Antifa-AG der Uni
Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Vor
kurzem gaben der größte und der zweitgrößte italienische Gewerkschaftsbund, die
sozialdemokratische bis linkssozialdemokratische CGIL und die
christdemokratische CISL ihre Mitgliederzahlen für das Jahr 2004 bekannt und
erläuterten die Trends der Mitgliederentwicklung. Da dies in der BRD ein hoch aktuelles
und recht brisantes Thema ist, dürfte es von Interesse sein, wie sich die Dinge
in einem anderen zentralen EU- und G8-Staat entwickeln. Dabei soll nicht
verschwiegen werden, dass diese Zahlen immer auch ein wenig geschönt, im
wesentlichen aber aussagekräftig sind. (Ein beliebtes Mittel zu Verbesserung
der Bilanz ist z.B. bereits im Januar verstorbene Mitglieder noch bis Sylvester
weiter als Mitglied zu führen – angesichts der Tatsache, dass die Hälfte der
CGIL- und CISL-Mitglieder Rentner sind, ein nicht unwesentlicher Faktor.) Andererseits
verlängert sich die Mitgliedschaft in den italienischen Gewerkschaften (genau
wie bspw. bei den Parteien) nicht automatisch, sondern muss jedes Jahr
ausdrücklich erneuert werden.
Beide
Berichte stammen aus der unabhängigen linken, aber der CGIL kritisch
verbundenen, italienischen Tageszeitung „il manifesto“. Der erste
datiert vom 10.3.2005.
GEWERKSCHAFTEN:
Die CGIL bei über 5,5 Millionen
Hier die neuen Mitgliederzahlen. Ein
Spiegelbild des Arbeitsmarktes.
PAOLO ANDRUCCIOLI
Die CGIL wächst
weiter und überwindet die Marke von 5,5 Millionen Mitgliedern. Und sie
verändert sich zusammen mit dem Arbeitsmarkt. Es steigt nämlich die Zahl der
Rentner, aber auch die neuen, in der NIDIL organisierten, atypisch
Beschäftigten legen stark zu. Die <CGIL-Metallarbeitergewerkschaft> FIOM nimmt etwas ab (- 1%), weil sich die
Zahl der Metallarbeiter verringert – genauso wie die Entwicklung der
Gewerkschaft der Textilarbeiter rückläufig ist. Die Bauarbeiter der <CGIL-Branchengewerkschaft> FILLEA legen hingegen zu (+ 3,34% verglichen
mit 2003). Und auch die FILCAMS (die Gewerkschaft die die im Handel und
den <privaten> Dienstleistungen Beschäftigten vertritt) wächst
(+4,6% zum Vorjahr). Die Mitgliederzahl der Universitäts- und wissenschaftlichen
Forschungsgewerkschaft <SNUR> wächst ebenfalls (+1,16%) und stark
zulegen kann auch die <der
CGIL angeschlossene> Nationale
Schulgewerkschaft SNS (+ 4,76%) – ein Sektor, in dem die
Konfliktbereitschaft in Kämpfen von großem allgemeinem Wert, wie dem Kampf
gegen die Moratti-Reform, hoch war.
Insgesamt verfügt die CGIL
heute über 5.587.307 Mitglieder. Das sind 71.777 mehr als im vergangenen Jahr <d.h. 2003>. Sie ist die drittstärkste Gewerkschaft in Europa
und wird zur stärksten, wenn man die Mitglieder der <eigenständigen und auch oftmals
eigene Wege gehenden> CISL und der <ehemals PSI-nahen, heutigen
„Bürgergewerkschaft“> UIL hinzunimmt.
Andererseits werden in vielen Ländern die Einzelgewerkschaften summiert, wie es
bei den englischen TUC-Gewerkschaften der Fall ist. CGIL-Generalsekretär
Guglielmo Epifani erklärte gestern während einer Pressekonferenz, dass der
Verlauf der Erneuerung der Mitgliedschaften für den Gewerkschaftsbund (der
mittlerweile seit 7 Jahren wächst) nicht nur eine sehr positive Sache sei,
sondern auch sehr interessant, weil er die stattgefundenen und weiter
stattfindenden Veränderungen des Arbeitsmarktes widerspiegele. Der Eintritt
vieler eingewanderter Arbeitskräfte in Sektoren, wie den Dienstleistungen und
der Bauwirtschaft erkläre z.B. den Aufschwung dieser beiden
Branchengewerkschaften, die in den vergangenen Jahren einen gewissen Rückgang
hinnehmen mussten. Wichtig seien auch die Neuigkeiten, die die Welt der Schule,
der Universität und der wissenschaftlichen Forschung betreffen, während auch
die regionsbezogenen Daten aufschlussreich seien.
Es gibt Zonen, in denen
sogar die Sättigungsgrenze erreicht wurde, d.h. wo auf 4 Einwohner 1
CGIL-Mitglied kommt. Selbstverständlich befinden sich auf den vorderen Plätzen
die <“roten“,
mittelitalienischen Regionen> Emilia
Romagna, Toskana und Umbrien. Aber die CGIL – und das ist eine Neuheit – wächst
auch im Süden. Sie wächst sehr stark auf Sardinien und in Kampanien. Die CGIL
erhöht ihre Mitgliederzahl auch im Latium, während die einzige Region, in der
sie – verglichen mit 2003 – ein Minus verzeichnet <das im Nordosten gelegene> Friaul-Julisch-Venetien ist. Ein, allerdings
verhaltenes Wachstum gibt es im Piemont und in der Lombardei.
Auch wenn die Mitgliederzahlen
unter den Erwerbstätigen zunehmen, ist es in absoluten Zahlen noch immer die
SPI (die Rentnergewerkschaft), die mit ihren 3 Millionen Mitgliedern den
Löwenanteil stellt. Interessant sind auch die von Epifani gestern gelieferten
Stichworte zur gewerkschaftlichen Anomalie Italiens verglichen mit dem
restlichen Europa. Einer Gewerkschaft, die stärker territorial verankert ist
und die von der Entscheidung zugunsten eines allgemeinen Gewerkschaftsbundes
und nicht einer Dachorganisation vieler Branchengewerkschaften profitiert.
Zur
Mitgliederentwicklung der CISL berichtete „il manifesto“ am 18.3.2005
folgendes:
GEWERKSCHAFT:
CISL: Steigende Mitgliederzahlen
Die Zahl der CISL-Mitglieder
steigt. 2004 erreichte sie die Marke von 4.260.937 – ein Zuwachs von 77.178,
was einem Wachstum von 1,84% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Absolut gesehen
stellt diese Mitgliederzahl die höchste jemals erreichte dar. Die besten
Ergebnisse <unter
den Branchengewerkschaften der CISL>
verzeichnete die ALAI (Verband der atypischen und Leiharbeiter) mit +
13,86%, die Gewerkschaft der nicht im Handel Beschäftigten CLACS (Koordination
selbständiger Arbeiten im Handel und im Dienstleistungssektor) mit + 12,2%
sowie die Bauarbeitergewerkschaft FILCA (+6,07%). Die Ausländer
machen mit 150.630 Mitgliedern 7,2% der erwerbstätigen Mitglieder aus.
Insgesamt sind 62% der neuen Mitglieder Erwerbstätige und 38% Rentner.
Vorbemerkungen,
Übersetzung und Einfügungen in eckigen Klammern:
Antifa-AG der Uni
Hannover und Gewerkschaftsforum Hannover
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