Antifa-AG der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Zwar war der Anlass des folgenden Interviews mit dem Sprecher der linken italienischen Basisgewerkschaft Confederazione Cobas, Piero Bernocchi, die bevorstehende letzte Großdemonstration gegen den Irak-Krieg in Rom, doch äußert Bernocchi sich darin bedingt durch das faktische Ende des offiziellen Krieges gerade auch zur weiteren Perspektive der Anti-Kriegs-Bewegung aus der Sicht der COBAS, die in Italien einen wichtigen Teil der Mobilisierung getragen haben. Obwohl es bereits in (der kleinen kommunistischen Tageszeitung) Liberazione vom 9.4.2003 erschien, ist es daher auch heute noch aktuell.
Die besagte Demonstration wurde trotz des Zeitpunktes nocheinmal ein Erfolg, auch wenn die offiziell genannte Zahl von 50 000 Teilnehmern wie so oft deutlich übertrieben ist.
(Leider haben die kontinuierlichen Attacken des Pro-Israel-Spektrums und teilweise auch des Juso/PDS-AStAs gegen die Antifa-AG an der Uni Hannover eine frühere Veröffentlichung verhindert.)
Interview mit Piero Bernocchi zur Demonstration am Samstag und über die Perspektiven der Mobilisierung:
Permanenter Widerstand gegen den permanenten Krieg
Checchino Antonini
Der Sprecher der Cobas: Wir werden am 25.April und am 1.Mai erneut auf die Straße gehen.
Bernocchi, welchen Sinn hat zu diesem Zeitpunkt eine Demonstration, die die Feuereinstellung fordert ?
Sie hat Sinn, weil wir der Perspektive eines permanenten Krieges gegenüberstehen unabhängig vom Zeitpunkt der Einnahme Bagdads. Das Szenario, das sich abzuzeichnen scheint, ist ein Szenario tschetschenischen Typs. Deshalb ist der Titel Stellt das Feuer ein ! eine Abkürzung von Stellt das Feuer des permanenten Krieges ein !. Wir fordern den Rückzug der Truppen, die Selbstbestimmung der Völker und stellen uns auf die Seite eines Volkes, das wie Pietro Ingrao auf sehr engagierte Weise gesagt hat Widerstand leistet.
Die Euphorie der Börsen und die vereinten Proklamationen von Bush und Blair kratzen die Einschätzungen der Friedensbewegungen über die Natur des Krieges gegen den Irak nicht an. Und sie verändern ihre Agenda nicht. Am kommenden Samstag wird in Rom eine neue beeindruckende nationale Manifestation ins Leben gerufen. Piero Bernocchi ist die historische Stimme der COBAS. Der Unterschied zu anderen Perioden erklärt er Liberazione gegenüber "ist die fortdauernde Zustimmung zur kriegsfeindlichsten Option. Im allgemeinen neigt sie nach Beginn der Kampfhandlungen dazu sich zu verringern. Jetzt ist das nicht so und die Bewegung ist vereint. Die Mißtöne kommen allenfalls von außen."
Worauf beziehst Du Dich da ?
Auf Linksdemokraten (DS) und Margerite <Zusammenschluss christdemokratischer und liberaler Kleinparteien und Einzelpersonen, das den rechten Flügel des mitte-linken Olivenbaum-Bündnisses darstellt>.
Aber sie haben ihre Unterstützung für die Demonstration erklärt !
Ja, und das haben sie auf der Grundlage der Plattform Stoppen wir den Krieg ! getan. Nur, dass dann <der führende Mann der Margerite und Spitzenkandidat des Olivenbaum-Bündnisses> Rutelli im Fernsehen auftritt, um zu sagen, dass er ein Fan der Vereinigten Staaten ist und die DS dasselbe mit der Variante tun, für die Nachkriegszeit den Blair-Vorschlag zu unterstützen: Die Beteiligung der UNO zusammen mit den Siegern und den Großmächten. Das alles beißt sich mit unserer Plattform und ihre Beteiligung an der Demonstration am Samstag scheint ein Versuch zu sein, Vorteile bei den <im Mai stattfindenden Teil-Kommunal- und Regional-> Wahlen zu erlangen.
Wird es möglich sein die Dimension des 15.Februar zu wiederholen ?
Ich mache keine Voraussagen, weil die Bewegung nicht nur aus der Summe ihrer organisierten Netzwerke besteht, sondern vor allem aus denjenigen, die von der Mischung aus Einheit und Radikalität angezogen werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass der 15.Februar drei Monate lang vorbereitet wurde und dass wir jetzt wenige Tage dafür zur Verfügung haben. Wir werden sehr viele sein, aber wir müssen wissen, dass es nicht die letzte Demonstration ist, sondern die Etappe eines Weges, der uns am 25.April <dem Tag der Befreiung Italiens vom Faschismus>, am 1.Mai und bei weiteren Gelegenheiten auf der Straße sehen wird.
Also, wenn der Krieg sehr lang wird, werden das auch die Beine der Bewegung sein müssen ?
Permanenter Widerstand gegen den permanenten Krieg. Die US-Strategie ist ganz klar und sie zielt, dank des militärischen Vorteils, auf die Herrschaft über die Ressourcen und über die strategisch wichtigen Zonen ab. Das ist das Ergebnis einer wirtschaftsliberalen Globalisierung, die nicht in der Lage war ihre Versprechen zu halten, die anstatt die Märkte auszuweiten Rechte, Einkommen und <öffentliche> Dienstleistungen entzieht.
Wir sind bei der Frage bezüglich der Praktiken angelangt. Darüber gibt es allerorten eine intensive Debatte.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass man die Radikalität nicht dadurch misst, dass man die Demonstrationen den Zugblockaden gegenüberstellt. Diese Letztere ist eine Praktik, der es auch wenn sie die Todestransporte nicht gestoppt hat gelungen ist die Rolle der US-Basen in Italien zu enthüllen. Das, was uns am Herzen liegt ist, dass Millionen Menschen auf die Straße gehen können auch diejenigen, die das noch nie gemacht haben und denen es bereits als radikal erscheint das zu tun. Dazu müssen die direkten Aktionen kommen. Das Problem wird nicht die Distanz zu den Mauern der Botschaften sein (auch wenn die Wut über die stattfindenden Massaker verständlich ist), sondern die Zustimmung, die es uns gelingen wird, zu erreichen. Für die kommenden Wochen wird eine Rückgewinnung von Bewusstsein in der richtigen Berufung auf die sozialen Fragen notwendig sein: vom Referendum zur Ausdehnung des <Kündigungsschutz-> Artikels 18 (ein entscheidender Kampf, der die Tendenz zur Prekarisierung der Arbeit stoppen kann) bis zum Kampf gegen die Vermarktung der Schule, die die GATS- und WTO-Abkommen durchführen wollen. Schon morgen (für die Leser: heute; Anm.d.Red.) werden wir zusammen mit den Schülern das Bildungsministerium belagern.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover