Antifa-AG der
Uni Hannover & Gewerkschaftsforum Hannover:
Konfliktbereitschaft
zahlt sich aus. Auch und gerade im Kampf gegen Dumpinglöhne und prekäre
Beschäftigungsverhältnisse. Das belegt ganz aktuell das Beispiel von Adecco
Italien. Bereits das Drohen der Branchengewerkschaften der drei großen
italienischen Gewerkschaftszentralen CGIL, CISL und UIL mit einem Streik
genügte, um das multinationale Leiharbeitsunternehmen zu Verhandlungen zu
bewegen, die es zuvor abgelehnt hatte. Adecco ist auch in Italien ein Riese
unter den Sklavenhändlern: Adecco Italia vermittelte im 3.Quartal 2004 nach
eigenen Angaben 215.000 Arbeitskräfte (+ 8%) und erhielt Anfragen von 15.000
Unternehmen, die Leiharbeiter mieten wollten. Über die Auseinandersetzung bei
Adecco berichtet die unabhängige linke Tageszeitung „il manifesto“ vom 20.4.2005:
Adecco gibt nach und wird den
Beschäftigten die Überstunden bezahlen
Die Gewerkschaften ringen dem multinationalen Leiharbeitskonzern ein „Sicherheitsabkommen“ ab. Streik ausgesetzt.
MANUELA CARTOSIO
Unter der
Streikdrohung hat Adecco nachgegeben. Es wird über die Punkte, die im
Mittelpunkt der betrieblichen Auseinandersetzung stehen, die 2.000 Beschäftigte
betrifft, verhandeln. Die Verhandlungen beginnen am 18.Mai. Wenn die
Tarifparteien bis Ende des Jahres keine Übereinkunft unterzeichnen, tritt das
„Sicherheitsabkommen“ in Kraft, das die Gewerkschaften beim Treffen mit dem
Vorstandsvorsitzenden von Adecco Italia, Carlo Scatturin, am
Montag bereits eingefahren haben. Durch ein Ergebnis gestärkt, das nur <noch> zum Besseren verändert werden kann, haben <die CGIL-, CISL- und
UIL-Branchengewerkschaften> FILCAMS,
FISACAT und UILTUCS den für Freitag ausgerufenen Streik ausgesetzt. Die
wichtigste Neuerung betrifft die Bezahlung der Überstunden. „Wenn man was tut,
wird das bezahlt“, war die von den beim Multi der ehemaligen Leiharbeit direkt
Beschäftigten am häufigsten gehörte Forderung. Ein banales, vom nationalen
Tarifvertrag festgelegtes Prinzip, das bei Adecco allerdings nicht
angewandt wird. Dort gilt die bizarre Regel, dass die außerordentlichen
Arbeitsleistungen in der variablen Produktionsprämie <d.h. der vom Unternehmensergebnis abhängigen
Jahresprämie> enthalten ist,
die noch dazu nicht für den gesamten Konzern, sondern für jede einzelne Filiale
berechnet wird. Wenn die Filiale am Jahresende das festgesetzte Ziel nicht
erreicht, sind die Überstunden auf und davon. Dann war die Arbeit gratis. Ab
jetzt wird das allerdings nicht mehr so sein. Die Überstunden werden von der
Prämie getrennt. „Definitiv“, kommentiert Massimo Nozzi vom nationalen
FILCAMS-CGIL-Vorstand zufrieden.
Auch die
Lohnerhöhung besitzt das Merkmal der Sicherheit: 80 Euro bei 14 Monatslöhnen
für die in der Lohngruppe 3 eingruppierten Beschäftigten, diejenigen mit
zweijähriger Betriebszugehörigkeit. Für die Lohngruppe 2 beträgt die Erhöhung
93 Euro. Das sind Mindestzahlen, denen die Gewerkschaft im Rahmen „echter“
Verhandlungen weitere 40 Euro hinzuzufügen gedenkt. Wie immer das auch läuft,
die vom Sicherheitsabkommen vorgesehenen Erhöhungen sind „fest“ und von
variablen Prämien, die oftmals je nach Person gewährt wurden, abgekoppelt. Die Arbeiter,
so erklärt Nozzi, haben die Adecco-Logik umgekehrt. Sie wollen mehr Lohn
für Alle und weniger individuelle und zufällige Prämien. Fürs Unternehmen war
es „eine große Überraschung“ festzustellen, dass die Beschäftigten die
Solidarität dem Individualismus vorzogen. Als es merkte, dass es eine
geschlossene Streikbeteiligung geben würde und der Versuch, sie davon
abzubringen, ins Leere lief, lenkte es ein. Eine gewisse Wirkung hatte
vielleicht auch der, von den Gewerkschaften an die Informationsorgane
weitergegebene, Brief, in dem ein Arbeiter die Adecco-Methoden von innen
beschreibt.
Wenn auch in
kleinen Schritten sind betriebliche Tarifverhandlungen doch dabei, in den
Agenturen, die Arbeit „vermitteln“, zur gängigen Praxis zu werden. Verglichen
mit anderen Branchen bleibt der gewerkschaftliche Organisationsgrad jedoch
niedrig. Bei Adecco gibt es ca. 200 Gewerkschaftsmitglieder. Die Zahl
der gewählten RSU-Delegierten <=
eine Mischung aus gewerkschaftlichen Vertrauensleuten und Betriebsräten> liegt bei ungefähr 20. Für Nozzi, der bei
Null angefangen hat, sind diese Zahlen „mehr als gut“.
Verhandelt wird
auch beim Obiettivo Lavoro (Ziel Arbeit), der von der Compagnia
delle Opere <einem rechten
berufsständischen Verband> und
der Lega delle Cooperative <ehemals
linker „Bund der Kooperativen“>
geschaffenen Agentur. („Den Ton gibt mehr die Erstere an“, stellt Nozzi klar.)
Die Gewerkschaft ist auch dabei eine Bresche in die Mauer von Manpower
zu schlagen, dem multinationalen US-Konzern, der gegen die kollektiven
Forderungen unempfindlicher ist. Auch dort befindet sich der erste betriebliche
Tarifvertrag auf der Zielgeraden.
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügungen in eckigen
Klammern:
Antifa-AG der Uni Hannover und
Gewerkschaftsforum Hannover