Antifa-AG der Uni
Hannover:
Mit der
unmittelbar nach George W.Bush’s Wiederwahl eingeleiteten US-Offensive gegen
die irakische Widerstandshochburg Falludscha stellt sich für die Linke in
Europa (und darüber hinaus) erneut die Frage nach ihrem Verhältnis zum – auch
bewaffneten – Widerstand gegen die Besatzungstruppen im Irak. Dass die modische
„Äquidistanz“, gepaart mit scheinheiligem Gutmenschentum, für die Linke darauf
ebensowenig eine adäquate Antwort sein kann wie die offene Unterstützung des
US-Imperialismus durch die sogenannten „Antideutschen“ dürfte immer deutlicher
werden. Die CPGB, die linkere der beiden britischen KP’en, hat zu diesem Thema
einige – wie wir finden – interessante Thesen entwickelt und in ihrer
Wochenzeitung „Weekly Worker“ Nr.539 vom 29.7.2004
veröffentlicht. Hier die Übersetzung:
Partei
verfasst Resolution zur Situation im Irak:
Die Führung des Widerstandes erobern
Diese Resolution wurde
von den Mitgliedern der CPGB zusammen mit einer gekürzten Version der Thesen
des Genossen Mike Macnair (siehe „Weekly Worker“ vom 29.4.2004)
verabschiedet.
- Die Regierungen der USA und Großbritanniens
suchen verzweifelt nach einer Strategie, um den Irak zu verlassen. Die
jüngste Übergabe von ‚Souveränität’ an eine irakische Übergangsregierung
ist eine plumpe Erfindung. Die brutale Wahrheit ist, dass die USA und ihre
britischen Verbündeten den Irak fest unter Kontrolle behalten (soweit das
möglich ist). Das irakische Volk übt keine Souveränität aus.
- Dennoch haben die Regierungen der USA und Großbritanniens
kein Interesse daran, eine dauerhafte umfangreiche Besatzung des Landes zu
etablieren. Sie favorisieren eine willfährige Regierung, d.h. Beherrschung
durch eine indirekte / schwache Kontrolle. Moderne Imperialismen ziehen es
vor, auf ihre wirtschaftliche Macht zu bauen, abgesichert durch die
Drohung mit militärischer Gewalt, um die Welthackordnung zu erhalten.
- Die Imperialisten bestimmen das Tempo des
Rückzuges nicht. Die Besetzung des Irak wird in den imperialistischen
Ländern immer unpopulärer. Regierungen, die sich zuvor an der „Koalition
der Willigen“ beteiligt hatten, lassen die USA und Großbritannien <nun> im Stich.
- Ebenso wie die Opposition innerhalb der
imperialistischen Länder ist es der zivile und militärische Widerstand
gegen die Besatzung innerhalb des Irak, der die dauerhafte Präsenz der
britischen und US-Streitkräfte so schwierig macht. Was den Charakter
dieses Widerstandes anbelangt, hat es eine Verschiebung gegeben. Obwohl er
nicht das Niveau eines umfassenden, landesweiten Aufstandes erreicht hat,
genießt der militärische Widerstand überall im Irak weit verbreitete
Sympathien, wenn nicht sogar aktive Unterstützung.
- Kommunisten setzen sich für die Niederlage des
britischen und US-amerikanischen Imperialismus ein. Imperialismus kann im
Irak trotz allem keine positive Rolle spielen. Imperialismus ist der
Hauptfeind des britischen Arbeiters, des amerikanischen Arbeiters und des
irakischen Volkes. Das imperialistische Weltsystem ist die Hauptursache
der Krise im Irak und überall im Mittleren Osten. Unser Aktionsprogramm
für Arbeiter in Großbritannien und den Vereinigten Staaten ist die
Besatzungstruppen zum Rückzug zu zwingen. Wir begrüßen darüber hinaus die
Probleme, die der Widerstand den britischen und US-Truppen bereitet.
- Dennoch ist der militärische Charakter des
Widerstandes nicht das Hauptproblem. Die Besatzung und die nationale
Selbstbestimmung sind die Hauptprobleme. Sie sind die zentralen
demokratischen Fragen. Kommunisten im Irak müssen daher um die Führung des
politischen Kampfes gegen die Besatzung kämpfen. Egal ob dieser die Form
von zivilem Ungehorsam, Streiks, Massendemonstrationen, Sabotage oder
einem bewaffneten Aufstand annimmt, sind die Taktiken für den
strategischen Kampf für proletarische Kräfte zweitrangig, um die
politische Führung bei der Befreiung des Irak von ausländischer Besatzung
zu übernehmen. Das bedeutet, Organisationen von Arbeitern, Erwerbslosen,
Frauen und – unter den gegenwärtigen Umständen – bewaffnete Milizen
aufzubauen.
- Sich von diesem politischen Kampf gegen die
Besatzer fernzuhalten, um eine irakische Arbeiterbewegung unter dem
übergangsweisen „Schutz“ der USA und Großbritanniens oder der UNO
aufzubauen, wäre Ökonomismus schlimmsten Ausmaßes. Ökonomismus bedeutet in
Großbritannien Lähmung. Im Irak ist es eine vollendete Katastrophe, den
demokratischen Kampf tiefgreifend antidemokratischen Kräften zu
überlassen.
- Die Arbeiterklasse in Großbritannien muss sich
darauf konzentrieren die Niederlage „unserer eigenen Seite“ zu
organisieren. Noch einmal: Der Aufbau einer solchen antiimperialistischen
Bewegung im Herzen des Empire kann und muss viele taktische Formen
annehmen: Massendemonstrationen, betriebliche Aktionen, Wahlen, ziviler
Ungehorsam, Massenpropaganda usw.
- Unser Defätismus ist nicht gleichbedeutend mit
automatischer Solidarität mit der politischen Führung derjenigen, die
gegen die Besatzer Widerstand leisten. Aufgrund der Geschichte des Irak
und des aktuellen Kräfteverhältnisses in dem Land ist sie bisher den
verschiedenen sunnitischen und schiitischen islamistischen politischen
Kräften zugefallen. Im Großen und Ganzen sind dies reaktionäre
kleinbürgerliche Kräfte, die die Arbeiterklasse im Irak strangulieren
werden, sobald diese auf die Beine kommt.
- Jedes „Bündnis“ mit Moqtada al-Sadr und
seiner Miliz und Ihresgleichen muss episodisch bleiben. Ja, seine Schläge
gegen die Besatzer schwächen unseren gemeinsamen Feind. Sie bilden
allerdings keine proletarischen, demokratischen und säkularen Kräfte.
- Die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse
im Irak ist in unserem Kampf für die Beendigung der Besatzung von
erstrangiger Bedeutung. Marxisten können nicht hinter den Islamisten
herlaufen, wie sie es in der iranischen Revolution von 1979-81 getan
haben. Wir können jedoch die imperialistische Unterdrückung ebenso wenig
mit den Islamisten gleichsetzen. Sie sind keine gleichen und gegnerischen
Feinde der Arbeiterklasse. In Bezug auf diesen Kampf kann es keine
Unparteilichkeit geben. Wir würden die Niederlage des Imperialismus seinem
Sieg vorziehen, selbst wenn sie in den Händen der al-Sadr-Miliz oder
anderer Islamisten liegt. Wir müssen jedoch alles tun, was wir können, um
sicherzustellen, dass es die Arbeiterklasse, bewaffnet mit einem durchweg
demokratischen und säkularen Programm, ist, die sich zur führenden
politischen Kraft im Irak entwickelt. Der Kampf gegen die Islamisten ist
angesichts unseres gemeinsamen Feindes nicht unterbrochen.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügung in eckigen Klammern:
Antifa-AG
der Uni Hannover