Antifa-AG
der Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Die
Confédération Générale de Travail (CGT) ist – laut Frankreich-Information des
Auswärtigen Amtes vom Juni 2005 – mit ihren rund 600.000 Mitgliedern knapp
hinter der rechtssozialdemokratischen CFDT (ca. 650.000) der zweitstärkste
Gewerkschaftsbund Frankreichs. Politisch tendenziell (wenn auch in lockerer Form)
der KP verbunden, bildet die CGT den linken Flügel des etablierten
Gewerkschaftsspektrums. Auch deshalb besitzt ihre Verurteilung des von der
rechten UMP-Regierung unter Chirac, Villepin & Sarkozy verhängten
Ausnahmezustands einige Bedeutung – vorausgesetzt, es bleibt nicht bei
Worten...
Nachfolgend
die CGT-Stellungnahme vom 15.11.2005, die u.a. auf ihrer Homepage
(www.cgt.fr) zu finden ist.
Die CGT verurteilt den
Ausnahmezustand
In seiner
Fernsehansprache vom 14.November hat der Präsident der Republik <Jacques Chirac> angekündigt, dass er dem Parlament die Verlängerung
des Ausnahmezustandes um drei Monate vorschlagen wird. Die CGT betrachtet diese
Entscheidung als nutzlos für die öffentliche Sicherheit und als gefährlich für
die Demokratie.
Auf diese Weise wird ein
Ausnahmegesetz reaktiviert und verlängert, das in der kolonialen Stimmungslage
erlassen wurde, die während des Algerien-Krieges vorherrschte.
Dies ist sicherlich nicht
die Art, wie die öffentlichen Gewalten die grundlegendsten sozialen Fragen
beantworten sollten, die den Gewaltausbrüchen in den Städten zugrunde liegen.
Die CGT bekräftigt erneut,
dass sich die gravierenden Ereignisse, die unser Land gegenwärtig erlebt, weder
auf eine Krise der Banlieues (Vorstädte) noch auf eine Krise der Jugend
noch auf eine Krise der Immigration reduzieren, sondern dass es sich um eine
tiefe soziale Krise handelt, die sehr große Teile der Bevölkerung berührt und
unzufrieden macht. Die richtigen und echten Antworten liegen in der Schaffung
dauerhafter, korrekt entlohnter Arbeitsplätze und in einem schonungslosen Kampf
gegen die Diskriminierungen aller Art. Jeder kann selbst feststellen, dass seit
dem 9.November die von der Regierung eingeleitete Verhängung des
Ausnahmezustands, von ganz seltenen Fällen abgesehen, von den Bürgermeistern
und Präfekten nicht in Kraft gesetzt wurde. Diese Erfahrung bestätigt folglich
seine Nutzlosigkeit in den realen Situationen.
Die CGT hegt starke Befürchtungen,
dass die verlängerte Anwendung dieses Gesetzes andere Intentionen als die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung offenbart. Außer der nächtlichen
Ausgangssperre enthält es im Endeffekt etliche weitere Beschränkungen der
grundlegenden Freiheiten, wie des Demonstrations- und Versammlungsrechts. Diese
Entscheidung zielt also darauf ab, eine bedrückende Atmosphäre zu schaffen, ja
sogar darauf, die Lohnabhängigen, Rentner und Arbeitslosen davon abzuhalten,
für die sozialen Forderungen aktiv zu werden, die sie seit Jahresbeginn
offensiv gestellt haben.
Die CGT verurteilt die
Verhängung des Ausnahmezustandes nachdrücklich und fordert die Lohnabhängigen
auf, sich nicht einschüchtern zu lassen.
Die Demonstration in Paris
und die Aktionen in den Regionen am 19.November zur Verteidigung der
öffentlichen Dienste müssen ein Erfolg werden. Für zahlreiche Berufsgruppen
sind Kampfmassnahmen von heute an bis in die zweite November-Hälfte hinein
beschlossen. Es sind dies: Schauspieler, Beschäftigte in sozialen Einrichtungen,
Eisenbahner, Beschäftigte im Forschungs- & Entwicklungsbereich, im
nationalen Bildungswesen, im Finanzwesen… Darüber hinaus gibt es Kontakte mit
anderen Gewerkschaften und Verbänden, um Aktionen zur Unterstützung von
Vorschlägen für konkrete Antworten auf die in den Städten wie in den Betrieben
empfundenen Nöte vorzuschlagen.
Der Notstand ist vor allem
ein sozialer. Die CGT hat die Absicht, alle Bedingungen dafür zu schaffen, um
von der Regierung und den Unternehmern Antworten zu erhalten.
Montreuil, 15.November 2005
Vorbemerkung,
Übersetzung aus dem Französischen und Einfügung in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover