bringen, den “Kurs zu ändern”.

Der Vorschlag der CGIL auch zu einem neuen Generalstreik gegen die Regierung zu kommen, ist in Ordnung. Aber es ist nötig, mit einer allgemeinen Plattform (also nicht nur Artikel 18 und Schiedsgerichtsverfahren) dorthin zu gelangen.

Man muß ab sofort in die Arbeitsstätten gehen, um auch den Arbeitern das Wort und die Möglichkeit zu geben, konkret zur Vorbereitung einer Plattform und einer allgemeinen Auseinandersetzung beizutragen, die auf der Grundlage der kommenden Mobilisierungen erfolgen muß.

Auf die Offensive der padroni kann man nicht nur mit einer demonstrativen Mobilisierung der Weigerung der Arbeiter antworten, auf beträchtliche Teile ihrer Rechte zu verzichten.

Man muß eine Plattform schaffen, eine allgemeine Auseinandersetzung lancieren, lokale und territoriale Mobilisierungen bis hin zum Generalstreik durchführen, um das Erreichen von Zielen zu fordern und geltend zu machen (und es nicht nur <in Worten und Gesten> zu demonstrieren), die in der Lage sind, die Bedürfnisse zu repräsentieren, die die Welt der Arbeit in bezug auf die Bedingungen der Arbeitsleistung, der Rechte und den Lohn zum Ausdruck bringt. Das heißt man muß aus der sozialpartnerschaftlichen Logik herauskommen und wieder die Bedürfnisse der Arbeiter und ihrer Familien in den Mittelpunkt der gewerkschaftlichen Initiative stellen und sie als Instrument nehmen, um ein demokratisches und partizipatives Gewerkschaftsmodell daraus zu machen.

Nur so kann man den ideologischen (und folglich nicht nur den ökonomischen) Charakter der Unternehmeroffensive und die Neigung von CISL und UIL bezwingen, sich an einem Gewerkschaftsprojekt und -modell neokorporativer Art zu beteiligen.

Il coordinamento RSU

(Die Koordination der RSU-Delegierten)


Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover