Gewerkschaftsforum Hannover:
Die Fortsetzung
des italienischen Beitrags zum Krieg und zum Besatzungsregime der NATO-Mächte in
Afghanistan durch die mitte-linke Prodi-D’Alema-Regierung
führt in der italienischen Linken zu immer heftigeren
Protesten. Welche durch die vor zwei Wochen verkündete Zustimmung zur
Verdoppelung der US-Militärbasis im norditalienischen Vicenza
weiter angeheizt werden. Die in der Opposition gegen Berlusconi so gern und so zahlreich
geschwenkten „Pace“-Fahnen haben Prodi
& Co. längst in die Besenkammer verbannt. Das bringt die in der Regierung vertretene
sog. „radikale Linke“ in Gestalt von Rifondazione Comunista (PRC),
ihrer (im Oktober 1998 gegründeten) Rechtsabspaltung PdCI
und den Grünen arg in Verlegenheit, denn die Mehrheit nicht nur der
Anhängerschaft der Mitte-Links-Union, sondern aller Italiener und
Italienerinnen ist für den Abzug aus Afghanistan.
Daran knüpft auch die nachfolgende
Presseerklärung der linken Basisgewerkschaft Confederazione COBAS vom 26.1.2007 an. Sie stammt aus der Feder von Piero Bernocchi.
Der 1947 in Foligno / Umbrien geborene Bernocchi lebt in Rom, ist Lehrer und Sprecher der linken
Basisgewerkschaft Confederazione Cobas,
die über die Cobas Scuola
und die Cobas Sanità vor
allem in den Schulen und im Gesundheitswesen stark verankert ist. Piero Bernocchi hat eine lange Vergangenheit in der radikalen
Linken, zu deren prominentesten Vertretern er gehört. Er spielte, zunächst der
4.Internationale nahe stehend, in der 68er Bewegung und dann in der Autonomia-Bewegung von 1977 eine wichtige Rolle. Von 1979 –
85 war er Direktor des linken Radiosenders „Radio Città
Futura“ (Radio Stadt der Zukunft) und ist Autor mehrerer Bücher über
politische und gewerkschaftliche Themen und insbesondere über die Entwicklung
der radikalen Linken. Seit ihren Anfängen 1999 zählt er darüber hinaus zu den
wichtigsten Aktivisten der italienischen Anti-Kriegs- und Antiglobalisierungsbewegung
sowie des Europäischen Sozialforums (ESF).
Das italienische
Original der Erklärung findet sich unter anderem auf der Seite http://www.cobas-scuola.it
Presseerklärung:
Sofort raus aus Afghanistan!
Die heute
veröffentlichte Umfrage von IPR Marketing
beseitigt jeden Zweifel: Die Mehrheit der Italiener(innen) will den Abzug der
Truppen aus Afghanistan – genauso wie gestern den Abzug aus dem Irak. Die
Italiener(innen) wollen sich nicht an den Kriegen beteiligen, die nicht gegen
den so genannten „Terrorismus“
geführt werden, sondern um sich Bodenschätze und Energiequellen unter den Nagel
zu reißen.
Für den
Abzug sind 56%, während 37% bleiben wollen. Eine Kluft, die jede Unsicherheit
beseitigt.
Unter den
Wähler(innen) der Mitte-Links-Union beträgt die Kluft 30 Prozentpunkte (64%
gegen 34%). Warum hat die Regierung – zum Beispiel durch die Erlaubnis zum
Ausbau der US-Basis in Vicenza – also die Absicht
ihre eigene Wählerschaft herauszufordern?
Es handelt
sich hier nicht nur um Untertänigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten. Prodi und <DS-Außenminister> D’Alema
wollen, mit Hilfe des militärischen Instruments, die Rolle Italiens als „kleiner Macht“ vergrößern und damit die
Expansion eines nationalen Kapitalismus erleichtern, der nicht in der Lage ist die
Konkurrenz nur mit wirtschaftlichen Mitteln allein zu schlagen.
Von der
Verherrlichung der italienischen Armee als der „sechstgrößten der Welt, was das Engagement im Ausland anbelangt“ durch
D’Alema bis zur Verteidigung des „vereinigenden“ Wertes der Militärparade vom 2.Juni, von dem mit
den USA vereinbarten Rückzug aus dem Irak im Austausch für ein stärkeres
Engagement in Afghanistan bis hin zur Intervention im Libanon zwecks Stärkung
der italienischen Wirtschaftsinteressen im gesamten Mittleren Osten, von der
Ausdehnung der NATO-Basen bis zur Aufstockung der Militärausgaben im Haushaltsgesetz
hat die Regierung Prodi die Logik des permanenten
Krieges akzeptiert, versucht jedoch dabei die Erträge für das italienische
Kapital zu verhöhen.
Die
Passivität, mit der die parlamentarische „radikale
Linke“ sich darauf vorbereitet sowohl in punkto Kriegsmission in Afghanistan
(im Austausch für eine imaginäre „Diskontinuität“
oder eine „Friedenskonferenz“) als
auch in Bezug auf die Ausdehnung der Basis in Vicenza
nachzugeben, ist daher inakzeptabel.
Wir werden
die Regierung mit der Mobilisierung der gesamten Anti-Kriegs-Bewegung – am 17.Februar
2007 in Vicenza und im März 2007 in Rom während der
Parlamentsdebatte über die Weiterfinanzierung der Missionen – dazu zwingen, auf
den Volkswillen zu hören, die Truppen aus Afghanistan und von den anderen
Kriegsschauplätzen abzuziehen und die Anfrage der USA wegen der Basis in Vicenza abzulehnen.
Piero Bernocchi
(nationaler Sprecher
der COBAS)
Vorbemerkung, Übersetzung und Einfügung in eckigen Klammern:
Gewerkschaftsforum Hannover