Antifa-AG der
Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
herbe Niederlage des regierenden Rechtsbündnisses von Silvio Berlusconi und die
deutlichen Gewinne der Mitte-Linken (+8%) bei den Regionalwahlen Anfang April
in Italien haben bei einem Teil der italienischen Gewerkschaften die Sehnsucht
nach einer Großen Koalition der politischen Parteien und einer Neuauflage der
Konzertierten Aktion von Gewerkschaften, Kapitalistenverbänden und der
Berlusconi-Regierung geweckt. Propagiert wird die Renaissance des nationalen
„Verantwortungsbewusstseins“ im Augenblick vor allem von der Führung der
zweitgrößten italienischen Gewerkschaftszentrale – der christdemokratischen
CISL. Das Sekretariat der größeren (sozialdemokratisch bis
linkssozialdemokratisch ausgerichteten) CGIL ist einer Sozialpartnerschaft mit
den Kapitalverbänden Confindustria, Confcommercio etc. gegenüber zwar nicht
abgeneigt, setzt auf der Regierungsebene allerdings nun voll auf einen Wechsel
von Berlusconi zu Prodi spätestens bei den regulären Parlamentswahlen im
nächsten Frühjahr. Die unterschiedlichen politischen Strategien der
Gewerkschaftsbünde stellt die linke Tageszeitung „il manifesto“ vom 20.4.2005
dar:
CISL-Appell an die Confindustria
Pezzotta: „Ein neuer Sozialpakt.“
Aber die CGIL ist nicht begeistert.
„Gewerkschaften und
Confindustria müssen den Mut haben, eine große Aufgabe zu übernehmen: ein
großes soziales Bündnis ins Leben zu rufen, um im Land eine grundlegende
wirtschaftliche und politische Wende herbeizuführen. Egal ob diese Regierung
fortgesetzt wird oder ob es vorgezogene Neuwahlen gibt.“ Hochtrabende Worte,
die gestern vom CISL-Führer Savino Pezzotta gebraucht wurden. Durch Italien
geistert bereits ein neues Gespenst der Konzertierten Aktion.
„Es bedarf eines Aktes starker
Verantwortungsbereitschaft“ – erklärt Pezzotta – „weil die Gefahr besteht, dass
angesichts des Notstandes nicht regiert wird.“ Pezzotta sagt in einer Rede auf
der Gedenkfeier für den Wirtschaftswissenschaftler Ezio Tarantelli, der am
27.März 1985 von den Roten Brigaden (BR) getötet wurde, im Nationalen Rat für
Wirtschaft und Arbeit (CNEL), dass „man 5-6 Dinge bestimmen muss, die von heute
bis zum Ende der Legislatur erledigt werden müssen. Die mit uns zusammen
konzertiert und in einem anderen Verhältnis gemeinsam mit der Opposition
anzugehen sind. In Angriff zu nehmen sind die Kapitel Mezzogiorno <d.h. Süditalien>, Einkommenspolitik und industrielle Krise.“
Die Konzertierte Aktion kann vor allem bei der Frage der Arbeitskosten
beginnen: „Der von der Regierung (wenn auch vorsichtig) gemachte Vorschlag“ –
behauptet Pezzotta – „darf nicht verworfen werden.“ Die Notwendigkeit einer starken
Übereinkunft zwischen den sozialen Kräften – fügt der CISL-Sekretär hinzu –
stelle sich auch, wenn es zu vorgezogenen Neuwahlen käme, weil die „5-6 Dinge,
die zu tun sind“, in den Wahlprogrammen enthalten seien.
Der ebenfalls auf
der Veranstaltung anwesende CGIL-Sekretär Guglielmo Epifani übernimmt sich bei
diesem Thema nicht, gibt aber zu verstehen, dass er von der Idee eines neuen
„sozialen Paktes“ nicht allzu begeistert ist. Epifani insistiert auf der Idee
der „Verantwortungsbereitschaft“. „Was auffällt, ist die Distanz zwischen
diesen Riten und der ganz gravierenden Situation des Landes. Deshalb müssten
diejenigen, die die Verantwortung tragen, sie auch übernehmen. Die Industrie
verliert den Anschluss, die Prekarität greift um sich, die Tarifverhandlungen
im Öffentlichen Dienst stehen still und die öffentlichen Haushalte stehen
unter europäischer Aufsicht.“
Bezüglich der
Staatsbeschäftigten schreibt <Berlusconis Kabinettschef> Letta an die Sekretäre von CGIL, CISL und UIL: „Es
stimmt“ – heißt es in dem Brief – „die Regierung hatte sich verpflichtet, die
Tarifparteien nach dem Wahltermin erneut einzuladen. Sie haben jedoch gesehen,
was nach den Wahlen geschehen ist. Und offen gestanden war es schwer, sich
gewerkschaftliche Verhandlungen über den Öffentlichen Dienst mit einer
Regierung vorzustellen, die am Rande der Krise steht oder am Vorabend einer
Krise. Es versteht sich von selbst, dass sobald die Dinge zur Normalität
zurückkehren, ich es übernehmen werde, die Initiative zu dem Treffen zu ergreifen,
dass notwendig ist, um die Bedingungen für eine mögliche Wiederaufnahme der
Verhandlungen zu prüfen.“
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen
Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover